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13.01.1999 08:50

Wie verläßlich sind Erinnerungen?

Robert Emmerich Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Julius-Maximilians-Universität Würzburg

    Es gibt Dinge, die behält man besser stillschweigend im Gedächtnis. Doch sobald ein Mensch sich über seine Erinnerungen äußern soll oder muß, tun sich Probleme auf. Gerade bei Zeugenvernehmungen, polizeilichen Ermittlungen oder therapeutischen Situationen kommt es auf die Genauigkeit der eigenen Erinnerungen an. Aber inwiefern ist darauf überhaupt Verlaß?

    Mit dieser Frage befassen sich Prof. Dr. Fritz Strack, Dr. Jens Förster und Dr. Lioba Werth am Institut für Psychologie der Universität Würzburg. Wie die Wissenschaftler erläutern, kann alleine schon die Art, in der eine Frage gestellt wird, den Menschen in seiner Erinnerung beeinflussen: So werde die Frage, ob man das rote Auto gesehen habe, in der Regel eher bejaht als die Frage, ob man ein rotes Auto gesehen habe. Bei der Verwendung des bestimmten Artikels werde dem Fragesteller Wissen darüber unterstellt, daß jenes rote Auto tatsächlich dagewesen sei. Daher lasse sich ein "unsicherer Befragter" von dieser Formulierung eher zu einer Ja-Antwort verleiten als bei Vorgabe des unbestimmten Artikels. Dieser Mechanismus habe vor allem bei der Befragung von Zeugen einen nicht zu unterschätzenden Einfluß.

    Jedoch konnten die Würzburger Psychologen anhand von Untersuchungen zeigen, daß dies nicht generell zutreffen muß: Personen werden nämlich nur dann von solchen Frageformulierungen manipuliert, wenn sie kein eigenes Wissen über ihre Erinnerungsprozesse besitzen. Kann nämlich jemand von sich behaupten: "Nein, wenn so etwas aufgetreten wäre, dann würde ich mich jetzt daran erinnern!", dann spielt es keine Rolle mehr, in welcher Art die Frage formuliert wurde - die Person lasse sich in ihrer Erinnerung nicht beeinflussen, wie die Psychologen herausgefunden haben.

    Wie das Wissen über das eigene Erinnerungsvermögen Beeinflussungen verhindern kann, machen die Wissenschaftler um Prof. Strack noch an einem anderen Beispiel deutlich: "Angenommen, Ihr Ehepartner fragt, ob Sie in den letzten vier Wochen mit einer Kollegin oder einem Kollegen geflirtet hätten. Vermutlich würden Sie antworten: 'Kann sein, kann auch nicht sein. Das kann ich jetzt nicht mehr mit Sicherheit sagen!' Auch wenn Ihnen kein Flirt in Erinnerung ist, würden Sie vermutlich nicht ausschließen, daß es dennoch einen gegeben haben könnte. Wenn Sie aber gefragt würden, ob Sie vor vier Wochen einen Seitensprung begangen hätten, so könnten Sie diese Frage auch heute noch mit großer Sicherheit beantworten, da Sie glauben, sich auf jeden Fall daran zu erinnern, wenn Sie ein Schäferstündchen gehabt hätten. Wenn Sie sich an keines erinnern könnten, würden Sie daraus schließen, daß es auch keines gegeben hat."

    Folglich könne ein Leitsatz zum erfolgreichen Schutz vor Manipulation heißen: "Erkenne Dich selbst, und Dein Wissen wird Dich vor Beeinflussung bewahren!" Es sei also, so die Würzburger Forscher, von einem hohen wissenschaftlichen und auch von öffentlichem Interesse zu untersuchen, auf welche Weise das "Wissen über sich selbst" vor solchen Einflüssen schützen kann und wo seine Grenzen liegen. Bei dieser Aufgabe wird die Arbeitsgruppe am Lehrstuhl für Psychologie II von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.

    Weitere Informationen: Dr. Jens Förster, T (0931) 31-2873, Fax (0931) 31-2812, E-Mail:
    foerster@psychologie.uni-wuerzburg.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Psychologie
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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