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21.05.2025 13:57

Wenn Pilze den Atem rauben – Wie ein Schimmelpilz die Lunge aus dem Gleichgewicht bringt

Maria Schulz Pressestelle
Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie - Hans-Knöll-Institut (Leibniz-HKI)

    Neue Studie zeigt: Infektion mit 𝘈𝘴𝘱𝘦𝘳𝘨𝘪𝘭𝘭𝘶𝘴 𝘧𝘶𝘮𝘪𝘨𝘢𝘵𝘶𝘴 verändert nicht nur die Lunge – auch Darm und Stoffwechsel spielen eine überraschende Rolle.

    𝗘𝗶𝗻 𝘂𝗻𝘀𝗶𝗰𝗵𝘁𝗯𝗮𝗿𝗲𝗿 𝗘𝗶𝗻𝗱𝗿𝗶𝗻𝗴𝗹𝗶𝗻𝗴 𝘀𝘁𝗲𝗹𝗹𝘁 𝗱𝗮𝘀 𝗲𝗺𝗽𝗳𝗶𝗻𝗱𝗹𝗶𝗰𝗵𝗲 𝗚𝗹𝗲𝗶𝗰𝗵𝗴𝗲𝘄𝗶𝗰𝗵𝘁 𝗶𝗻 𝘂𝗻𝘀𝗲𝗿𝗲𝗿 𝗟𝘂𝗻𝗴𝗲 𝗮𝘂𝗳 𝗱𝗶𝗲 𝗣𝗿𝗼𝗯𝗲: 𝗗𝗲𝗿 𝗦𝗰𝗵𝗶𝗺𝗺𝗲𝗹𝗽𝗶𝗹𝘇 𝘼𝙨𝙥𝙚𝙧𝙜𝙞𝙡𝙡𝙪𝙨 𝙛𝙪𝙢𝙞𝙜𝙖𝙩𝙪𝙨 , 𝗶𝗻 𝗱𝗲𝗿 𝗡𝗮𝘁𝘂𝗿 𝗵𝗮𝗿𝗺𝗹𝗼𝘀, 𝗸𝗮𝗻𝗻 𝗯𝗲𝗶 𝗴𝗲𝘀𝗰𝗵𝘄ä𝗰𝗵𝘁𝗲𝗺 𝗜𝗺𝗺𝘂𝗻𝘀𝘆𝘀𝘁𝗲𝗺 𝘇𝘂𝗿 𝗲𝗿𝗻𝘀𝘁𝗲𝗻 𝗚𝗲𝗳𝗮𝗵𝗿 𝘄𝗲𝗿𝗱𝗲𝗻 – 𝘂𝗻𝗱 𝗱𝗶𝗲 𝗴𝗲𝘀𝗮𝗺𝘁𝗲 𝗕𝗮𝗸𝘁𝗲𝗿𝗶𝗲𝗻𝘄𝗲𝗹𝘁 𝗶𝗻 𝗱𝗲𝗿 𝗟𝘂𝗻𝗴𝗲 𝘃𝗲𝗿ä𝗻𝗱𝗲𝗿𝗻. 𝗗𝗼𝗰𝗵 𝗱𝗮𝗺𝗶𝘁 𝗻𝗶𝗰𝗵𝘁 𝗴𝗲𝗻𝘂𝗴: 𝗔𝘂𝗰𝗵 𝗱𝗲𝗿 𝗗𝗮𝗿𝗺 𝘂𝗻𝗱 𝗱𝗲𝗿 𝗦𝘁𝗼𝗳𝗳𝘄𝗲𝗰𝗵𝘀𝗲𝗹 𝘀𝗰𝗵𝗲𝗶𝗻𝗲𝗻 𝗯𝗲𝗶 𝗲𝗶𝗻𝗲𝗿 𝗟𝘂𝗻𝗴𝗲𝗻𝗶𝗻𝗳𝗲𝗸𝘁𝗶𝗼𝗻 𝗯𝗲𝗲𝗶𝗻𝗳𝗹𝘂𝘀𝘀𝘁 𝘇𝘂 𝘀𝗲𝗶𝗻.

    𝗘𝗶𝗻 𝗣𝗶𝗹𝘇, 𝗱𝗲𝗿 𝗺𝗲𝗵𝗿 𝗯𝗲𝘄𝗶𝗿𝗸𝘁 𝗮𝗹𝘀 𝗴𝗲𝗱𝗮𝗰𝗵𝘁

    𝘈𝘴𝘱𝘦𝘳𝘨𝘪𝘭𝘭𝘶𝘴 𝘧𝘶𝘮𝘪𝘨𝘢𝘵𝘶𝘴 ist fast überall zu finden – in Erde, Kompost oder in der Luft. Für gesunde Menschen ist er meist harmlos. Doch bei Patient*innen mit geschwächtem Immunsystem kann er eine schwere Lungeninfektion verursachen, die sogenannte invasive Aspergillose. Der Pilz kann möglicherweise den Sauerstoffgehalt in der Lunge so weit verändern, dass er für bestimmte Bakterien – wie 𝘓𝘪𝘨𝘪𝘭𝘢𝘤𝘵𝘰𝘣𝘢𝘤𝘪𝘭𝘭𝘶𝘴 𝘮𝘶𝘳𝘪𝘯𝘶𝘴, der typischerweise im Darm, in der Mundhöhle und in der Lunge von Mäusen vorkommt – ein geeigneteres Umfeld schafft, um besser zu überleben und zu gedeihen. Diese Wechselwirkung könnte möglicherweise den Krankheitsverlauf beeinflussen und in neuen Behandlungsstrategien resultieren.

    𝗩𝗼𝗻 𝗱𝗲𝗿 𝗟𝘂𝗻𝗴𝗲 𝗯𝗶𝘀 𝘇𝘂𝗺 𝗗𝗮𝗿𝗺 – 𝗮𝗹𝗹𝗲𝘀 𝗵ä𝗻𝗴𝘁 𝘇𝘂𝘀𝗮𝗺𝗺𝗲𝗻

    Dass Darm und Lunge in engem Austausch stehen, ist schon länger bekannt. Neue Daten eines Forschungsteams aus Jena vertiefen nun dieses Verständnis. Die Forschenden fanden Hinweise, dass sich nicht nur das Lungenmikrobiom, sondern auch das Darmmikrobiom und bestimmte Stoffwechselprodukte im Blut während der Infektion der Lunge mit 𝘈𝘴𝘱𝘦𝘳𝘨𝘪𝘭𝘭𝘶𝘴 𝘧𝘶𝘮𝘪𝘨𝘢𝘵𝘶𝘴 verändern. Diese sogenannte „Darm-Lungen-Achse“ könnte in Zukunft eine bedeutende Rolle in der Therapie spielen. Die Arbeit wurde im Exzellenzcluster Balance of the Microverse, von Wissenschaftler*innen des Leibniz-Instituts für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie – Hans-Knöll-Institut (Leibniz-HKI) und der Friedrich-Schiller-Universität Jena durchgeführt und kürzlich im Journal Cell Reports veröffentlicht.

    𝗠𝗲𝘁𝗵𝗼𝗱𝗶𝗸 𝘂𝗻𝗱 𝗦𝗰𝗵𝗹ü𝘀𝘀𝗲𝗹𝗯𝗲𝗳𝘂𝗻𝗱𝗲

    Das Forschungsteam nutzte ein Mausmodell für invasive Aspergillose. Um herauszufinden, wie sich die Infektion auf die Mikroben in Lunge und Darm auswirkt, haben die Forschenden die genetischen Marker der Mikroorganismen untersucht. Um die klinischen Bedingungen möglichst realistisch nachzubilden, wurden auch die Effekte einer Immunsuppression sowie einer antimykotischen Behandlung mit Voriconazol berücksichtigt. Das Team setzte spezialisierte Methoden ein, darunter DNA-Sequenzierung zur Identifizierung von Bakterien in Lunge und Darm sowie quantitative PCR zur Messung der Menge des Pilzerregers Aspergillus fumigatus und des dominanten Bakteriums 𝘓𝘪𝘨𝘪𝘭𝘢𝘤𝘵𝘰𝘣𝘢𝘤𝘪𝘭𝘭𝘶𝘴 𝘮𝘶𝘳𝘪𝘯𝘶𝘴 in der Lunge. Darüber hinaus wurden metabolomische Analysen von Plasma und Lungengewebe durchgeführt. Diese Analysen erfassen und quantifizieren alle Stoffwechselprodukte in einem biologischen System, um Veränderungen im Stoffwechsel zu verstehen. Zudem isolierten die Forschenden lebende Bakterien aus den unteren Atemwegen der Mäuse und kultivierten sie gemeinsam mit 𝘈𝘴𝘱𝘦𝘳𝘨𝘪𝘭𝘭𝘶𝘴 𝘧𝘶𝘮𝘪𝘨𝘢𝘵𝘶𝘴, um mögliche Wechselwirkungen zu untersuchen. Ein Schlüsselergebnis der Studie war, dass die Pilzinfektion sowohl das Lungen- als auch das Darmmikrobiom aus dem Gleichgewicht bringt. In der Lunge führt dies zu einer Anreicherung anaerober Bakterien. Besonders auffällig war das verstärkte Wachstum von 𝘓𝘪𝘨𝘪𝘭𝘢𝘤𝘵𝘰𝘣𝘢𝘤𝘪𝘭𝘭𝘶𝘴 𝘮𝘶𝘳𝘪𝘯𝘶𝘴, was darauf hindeutet, dass der Pilz eine mikroaerophile Nische (geringe Sauerstoffkonzentrationen) schafft, die dieses Bakterium begünstigt.

    𝗚𝗿𝗲𝗻𝘇𝗲𝗻 𝗱𝗲𝗿 𝗦𝘁𝘂𝗱𝗶𝗲 – 𝘄𝗮𝘀 (𝗻𝗼𝗰𝗵) 𝗻𝗶𝗰𝗵𝘁 𝗯𝗲𝗮𝗻𝘁𝘄𝗼𝗿𝘁𝗲𝘁 𝗶𝘀𝘁

    Die Analyse des Lungenmikrobioms ist eine Herausforderung, da die Menge der bakteriellen DNA in der Lunge sehr gering ist und von menschlicher DNA überlagert wird. „Obwohl wir zahlreiche Kontrollproben analysiert haben, könnten die Ergebnisse immer noch einige Fehlklassifizierungen enthalten, wenn es sich um Bakterien handelt, die in extrem geringen Mengen vorhanden sind“, sagt Liubov Nikitashina, Erstautorin der Studie. Die geringe DNA-Ausbeute beschränkte die bakterielle Identifizierung meist auf die Gattungsebene. Verbesserte Methoden für die bakterielle DNA-Extraktion aus solch schlecht besiedelten Körperstellen könnten künftige Studien noch aussagekräftiger machen.
    Die Studie wirft wichtige Fragen für zukünftige Forschungen auf: Welche Rolle spielen anaerobe Bakterien wie 𝘓𝘪𝘨𝘪𝘭𝘢𝘤𝘵𝘰𝘣𝘢𝘤𝘪𝘭𝘭𝘶𝘴 𝘮𝘶𝘳𝘪𝘯𝘶𝘴 bei der Modulation von 𝘈𝘴𝘱𝘦𝘳𝘨𝘪𝘭𝘭𝘶𝘴 𝘧𝘶𝘮𝘪𝘨𝘢𝘵𝘶𝘴-Infektionen? Könnte die Anreicherung dieser Bakterien in der Lunge als diagnostischer Marker dienen oder sogar neue therapeutische Ansätze ermöglichen?

    𝗘𝗶𝗻 𝗸𝗹𝗲𝗶𝗻𝗲𝗿 𝗣𝗶𝗹𝘇 𝗺𝗶𝘁 𝗴𝗿𝗼ß𝗲𝗿 𝗪𝗶𝗿𝗸𝘂𝗻𝗴

    Gerade für immungeschwächte oder bereits schwer erkrankte Menschen – etwa auf Intensivstationen oder mit Krebserkrankung – sind Pilzinfektionen ein ernstes Problem. Die neuen Erkenntnisse liefern wichtige Hinweise, wie sich solche Infektionen besser verstehen und möglicherweise verhindern lassen. Vielleicht lässt sich künftig gezielt das Mikrobiom beeinflussen, um den Körper im Kampf gegen den Pilz zu unterstützen – oder neue Medikamente entwickeln, die genau hier ansetzen.

    Die Arbeiten an diesem Projekt wurden mit Mitteln der Deutschen Forschungsgemeinschaft, des Bundesministeriums für Bildung und Forschung und der Europäischen Union gefördert.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Prof. Dr. Axel A. Brakhage
    Molekulare und Angewandte Mikrobiologie
    Abteilungsleiter

    +49 3641 532-1001
    axel.brakhage@leibniz-hki.de


    Originalpublikation:

    Nikitashina L, Chen X, Radosa L, Li K, Straßburger M, Seelbinder B, Böhnke W, Vielreicher S, Nietzsche S, Heinekamp T, Jacobsen ID, Panagiotou G, Brakhage AA (2025) The murine lung microbiome is disbalanced by the human-pathogenic fungus Aspergillus fumigatus resulting in enrichment of anaerobic bacteria, Cell Reports 44

    DOI: https://doi.org/10.1016/j.celrep.2025.115442


    Bilder

    Das Wachstum von 𝘓𝘪𝘨𝘪𝘭𝘢𝘤𝘵𝘰𝘣𝘢𝘤𝘪𝘭𝘭𝘶𝘴 𝘮𝘶𝘳𝘪𝘯𝘶𝘴 (orange), Bestandteil des Lungenmikrobioms der Maus, entlang der Hyphen des lungenpathogenen Pilzes 𝘈𝘴𝘱𝘦𝘳𝘨𝘪𝘭𝘭𝘶𝘴 𝘧𝘶𝘮𝘪𝘨𝘢𝘵𝘶𝘴 (blau), mit Lungengewebe im Hintergrund.
    Das Wachstum von 𝘓𝘪𝘨𝘪𝘭𝘢𝘤𝘵𝘰𝘣𝘢𝘤𝘪𝘭𝘭𝘶𝘴 𝘮𝘶𝘳𝘪𝘯𝘶𝘴 (orange), Bestandteil des Lungenmikrobioms der Maus, entl ...

    Grafik: Liubov Nikitashina (Leibniz-HKI) und Sandor Nietzsche (EMZ-UKJ)


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Studierende, Wissenschaftler, jedermann
    Biologie, Chemie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Das Wachstum von 𝘓𝘪𝘨𝘪𝘭𝘢𝘤𝘵𝘰𝘣𝘢𝘤𝘪𝘭𝘭𝘶𝘴 𝘮𝘶𝘳𝘪𝘯𝘶𝘴 (orange), Bestandteil des Lungenmikrobioms der Maus, entlang der Hyphen des lungenpathogenen Pilzes 𝘈𝘴𝘱𝘦𝘳𝘨𝘪𝘭𝘭𝘶𝘴 𝘧𝘶𝘮𝘪𝘨𝘢𝘵𝘶𝘴 (blau), mit Lungengewebe im Hintergrund.


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