Stoffwechselleistung, Muskelmasse, Immunfunktion und kognitive Fähigkeiten nehmen im Alter tendenziell ab. In welchem Ausmaß und wie schnell sie dies tun, ist von Mensch zu Mensch verschieden. In der ärztlichen Praxis müssen diese Unterschiede in der Behandlung älterer Menschen ebenso berücksichtigt werden wie Vorerkrankungen und Medikamenteneinnahmen. Die unterschiedliche Manifestation von rheumatischen Erkrankungen im Alter und die Bandbreite unterschiedlicher Konstitutionen macht es schwer, Krankheitssymptome richtig einzuordnen und eine geeignete Therapie zu finden. Wie es trotzdem gelingen kann, erklärt DGRh-Beiratsmitglied Prof. Dr. Uta Kiltz anhand der rheumatoiden Arthritis (RA).
Entzündlich-rheumatische Erkrankungen können vom Kindes- bis zum Greisenalter neu auftreten. Das gilt auch für die RA, das klassische Gelenkrheuma. Dennoch liegt der Erkrankungsgipfel zwischen dem 65. und 80. Lebensjahr, und rund ein Drittel aller aktuell betreuten RA-Betroffenen blickt auf einen Krankheitsbeginn im Rentenalter zurück. „Umso wichtiger ist es, die Herausforderungen zu kennen, die mit der Diagnose und Therapie im fortgeschrittenen Alter einhergehen“, sagt Kiltz, die als Oberärztin am Rheumazentrum Ruhrgebiet tätig ist und eine Professur für Versorgungsforschung in der Rheumatologie an der Ruhr-Universität Bochum innehat.
Verändertes Krankheitsbild bei älteren Patienten
Bereits das klinische Erscheinungsbild einer RA wandelt sich mit dem Alter. „Bei älteren Menschen beginnt die Erkrankung plötzlicher und heftiger als bei jüngeren“, sagt Kiltz. Oft treten neben den Gelenkbeschwerden auch allgemeine Symptome wie Fieber, Abgeschlagenheit und Muskelschmerzen auf. Zudem seien häufiger als bei jüngeren Patienten auch die großen Gelenke betroffen. Das Muster der betroffenen Gelenke kann wertvolle Hinweise für die notwendige Differenzialdiagnostik liefern. Denn gerade im Alter können Gelenkbeschwerden auch ganz andere Ursachen haben, vom Gelenkverschleiß (Arthrose) über Verletzungen bis hin zu Kristallablagerungen. „Zur Diagnostik gehören daher in der Regel bildgebende Verfahren, mit denen sich eine RA von anderen Erkrankungen unterscheiden lässt“, so Kiltz.
Schwierige Befundlage und individuelle Risiken im Blick
Eine umfassende rheumatologische Diagnostik beinhaltet immer auch eine laborserologische Bestimmung. Entzündungsmarker oder der bekannte Rheumafaktor sind jedoch bei älteren Menschen häufiger positiv und weisen eine geringere diagnostische Aussagekraft als bei jüngeren auf, sodass sie schlechter interpretierbar sind und an Aussagekraft einbüßen.
Auch in Bezug auf die Therapie stellen ältere Patientinnen und Patienten die Medizin vor Herausforderungen. Eine neu zu behandelnde Krankheit ist oft nicht die erste und einzige, sondern muss im Zusammenhang mit anderen, bereits vorbestehenden Erkrankungen betrachtet werden. Entsprechendes gilt für die Medikation: Viele ältere Menschen nehmen bereits mehrere Medikamente ein, was zu vielfältigen Wechselwirkungen mit jedem neuen Medikament führen kann. Auch müssen geriatrische Faktoren wie eine mögliche kognitive Einschränkung, Mangelernährung oder eine erhöhte Sturzneigung berücksichtigt werden. „All diese Faktoren sind individuell sehr unterschiedlich und nicht primär von der Altersangabe im Pass abhängig“, sagt Kiltz. Entscheidend sei vielmehr das biologische Alter, das je nach Lebensweise und genetischer Ausstattung stark vom chronologischen Alter abweichen könne.
Moderne Therapien auch im Alter sinnvoll
Im Wesentlichen unterscheiden sich Diagnostik und Therapie bei jüngeren und älteren RA-Betroffenen jedoch nicht. Es können sowohl dieselben diagnostischen Verfahren, als auch - individuell abgewogen - die ganze Bandbreite der Rheumamedikation eingesetzt werden. Diese Botschaft ist Kiltz wichtig, denn, wie sie feststellt, erhalten ältere Patientinnen und Patienten aus Angst vor Neben- oder Wechselwirkungen oft keine Basistherapie mit den hochwirksamen Biologika.
Schlechtere Krankheitskontrolle im Alter – bessere rheumatologische Versorgung gefordert
Untersuchungen zeigen dann auch, dass eine RA bei Senioren in der Regel um so weniger gut kontrolliert ist, je mehr Komorbiditäten sie aufweisen. Auch entwickelt sich eine RA oft schneller und der Verlauf ist schwerer als bei jüngeren Menschen. „Die Erkrankung positiv zu beeinflussen und Gelenkschäden zu verhindern, kann nur mit einer frühzeitigen Diagnose und einer individuell angepassten Therapie gelingen - im Idealfall im interdisziplinären Behandlungsteam“, sagt Prof. Dr. Ulf Wagner, Leiter des Bereichs Rheumatologie am Universitätsklinikum Leipzig und Präsident der DGRh. Um dies zu gewährleisten, fehle es in Deutschland jedoch an Fachpersonal. Besonders den Mangel an rheumatologisch weitergebildeten Fachärztinnen und -ärzten beklagt die DGRh bereits seit Jahren. „Die Folgen“, so Wagner, „haben die Seniorinnen und Senioren zu tragen, die oft zu spät und nicht optimal behandelt werden.“
Bei Abdruck Beleg erbeten.
Quelle:
Kiltz, U., Entzündliche Rheumaerkrankungen im Alter, Vortrag Internistenkongress, 03.05.2025
Merkmale dieser Pressemitteilung:
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Ernährung / Gesundheit / Pflege
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