Können Ziegen einander helfen? Eine neue Studie des Forschungsinstituts für Nutztierbiologie (FBN) in Dummerstorf in Zusammenarbeit mit Kolleg:innen von der Veterinärmedizinischen Universität Wien legt nahe, dass Ziegen prosoziale Verhaltensweisen zeigen – also bereit sind, anderen ohne direkten Eigennutzen zu helfen. Dies könnte einen wichtigen Beitrag zum Verständnis sozialer Kognition bei Nutztieren leisten.
In der im Fachjournal Royal Society Open Science veröffentlichten Studie entwickelten die Forscher:innen ein neuartiges Versuchsdesign – die sogenannte „Fake Apple Tree“-Apparatur, die vom natürlichen Kletterverhalten der Ziegen inspiriert ist. In dieser Versuchsanordnung kann eine Ziege durch Besteigen eines Podests eine Vorrichtung, den Ast des Baumes, auslösen, die einen Futterspender nach unten bewegt.
Die Ergebnisse zeigen: Ziegen interagierten signifikant häufiger mit dem Gerät, wenn es Futter für ihre Artgenossen enthielt. Zudem verharrten sie länger in der Position, in der sie nur dem Artgenossen den Zugang zum Futter ermöglichten – ohne selbst danach zu greifen. Ein solches Verhalten gilt auch bei anderen Tierarten als Hinweis auf prosoziale Motivation.
Was bedeuten diese Ergebnisse?
Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass Ziegen durchaus in der Lage sind, anderen zu helfen, selbst wenn sie selbst nicht direkt davon profitieren. Die Ergebnisse erweitern das bisher limitierte Feld der untersuchten Arten hinsichtlich prosozialen Verhaltens und zeigen, dass auch Nutztiere Prosozialität zeigen. Zwar zeigten nicht alle Ziegen einheitlich prosoziale Tendenzen, doch die Variation zwischen den Individuen bietet spannende Ansatzpunkte für weiterführende Untersuchungen.
„Unsere Ergebnisse legen nahe, dass prosoziale Tendenzen auch bei Nutztieren wie Ziegen auftreten, wenn man die Versuchsbedingungen an deren natürliche Verhaltensweisen anpasst. Durch die Entwicklung der ‚Fake Apple Tree‘ - Apparatur konnten wir zeigen, dass solche maßgeschneiderten Testdesigns entscheidend sein könnten, um soziale Motivationen zuverlässig zu erfassen. Dieser Ansatz bietet spannende Perspektiven, künftig prosoziales Verhalten auch bei anderen Tierarten näher zu untersuchen“, erklärt Dr. Jan Langbein, von der Arbeitsgruppe Verhalten und Tierwohl am FBN.
Warum ausgerechnet Ziegen?
Ziegen leben in sogenannten Fission-Fusion-Gesellschaften – dynamischen Sozialstrukturen, in denen sich Gruppen regelmäßig auflösen und neu zusammensetzen. Solche Systeme erfordern eine hohe soziale Anpassungsfähigkeit und bieten ideale Voraussetzungen, um Fragen nach Empathie, Kooperation und sozialem Lernen zu untersuchen. Die aktuellen Studien ergänzen die bisherige Forschung der Arbeitsgruppe „Verhalten und Tierwohl“ am FBN zu Aspekten von Lernen und Kognition von Nutztieren am Modelltier Ziege.
Dr. Jan Langbein
Forschungsinstitut für Nutztierbiologie (FBN)
Arbeitsgruppe Verhalten und Tierwohl
Wilhelm-Stahl-Allee 2
18196 Dummerstorf
T +49 38208 68-814
E langbein@fbn-dummerstorf.de
Dr. Christian Nawroth
Forschungsinstitut für Nutztierbiologie (FBN)
Arbeitsgruppe Verhalten und Tierwohl
Wilhelm-Stahl-Allee 2
18196 Dummerstorf
T +49 38208 68-805
E nawroth@fbn-dummerstorf.de
Pahl A, Rault J-L, McGetrick J, Nawroth C, Langbein J. 2025 Do goats exhibit prosocial motivation? Insights from a novel food-giving paradigm. R. Soc. Open Sci. 12: 250556.
https://doi.org/10.1098/rsos.250556
Eine Ziege besteigt das Podest der „Fake Apple Tree“-Apparatur und bringt dadurch den Futterspender ...
FBN
Eine Ziege steht auf dem Podest der „Fake Apple Tree“-Apparatur, während eine zweite Ziege die Geleg ...
FBN
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler, jedermann
Biologie, Psychologie, Tier / Land / Forst
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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