Das Protein DNase1 ist eines der ältesten Biologika der Geschichte: Schon seit 1958 ist es auf dem Markt und wird heute unter anderem für die Behandlung von Mukoviszidose eingesetzt. Allerdings wird es aufwändig und teuer in immortalisierten Hamsterzellen hergestellt. Günstiger wäre die Produktion durch anspruchslosere Hefezellen, die einem Team um Dr. Markus Napirei in der Abteilung für Anatomie und Molekulare Embryologie von Prof. Dr. Beate Brand-Saberi der Ruhr-Universität Bochum erstmals gelungen ist. „Das ist das Ergebnis mehrjähriger Arbeit und könnte einen Grundstein zur Herstellung humaner DNase1 in Hefe als Biologikum legen“, freut sich der Forscher.
Die Arbeit wurde am 29. April 2025 in der Zeitschrift PLOS One veröffentlicht.
Beliebter Helfer
Der Hefepilz Pichia pastoris ist beliebt als Helfer für die Herstellung therapeutisch wirksamer Biologika. Dazu wird der genetische Bauplan des gewünschten Proteins über ein im Labor künstlich hergestelltes DNA-Molekül mit Hilfe eines elektrischen Impulses in die Hefezellen eingeschleust, die daraufhin diesen Bauplan stabil in ihr Erbgut aufnehmen, ablesen und das darin kodierte Protein freisetzen. „Vorteile der Hefe gegenüber Säugerzellen sind kostengünstige Kulturbedingungen, eine hohe Reproduktionsrate ohne die Notwendigkeit der Zell-Immortalisierung sowie eine geringere Anfälligkeit gegenüber Pathogenen“, erläutert Markus Napirei.
Im Rahmen der Promotionsarbeit von Jan-Ole Krischek unter Betreuung von ihm und Prof. Dr. Hans Georg Mannherz ist es zum ersten Mal gelungen, humane DNase1 in Pichia pastoris zu exprimieren, zu reinigen und zu charakterisieren. Für die Forscher überraschend produzierte die Hefe allerdings erheblich weniger menschliche DNase1 als die verwandte DNase1 der Maus – obwohl beide Proteine in ihrer Primärstruktur zu 82 Prozent übereinstimmen. „Das liegt unter anderem am individuellen Faltungsverhalten der beiden verwandten Proteine“, so Napirei. Was ihre biochemischen und funktionellen Eigenschaften angeht, so erweist sich die Maus-DNase1 teilweise als Vorbild für die bereits in der Entwicklung befindlichen pharmakologisch adaptierten Isoformen der humanen DNase1.
Ein vielfach einsetzbares Werkzeug
Die DNase1 ist ein in Körpersekreten und Flüssigkeiten vorkommendes Protein, dessen Aufgabe es ist, zellfreie DNA zu zerkleinern, die dann entsorgt oder recycelt werden kann. DNA kann im Körper an verschiedenen Stellen aus eigenen Zellen und Mikroorganismen freigesetzt werden und unter bestimmten Umständen Krankheitssymptome hervorrufen, so auch bei der Mukoviszidose, die mit zähem, DNA-haltigem Bronchialschleim einhergeht. Seit 1993 wird das humane Enzym mittels Ovarialepithelzellen des Hamsters (CHO) produziert und vermarktet. Die inhalierte DNase1 verflüssigt den DNA-haltigen und daher viskosen Bronchialschleim, wodurch sich dieser besser abhusten lässt.
Denkbar ist der Einsatz von DNase1 auch bei weiteren pathologischen Prozessen. So ist diese Endonuklease ein wichtiger Faktor zur Beseitigung von sogenannten Neutrophil Extracellular Traps (NETs), die primär der Immobilisierung bakterieller Pathogene dienen. Bei einer Sepsis aber auch einer schweren Infektion mit SARS-CoV-2 kommt es zu einer krankhaft gesteigerten Bildung von NETs und zu Mikrothromben, welche einen hohen Gehalt an Bestandteilen der NETs aufweisen. „Es könnte sinnvoll sein, DNase1 einzusetzen, um diese DNA-haltigen Mikrothromben besser aufzulösen“, erklärt Markus Napirei. Ein anderes Beispiel ist die Anwendung der DNase1 zur Auflösung der Thrombose einer Hirnarterie bei ischämischen Schlaganfällen, zu der aktuell klinische Studien stattfinden.
Dr. Markus Napirei
Abteilung für Anatomie und Molekulare Embryologie
Ruhr-Universität Bochum
Tel.: +49 234 32 23164
E-Mail: markus.napirei@ruhr-uni-bochum.de
Jan-Ole Krischek, Hans Georg Mannherz, Markus Napirei: Different Results Despite High Homology: Comparative Expression of Human and Murine DNase1 in Pichia pastoris, in: Plos One, 2025, DOI: 10.1371/journal.pone.0321094, https://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0321094
Hans Georg Mannherz, Jan-Ole Krischek und Markus Napirei (von links) arbeiteten mehrere Jahre daran, ...
© privat
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Journalisten
Biologie, Medizin
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