Pressemitteilung
S3-Leitlinie zu Gonarthrose
Die neue Überarbeitung der medizinischen Leitlinie „Prävention und Therapie der Gonarthrose“ gibt wissenschaftlich fundierte Empfehlungen für die Behandlung von Kniearthrose. Sie soll Millionen Betroffenen in Deutschland helfen, denn Kniearthrose zählt zu den häufigsten Gründen für Schmerzen und eingeschränkte Beweglichkeit.
„Die neue Leitlinie stellt neben der Diagnostik und speziellen medizinischen Therapie insbesondere die Rolle der Eigenverantwortung der Patientinnen und Patienten in den Mittelpunkt. Bewegung, Gewichtsreduktion und eine dann individuell angepasste Therapie sind dabei zentrale Bestandteile“, sagt Prof. Dr. Christoph H. Lohmann, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU) und Direktor der Orthopädischen Universitätsklinik Magdeburg. Die unter Federführung der DGOU entstandene Leitlinie erscheint im Juni, vorab vorgestellt wird sie in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift „Orthopädie und Unfallchirurgie – Mitteilungen und Nachrichten“ (OUMN).
Kniearthrose – medizinisch als Gonarthrose bezeichnet – ist eine chronische degenerative Gelenkerkrankung. Sie betrifft etwa ein Viertel der erwachsenen Bevölkerung und ist damit eine Volkskrankheit. Im Verlauf der Gonarthrose kommt es zu einem schrittweisen Abbau des Knorpels und anderer Strukturen im Kniegelenk. Der Knorpel fungiert dabei als Puffer zwischen den Knochen von Oberschenkel und Unterschenkel und ermöglicht eine schmerzfreie und reibungslose Bewegung des Gelenks. Wird dieser Knorpel beschädigt oder abgenutzt, reiben die Knochen direkt aufeinander, was zu starken Schmerzen führt. Diese Reibung löst Entzündungen aus, die die Beweglichkeit zunehmend einschränken und im schlimmsten Fall zum Funktionsverlust des Gelenks führen können.
Die Erkrankung entwickelt sich in der Regel schleichend und verläuft über Jahre mit wiederkehrenden entzündlichen Schüben. Dies führt zu einer stetigen Verschlechterung der Lebensqualität und Mobilität der Betroffenen. Die Patienten erleben zunehmend Einschränkungen in alltäglichen Bewegungsabläufen und können sich weniger frei bewegen. Besonders gefährdet sind Frauen, ältere Menschen sowie solche mit Übergewicht, Fehlstellungen des Knies oder früheren Knieverletzungen. Gonarthrose ist nicht heilbar, lässt sich aber durch eine individuell abgestimmte Therapie wirkungsvoll behandeln. „Die neu veröffentlichte S3-Leitlinie ist ein Meilenstein für die Versorgung von Menschen mit Kniearthrose. Sie hilft Ärzten, Therapeuten und Betroffenen, gemeinsam die besten Entscheidungen für die Behandlung zu treffen – transparent, nachvollziehbar und wirksam“, betont Prof. Dr. Johannes Stöve, federführender Autor der Leitlinie. Er ist Chefarzt an der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie, St. Marien- und St. Annastiftskrankenhaus Ludwigshafen.
Ein zentrales Anliegen der Leitlinie ist es, Patientinnen und Patienten zu befähigen, ihre Behandlung aktiv mitzugestalten. Ärztinnen und Ärzte sollen sie dabei unterstützen, ihre Rolle im Therapieprozess zu verstehen und anzunehmen.
Die wichtigsten Aspekte der aktiven Patientenrolle im Überblick:
• Aufklärung und Eigenverantwortung: Patientinnen und Patienten sollen durch gezielte Aufklärung und Motivation aktiv in die Behandlung eingebunden werden. Ziel ist es, ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass der Therapieerfolg maßgeblich von ihrer Mitwirkung und Eigenverantwortung abhängt.
• Informieren und Akzeptieren: Es ist wichtig, dass Betroffene sich darüber im Klaren sind, dass sie langfristig mit ihrer Erkrankung leben müssen. Sie sollen lernen, mit den damit verbundenen Herausforderungen umzugehen, ohne den Lebensmut zu verlieren. Ein realistisches Verständnis über den typischen Verlauf – geprägt von Phasen der Besserung und Verschlechterung – hilft dabei, die Erkrankung zu akzeptieren und langfristig positiv zu bewältigen.
• Therapieansatz: In vielen Fällen handelt es sich um eine chronische Erkrankung, die nicht zwingend operativ behandelt werden muss. Vorrangig kommt eine konservative Therapie zum Einsatz, insbesondere durch gezielte Physiotherapie – oftmals über viele Jahre hinweg als tragende Säule der Behandlung.
• Konservative Maßnahmen: Im Mittelpunkt stehen bewegungstherapeutische Ansätze, die Kraft, Ausdauer und Beweglichkeit fördern. Diese individuellen Trainingsprogramme tragen entscheidend zur Funktionsverbesserung und Schmerzreduktion bei.
• Gesunder Lebensstil und Prävention: Ein aktives Gewichtsmanagement ist essenziell, insbesondere zur Entlastung der Gelenke bei Übergewicht. Empfohlen werden eine überwiegend pflanzliche, ausgewogene Ernährung sowie regelmäßige körperliche Aktivität – beispielsweise durch Gehen oder Radfahren.
• Vermeidung ungünstiger Belastungen: Kniebelastende und unphysiologische Bewegungen im Alltag, Beruf oder beim Sport sollten nach Möglichkeit vermieden werden, um eine zusätzliche Schädigung der Gelenkstrukturen zu verhindern.
Mit der neuen S3-Leitlinie „Prävention und Therapie der Gonarthrose“ legt die DGOU gemeinsam mit über 20 Fachgesellschaften, Hausärztinnen und Hausärzten sowie Patientenvertretungen einen umfassend evidenzbasierten und patientenzentrierten Standard zur Behandlung dieser Volkskrankheit vor. Die Basis der neuen S3-Leitlinie „Prävention und Therapie der Gonarthrose“ bildete die in diesem Jahr aktualisierte veröffentlichte S2k-Leitlinie (Version 4.0).
Neben der Patientenaufklärung und Mitentscheidung gibt es folgende Neuerungen im Überblick:
• Individuelle Therapie statt Einheitslösung: Alter, Lebenssituation und persönliche Ziele der Patientinnen und Patienten werden stärker berücksichtigt.
• Nachhaltigkeit im Fokus: Erstmals fließen auch umwelt- und ressourcenschonende Aspekte in die Bewertung von Behandlungsmöglichkeiten ein.
• Medikamentöse Therapie: Hier werden wissenschaftlich fundierte Hilfestellungen gegeben, die den behandelnden Ärzten helfen sollen, Wirkungsstärken realistisch einzuschätzen und die Risiken von Medikationsfehlern und Nebenwirkungen zu senken.
• Tapes und Manuelle Therapie: als neue Kapitel hinzugefügt
• Allgemeine Knieendoprothetik: In diesem neu erstellten Kapitel werden die Indikationsstellung, Risikofaktoren- und perioperatives Management (Zeitraum des operativen Eingriffs), unterstützende Technologien, Metallhypersensitivität und Mindestmengen behandelt.
• Patientenleitlinie: Erstmalig wurde eine Patientenleitlinie erstellt, um die Information der Patienten zu verbessern.
Referenzen:
Leitlinie Gonarthrose: Prävention und Therapie der Gonarthrose
Entwicklungsstufe: S3 | Stand: 31. Juli 2024
AWMF-Registernummer: 187 – 050
Link zur Originalfassung: https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/187-050
Herausgabe des Beitrages der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift „Orthopädie und Unfallchirurgie – Mitteilungen und Nachrichten“ (OUMN) auf Anfrage an presse@dgou.de.
Kontakt für Rückfragen:
Susanne Herda und Swetlana Meier
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU) e.V.
Straße des 17. Juni 106-108, 10623 Berlin
Telefon: +49 (0)30 340 60 36 -16 oder -00
E-Mail: presse@dgou.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
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Medizin
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Buntes aus der Wissenschaft, Forschungs- / Wissenstransfer
Deutsch
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