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27.05.2025 08:51

Mitstudierende prägen unsere Persönlichkeit

Nathalie Huber Kommunikation
Universität Zürich

    Studierende werden wettbewerbsfähiger, offener und gewissenhafter, wenn sie mit Mitstudierenden zusammenarbeiten, die diese Eigenschaften stärker aufweisen. Dies zeigt eine Studie der Universität Zürich, die erstmals systematisch untersucht, wie Gleichaltrige die Persönlichkeit von Studierenden prägen.

    Beeinflusst unsere soziale Umgebung, wer wir sind? Die Theorie der Gruppensozialisation geht davon aus, dass unsere Persönlichkeit massgeblich durch den Wunsch geformt wird, zu sozialen Gruppen zu gehören und sich in ihnen zu behaupten – etwa im Studium, einer Lebensphase intensiver sozialer Interaktion. Bisher fehlten jedoch überzeugende Belege für einen kausalen Zusammenhang zwischen dem Einfluss von Gleichaltrigen und der Persönlichkeitsentwicklung.

    Diese Forschungslücke haben Ulf Zölitz, Wirtschaftswissenschaftler an der Universität Zürich, und Xiaoyue Shan von der National University of Singapore mit einem randomisierten Feldexperiment unter Bachelor-Studierenden geschlossen. Ihre neue Studie belegt, dass Persönlichkeit formbar ist und durch die Sozialisation mit Gleichaltrigen geprägt wird.

    Fünf Eigenschaften bewertet
    In einem randomisierten Feldexperiment wurden rund 1’200 Studierende eines grossen Bachelor-Studiengangs in der Schweiz untersucht. Zu Beginn wurden die Persönlichkeitsmerkmale Offenheit, Gewissenhaftigkeit, Extraversion, Verträglichkeit und Neurotizismus sowie die Wettbewerbsorientierung erfasst. Anschliessend wurden die Studierenden nach dem Zufallsprinzip in Vierergruppen eingeteilt, die ein Semester lang regelmässig in Vorlesungen, Tutorien und Lerngruppen miteinander interagierten. Kurz vor Ende des Semesters und bis zu vier Jahre nach dem Experiment wurden Nachbefragungen durchgeführt, um mögliche Langzeiteffekte der sozialen Interaktion auf Persönlichkeitsmerkmale zu messen.

    Kompetitiver, offener und gewissenhafter
    Die Analyse ergab deutliche Persönlichkeits-«Spillover»-Effekte auf die Persönlichkeit: Studierende entwickelten höhere Ausprägungen in Wettbewerbsfähigkeit, Offenheit und Gewissenhaftigkeit, wenn ihre Gruppenmitglieder diese Eigenschaften bereits mitbrachten. Keine signifikanten Effekte zeigten sich bei Extraversion, Verträglichkeit und Neurotizismus. «Eine mögliche Erklärung ist, dass gewissenhafte Gruppenmitglieder zu häufigeren studienbezogenen Interaktionen beitrugen, was wiederum Stress und Ängste bei ihren Kommilitonen reduzierte», erklärt Ulf Zölitz.

    Besonders ausgeprägt war die Übernahme von Eigenschaften, die im akademischen Kontext erfolgsrelevant sind, wie zum Beispiel Gewissenhaftigkeit und Wettbewerbsorientierung. Dies stützt das Konzept der «motivierten Persönlichkeitsveränderung», demzufolge Individuen gezielt Eigenschaften internalisieren, die ihren persönlichen Zielen förderlich sind. «Unsere Ergebnisse legen nahe, dass der Einfluss produktiver Persönlichkeitsmerkmale von Peers ebenso entscheidend sein kann wie das akademische Leistungsniveau des Umfelds», sagt Zölitz.

    Auch langfristig stabil
    Auch langfristig – bis zu vier Jahre nach dem Experiment – blieben die Effekte auf Gewissenhaftigkeit und Wettbewerbsorientierung stabil. Die Einflüsse auf die Offenheit nahmen dagegen mit der Zeit ab. «Auf individueller Ebene zeigt sich, wie wichtig es ist, sich der Persönlichkeitsmerkmale von Freunden und Gleichaltrigen bewusst zu sein, um die eigene Entwicklung positiv zu gestalten», betont Zölitz.

    Auf kollektiver Ebene werfen diese Persönlichkeitsübertragungen weitergehende Fragen auf. Insbesondere für Bildungseinrichtungen, politische Entscheidungsträger und Familien könnten die Erkenntnisse relevant sein, so Zölitz – etwa bei der Zusammensetzung von Gruppen in Schulen oder bei der Wahl des Wohnumfeldes. Zudem stelle sich die Frage, ob auch ökonomische oder soziale Einstellungen in ähnlicher Weise durch Peers geprägt werden können. Weitere Forschung könnte klären, inwieweit Peergroups unser Verhalten auf diesen Ebenen beeinflussen.

    Literatur
    Xiaoyue Shan, Ulf Zölitz. Peers Affect Personality Development. Review of Economics and Statistics. 28. Januar, 2025. DOI: https://doi.org/10.1162/rest_a_01557

    Kontakt
    Prof. Ulf Zölitz
    Department of Economics
    Universität Zürich
    Tel. +41 44 634 06 87
    E-Mail: ulf.zoelitz@econ.uzh.ch

    Media Relations
    Universität Zürich
    Tel. +41 44 634 44 67
    E-Mail: mediarelations@kommunikation.uzh.ch


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Prof. Ulf Zölitz
    Department of Economics
    Universität Zürich
    Tel. +41 44 634 06 87
    E-Mail: ulf.zoelitz@econ.uzh.ch


    Originalpublikation:

    Xiaoyue Shan, Ulf Zölitz. Peers Affect Personality Development. Review of Economics and Statistics. 28. Januar, 2025. DOI: https://doi.org/10.1162/rest_a_01557


    Weitere Informationen:

    https://www.news.uzh.ch/de/articles/media/2025/persoenlichkeit.html


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Gesellschaft, Wirtschaft
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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