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03.06.2025 11:04

Transformation vor Ort ermöglichen – Wie strukturschwache Regionen vom Wandel profitieren können

Marco Baron Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Institut Arbeit und Technik

    Ob Gründungszentrum, Innovationscluster oder Start-up-Netzwerk: Entrepreneurial Ecosystems (EEs) gelten als Hoffnungsträger regionaler Entwicklung. Doch welche konkreten Wirkungen gehen tatsächlich von diesen unternehmerischen Ökosystemen aus, insbesondere in strukturschwachen Regionen? Die aktuelle Ausgabe der Forschung aktuell des Instituts Arbeit und Technik der Westfälischen Hochschule Gelsenkirchen (IAT) rückt diese Frage in den Mittelpunkt. Die Autorinnen Dr. Anna Butzin, Dr. Alexandra David und Dr. Judith Terstriep unterziehen das Konzept einer wirkungsorientierten Analyse und zeigen, warum eine differenzierte Betrachtung notwendig ist.

    Entrepreneurial Ecosystems bestehen aus einem Netzwerk wechselseitig abhängiger Akteure, darunter Gründerinnen und Gründer, Kapitalgebende, Hochschulen, intermediäre Organisationen und öffentliche Förderstellen. Ziel ist es, ein Umfeld zu schaffen, das produktives Unternehmertum begünstigt. In der Theorie sollen EEs so Beschäftigung sichern, Kapital vor Ort binden und langfristig Transformationsprozesse anstoßen. Doch gerade in peripheren Regionen stellt sich die Frage, ob diese Effekte tatsächlich eintreten und für wen.

    Kontext zählt: Wirkung ist nicht gleich Wirkung

    „Was für Start-up-Hotspots gilt, lässt sich nicht einfach auf strukturschwache Regionen übertragen“, betont Dr. Anna Butzin, Wissenschaftlerin im Forschungsschwerpunkt „Innovation, Raum & Kultur“ beim IAT. „Viele Entrepreneurial Ecosystems orientieren sich noch immer an urbanen Leitbildern und technikorientierten Erfolgsmustern“, so Butzin. Dabei brauche es vielmehr kontextsensible Förderlogiken, die regionale Besonderheiten einbeziehen und auch alternative unternehmerische Ansätze berücksichtigen, wie etwa soziale Innovationen oder migrantisches Unternehmertum.

    Ein zentrales Anliegen der Forschung der Autorinnen ist es, den häufig verkürzten Wirkannahmen etwas entgegenzusetzen. Denn nicht jede Gründung stärkt automatisch den Standort. Nicht jeder Accelerator fördert Vielfalt. Und nicht jedes Netzwerk wirkt integrativ. Stattdessen machen die Autorinnen deutlich, dass es differenzierter Analysen bedarf, um sowohl Chancen als auch Ausschlussmechanismen von EEs zu verstehen.

    Ein Wirkmodell für echte Transformation

    Um die Wirkung von EEs systematisch zu erfassen, stellen die Autorinnen ein Wirkmodell auf Basis des IOOI-Ansatzes vor (Input - Output - Outcome - Impact). Es zeigt auf, wie eingesetzte Ressourcen in konkrete Leistungen, mittel- und langfristige Veränderungen und schließlich in strukturelle Effekte überführt werden können. „Wir brauchen ein Verständnis von Wirkung, das nicht nur ökonomische Kennzahlen berücksichtigt, sondern auch soziale, kulturelle und ökologische Dimensionen einbezieht“, erklärt Dr. Judith Terstriep, Direktorin des Forschungsschwerpunkts „Innovation, Raum & Kultur“ beim IAT. „Gerade mit Blick auf gesellschaftliche Teilhabe, Lebensqualität und Nachhaltigkeit ist dieser erweiterte Ansatz entscheidend für die Gestaltung künftiger Innovationspolitik“, so Terstriep.

    Die Wissenschaftlerinnen machen zudem deutlich, dass EEs nicht nur nach innen wirken, sondern auch externe Impulse für Governance, Beteiligungskultur und institutionelle Lernprozesse geben können – vorausgesetzt, die politischen Rahmenbedingungen unterstützen dies. Dabei sind gerade in strukturschwachen Regionen neue Beteiligungsformate, inklusive Entscheidungsstrukturen und gezielte Förderung diverser Geschäftsmodelle von zentraler Bedeutung.

    Forschung mit politischer Relevanz

    Auch kritische Perspektiven finden Raum. „Viele Ecosystems folgen implizit einer wachstumszentrierten Logik, die bestimmte Gruppen systematisch ausschließt“, warnt Dr. Alexandra David, Wissenschaftlerin im Forschungsschwerpunkt „Innovation, Raum & Kultur“ beim IAT. Besonders Frauen, Migrantinnen und Migranten oder sozial ausgerichtete Gründungsinitiativen würden häufig übersehen oder durch bestehende Fördermechanismen benachteiligt. „Wenn Entrepreneurial Ecosystems einen Beitrag zur Regionalentwicklung leisten sollen, müssen sie bewusst inklusiv und gerecht gestaltet werden“, so David.
    Um EEs gezielt in der Struktur- und Innovationspolitik zu verankern, bedarf es empirischer Studien, vergleichender Analysen und einer realistischen Einschätzung regionaler Wirkungspfade. Nur dann lasse sich laut der Autorinnen seriös beantworten, welche Impulse eine Region aus ihrem Ökosystem tatsächlich ziehen kann und wie diese Impulse sinnvoll unterstützt werden können.

    Die Ausgabe 06/2025 der Forschung aktuell ist kostenfrei als Download verfügbar unter https://www.iat.eu/publikationen/forschung-aktuell.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Dr. Anna Butzin, Durchwahl 0209/1707-241, butzin@iat.eu;
    Dr. Alexandra David, Durchwahl 0209/1707-171, david@iat.eu;
    Dr. Judith Terstriep, Durchwahl 0209/1707-139, terstriep@iat.eu


    Originalpublikation:

    Butzin, A., David, A., & Terstriep, J. (2025). “What’s in it for a region” – Eine wir-kungsorientierte Perspektive auf Entrepreneurial Ecosystems. Forschung aktuell, 06/2025. https://doi.org/10.53190/fa/202506


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wirtschaftsvertreter
    Gesellschaft, Wirtschaft
    überregional
    Forschungsprojekte, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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