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04.06.2025 11:21

Umweltschutz und Arzneimittelverfügbarkeit ausbalancieren

Natascha Hövener Pressekontakt
Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin e. V.

    Eine aktuelle EU-Abwasserrichtlinie könnte ungewollt dazu führen, dass wichtige Medikamente vom Markt verschwinden. Die Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) fordert die Gesundheitspolitik auf, diese Entwicklung zu verhindern – ohne den Umweltschutz aus den Augen zu verlieren.

    Eine EU-Abwasserrichtlinie, die den Gewässerschutz fördern soll, sorgt für Aufregung: Die Richtlinie sieht vor, dass Pharmahersteller – nach dem Verursacherprinzip – die Kosten für zusätzliche Reinigungen in Klärwerken mittragen, um Mikroschadstoffe aus dem Abwasser zu filtern. Dagegen gibt es Widerstand: Arzneimittelhersteller haben bekannt gegeben, dass verschiedene Medikamente dann nicht mehr wirtschaftlich hergestellt werden könnten und dass sie die Medikamente eher vom Markt nehmen würden, wenn es bei der Richtlinie bleibt. Betroffen wären insbesondere Metformin, das Antibiotikum Amoxicillin und das Brustkrebsmedikament Tamoxifen.

    „Wenn die Pharmahersteller ihre Drohung wahrmachen, wird es zu einer echten Versorgungskrise kommen. Die betreffenden Arzneimittel gehören zu den von der WHO definierten ‚Essential Drugs‘, ohne die eine leitliniengerechte Therapie in Zukunft nicht mehr möglich wäre“, warnt Prof. Martin Scherer, Präsident der DEGAM. „Als wissenschaftliche Fachgesellschaft ist es unsere Aufgabe, auf die absehbare Verschlechterung in der medizinischen Versorgung hinzuweisen und alle Beteiligten aufzufordern, hier sinnvolle Lösungen zu entwickeln. Die beiden Rechtsgüter ‚Gewässerschutz‘ und ‚Verfügbarkeit von Arzneimitteln‘ dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden.“

    Besonders betroffen von den Kosten für die Abwasserreinigung sind Generika, also günstige Nachahmerpräparate, die einen Marktanteil von etwa 80 Prozent haben. Ein bekanntes Beispiel: Metformin, das wichtigste Medikament zur Behandlung von Typ-2-Diabetes, das in Deutschland millionenfach verschrieben wird und laut Leitlinie als erste Therapieoption gilt. Wird ein kostengünstiges und gut verträgliches Medikament wie Metformin vom Markt genommen, müssten Millionen Patienten auf teurere Alternativen umsteigen. Die Arzneimittelkosten würden weiter steigen.

    „Wir weisen in aller Deutlichkeit darauf hin, dass ein Wegfall von Metformin nicht nur eine Kostensteigerung zur Folge hätte, sondern auch die Qualität der medizinischen Versorgung verschlechtert. Die Nebenwirkungen können stärker ausfallen, auch die Therapietreue wird sinken, wenn nur noch Medikamente, die gespritzt werden müssen, verfügbar sind“, kommentiert Dr. Günther Egidi, Präsidiumsmitglied der DEGAM.

    Vor diesem Hintergrund setzt sich die DEGAM für eine ausgeglichene Bewertung der beiden wichtigen Bereiche – Gewässerschutz und Verfügbarkeit von Arzneimitteln – ein: „Wir brauchen eine Gesundheitspolitik, die gewährleistet, dass solche wichtigen Arzneimittel verfügbar bleiben – und zwar ohne dass Regelungen zum Umwelt- und Gewässerschutz in toto wieder gekippt werden“, so Martin Scherer abschließend.

    Pressekontakt:
    Natascha Hövener
    DEGAM-Pressesprecherin
    Telefon: 030 – 20 966 98 16
    E-Mail: hoevener@degam.de

    Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin
    Schumannstraße 9, 10117 Berlin, http://www.degam.de
    Präsident: Prof. Dr. med. Martin Scherer (Hamburg)

    Über die DEGAM

    Die Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) ist eine wissenschaftliche Fachgesellschaft. Ihre zentrale Aufgabe ist es, die Allgemeinmedizin als anerkannte wissenschaftliche Disziplin zu fördern und sie als Rückgrat der Patientenversorgung weiterzuentwickeln. Die DEGAM ist Ansprechpartnerin bei allen Fragen zur wissenschaftlichen Entwicklung der Allgemeinmedizin an den Hochschulen, zur Fort- und Weiterbildung sowie zum Qualitätsmanagement. Sie erarbeitet eigene wissenschaftlich fundierte Leitlinien für die hausärztliche Praxis und beteiligt sich auch an interdisziplinären Leitlinien anderer Fachgesellschaften. Die Aktivitäten der Nachwuchsförderung werden überwiegend von der Deutschen Stiftung für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DESAM) realisiert.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Prof. Dr. med. Martin Scherer, Präsident der DEGAM
    E-Mail: m.scherer@uke.de


    Bilder

    Die DEGAM fordert: Umweltschutz und Verfügbarkeit von Arzneimitteln dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden
    Die DEGAM fordert: Umweltschutz und Verfügbarkeit von Arzneimitteln dürfen nicht gegeneinander ausge ...

    iStock.com / Blablo101


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Studierende, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler, jedermann
    Medizin
    überregional
    Forschungs- / Wissenstransfer, Wissenschaftspolitik
    Deutsch


     

    Die DEGAM fordert: Umweltschutz und Verfügbarkeit von Arzneimitteln dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden


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