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05.06.2025 08:29

Lösungen für sichere, effiziente und hochreine Automatisierungsanwendungen

Dr. Karin Röhricht Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA

    Auf der diesjährigen Fachmesse Automatica zeigt das Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA zahlreiche Lösungen, die – auch dank Künstlicher Intelligenz (KI) – das Planen, Programmieren und Einlernen von Robotern massiv vereinfachen und beschleunigen. Zu sehen vom 24. bis 27. Juni 2025 in Halle A4 am Stand 314.

    Ob in der Produktionshalle, im Reinraum oder im Labor: Überall kommen inzwischen Roboter und andere Automatisierungskomponenten zum Einsatz und unterstützen vorwiegend bei repetitiven, körperlich anstrengenden oder gefährlichen Tätigkeiten. Doch bis sie installiert, programmiert und eingerichtet sind, vergeht oft noch viel Zeit. Das große Ziel lautet deshalb »Automation of Automation«. Das bedeutet, dass das Einrichten und Inbetriebnehmen mit geeigneten Tools weit automatisierter als bisher abläuft, was Zeit und Kosten spart.

    Das Fraunhofer IPA zeigt vom 24. bis 27. Juni 2025 auf der Automatica in München eine ganze Reihe von Lösungen, die auch unter Nutzung von KI-Technologien das Planen, Programmieren und Einlernen von Robotern massiv vereinfachen und beschleunigen, indem sie diese Vorgänge (teil-)automatisieren.

    Ein Software-Framework für alle Maschinen und Anlagen

    Wissenschaftler um David Breunig vom Forschungsteam IT-Architekturen für die Produktion am Fraunhofer IPA haben ein Software-Framework entwickelt, mit dem Unternehmen ihre gesamte Produktion automatisieren können. Die speicherprogrammierbaren Steuerungen (SPS), die den Betrieb von Maschinen und Anlagen bisher regeln und in großer Stückzahl in Fabriken verbaut sind, können damit überflüssig werden. »Wer heute die SPS eines etablierten Herstellers kauft, macht sich abhängig von dessen Hardware, Entwicklungsumgebung und Programmiersprache«, sagt Breunig, »und genau das wollen wir mit unserem Software-Framework ändern.«

    Um zu zeigen, wie diese softwaredefinierte Automatisierung funktioniert, haben Breunig und sein Team einen Demonstrator aufgebaut, der die Funktionsweise und Nutzung des Frameworks zeigt. Besucherinnen und Besucher können damit auf der Automatica am Bildschirm die einzelnen Module des Software-Frameworks kennenlernen und selbst ein Automatisierungsprojekt anlegen oder optimieren.

    Zusammen mit einer Kollegin und zwei Kollegen plant Breunig, sich mit dem Software-Framework selbständig zu machen. Ihr Start-up, die retavi GmbH, nimmt zum Jahresende offiziell den Betrieb auf.

    Flexibel einsetzbare intelligente mobile Manipulatoren

    Humanoide Roboter finden aktuell in den Medien viel Beachtung und werden auf der Automatica ebenso eine große Rolle spielen. Laut einer Studie des Fraunhofer IPA im Rahmen des KI-Fortschrittszentrums »Lernende Systeme und Kognitive Robotik« haben viele Unternehmen jedoch nur wenig Interesse daran, dass die Roboter laufen können wie ein Mensch. Stattdessen sehen die befragten Fachleute das größte Potenzial darin, dass Humanoide Objekte ähnlich flexibel greifen können sollen wie ein Mensch. Und genau hier knüpft eine aktuelle Entwicklung des Fraunhofer IPA an. Denn es ist aufgrund der vielen Freiheitsgrade einer Roboterhand nicht effizient, Roboter für diese Greifvorgänge umfänglich zu programmieren. Um dem zu begegnen, erforscht das Fraunhofer IPA Ansätze zum schnellen und intuitiven Anlernen komplexer Greif- und Handhabungsbewegungen.

    Greifvorgänge können dabei zum Beispiel in einer Simulation und mit Deep Reinforcement Learning angelernt werden. Im Mittelpunkt steht dabei nicht nur die Steuerung von Roboterhänden, sondern insbesondere das intuitive Instruieren und Anlernen neuer Anwendungen für vollumfängliche flexible Robotersysteme – einschließlich mobiler Mehrzweckplattformen mit mehreren Armen und Greifern. Hierzu kommen moderne Verfahren wie Imitation Learning und sogenannte Foundation-Modelle zum Einsatz. Dabei werden natürliche Sprachinstruktionen, teleoperierte Ausführungen sowie menschlich demonstrierte Abläufe genutzt, um Roboterfähigkeiten effizient zu vermitteln.

    Der Demonstrator am Messestand vermittelt einen praxisnahen Einblick in ausgewählte Aspekte der Technologie und zeigt exemplarisch, wie sich zentrale Ideen aus der aktuellen Forschung in die Anwendung übertragen lassen. Darüber hinaus bietet sich die Gelegenheit, mehr über die Herausforderungen aktueller Imitation-Learning-Verfahren und Foundation-Modelle zu erfahren sowie darüber, wie ein hybrider Ansatz bestehende Lücken gezielt schließen kann, indem er bewährte, parametrierbare Roboterfähigkeiten mit lernbasierten Methoden kombiniert.

    Flexible Laborrobotik zur Handhabung und Dosierung von Flüssigkeiten

    Der vorherrschende Fachkräftemangel macht auch vor Laboren und medizinischen Einrichtungen nicht Halt. Das vorhandene Personal verbringt dabei einen großen Teil seiner täglichen Arbeitszeit mit monotonen Routineaufgaben, die höherwertigere, wertschöpfende Tätigkeiten verzögern. Somit sind Automatisierungslösungen in diesem Umfeld stark nachgefragt. Ein System »von der Stange« ist allerdings meist unpassend, weil die Aufgaben und die zu handhabenden Objekte vielfältig sind. Das Fraunhofer IPA entwickelt deshalb ein anpassbares Software-Kit für autonom agierende Laborroboter, das es ermöglicht, solche Routinearbeiten effizient zu automatisieren. Zum Beispiel sollen Roboter damit in die Lage versetzt werden, prozessrelevante Verbrauchsgüter zu sammeln, Chemikalien oder Proben eigenständig zu dosieren, empfindliche Proben »just in time« aus Kühl- oder Wärmeschränken zu beschaffen oder, perspektivisch, Experimente vollkommen eigenständig durchzuführen. Hierzu muss der Roboter Aufgaben wie zum Beispiel das Lokalisieren und Greifen vielfältiger Behälter, das präzise Einwiegen verschiedener Flüssigkeiten und Feststoffe, das Öffnen von Schränken und Türen und die autonome Navigation beherrschen.

    Auf der Automatica zeigt das Fraunhofer IPA den aktuellen Entwicklungsstand anhand eines Demonstrators, der Flüssigkeiten verschiedener Viskosität automatisiert dosieren und in definierte Zielbehälter aufteilen kann.

    Sichere Mensch-Roboter-Kollaboration teilautomatisiert umsetzen

    Moderne Automatisierungslösungen sollen aufgrund kleiner Losgrößen so flexibel wie möglich einsetzbar sein. Das bedeutet aber auch, dass die Sicherheitsmaßnahmen kontinuierlich angepasst werden müssen. Grundlage hierfür sind die Risikobeurteilung und CE-Kennzeichnung – zwei Prozesse, die aktuell noch sehr langwierig sind und viel Expertenwissen erfordern. Das Fraunhofer IPA hat deshalb Tools sowohl für die Planungs- als auch für die Nutzungsphase entwickelt, die die Sicherheitsauslegung vereinfachen und beschleunigen.

    Das Messeexponat »CARA« ist ein Tool für die Planungsphase, das umfangreich bei der Sicherheitsauslegung unterstützt. Es hilft Fachleuten mit einer 3D-Simulation, alle nötigen Sicherheitsmaßnahmen bereits vor der Inbetriebnahme einer Anlage in sechs Schritten zu planen und umzusetzen. CARA berücksichtigt dabei Parameter wie potenzielle Gefährdungen, Sicherheitsabstände und die mögliche Interaktion zwischen Mensch und Maschine. Kollisions- und Klemmgefahren werden automatisch identifiziert. Anschließend macht das Tool Vorschläge für Maßnahmen zur Risikominderung.

    Ebenfalls in der Planungsphase helfen Kollisionsmodelle, die auf einem vom Fraunhofer IPA entwickelten, automatisierten Prüfstand ermittelt werden. Sie adressieren die Herausforderung, dass maximal zulässige Kräfte und Drücke bei eventuellen Kollisionen die Geschwindigkeiten und Taktzeiten des Roboters begrenzen und so die Performance der Anlage mindern können. Im Betrieb auftretende Kräfte lassen sich jedoch nur schwer mathematisch errechnen. Einmal erstellt, ermöglichen die Kollisionsmodelle, die Performance bereits in der Planungsphase präzise abzuschätzen. CARA kann auf diese Modelle zurückgreifen.

    Intuitive Roboterprogrammierung mithilfe eines neuen User Interface

    Nach wie vor ist die Roboterprogrammierung oft ein Nadelöhr, wenn es um eine effiziente Einrichtung oder Umrüstung einer Anwendung geht. Wie sich das hierfür nötige Fachwissen reduzieren lässt und Roboter auch bei hoher Variantenvielfalt zeiteffizient programmiert werden können, zeigt eine neue Bedienoberfläche am Beispiel einer simulierten Demontageanwendung auf dem Messestand. Die Bedienoberfläche ermöglicht es, einzelne Skills, also Roboterfähigkeiten, zu einer vollständigen Aufgabe zusammenzustellen. Hierfür kommen Skill-Bausteine aus der Software »pitasc« des Fraunhofer IPA zum Einsatz, die ohne Programmierkenntnisse anwendungsspezifisch zusammengestellt und kombiniert werden können.

    Automatisierung in hochreiner Umgebung: 2ndSCIN® und Tested Device®

    2ndSCIN® ist eine patentierte Schutzumhüllung, die Roboter und andere bewegliche Automatisierungskomponenten für die ultrareine Produktion einsatzbereit macht. Die Hülle besteht aus einem durchlässigen, beweglichen und mehrschichtigen Textil, das in seiner Funktionsweise der menschlichen Haut nachempfunden ist. Die Textilschicht ist mit Sensoren ausgestattet, die laufend Parameter wie Partikelkonzentration, chemische Kontamination, Druck oder Feuchtigkeit messen. KI-basierte Algorithmen werten diese Sensordaten aus und ermöglichen beispielsweise eine vorausschauende Wartung. Je nach Anwendung können zwei oder mehr Textilschichten übereinanderliegen, die mit Abstandshaltern separiert werden.

    In den Zwischenräumen kann zum Beispiel Luft eingesaugt oder abgeführt werden. So können Partikel entfernt werden, die aus der Umgebung oder von der Automatisierungskomponente stammen. Die Zuführung von Spezialgasen in die Zwischenräume des Systems ermöglicht beispielsweise dessen Sterilisation. Die Hülle lässt sich in etwa einer Stunde wechseln und kann nach einer Dekontaminierung wiederverwendet werden. »2ndSCIN® ist extrem variabel im Aufbau, sodass wir individuelle Bedarfe umsetzen können. So adressieren wir viele Anforderungen an reinheitstaugliche Schutzhüllen für Reinraumkomponenten, die bisherige Produkte nicht erfüllen«, erklärt Udo Gommel, Geschäftsbereichsleiter Kontaminationskritische Produktion am Fraunhofer IPA. Er und sein Team stellen 2ndSCIN® auf der Automatica vor.

    Bereits seit vielen Jahren bietet das Fraunhofer IPA auch Verfahren zu Partikelemission, Ausgasung, ESD und weiteren Anforderungen an. Für die untersuchten Produkte wird das Prüfzeichen Tested Device® vergeben, über das sich die Messegäste ebenfalls am Stand informieren können. Unternehmen erhalten mit dem produkt- und kundenspezifischen Prüfbericht eine Bestätigung der Reinheits- und Reinraumtauglichkeit ihrer Anlagen, Geräte oder Verbrauchsmaterialien. Die Untersuchungen beinhalten die Produktionsumgebungen Atmosphärische Reinräume, Trocken-Reinräume und Vakuumbedingungen.

    Weitere Informationen:

    - Weitere Präsenz: Halle A3, Gemeinschaftsstand auf der »Cross Zone« Automatica/Laser mit zahlreichen Vorträgen zum Thema Automatisierung und KI. Erleben Sie mit unserem »Visual Robustness Explorer«, wie robuste Machine-Learning-Modelle auch unter herausfordernden Bedingungen wie beispielsweise wechselnden Lichtverhältnissen oder Kamerarauschen zuverlässige Vorhersagen treffen, und entdecken Sie, wie tiefe neuronale Netze auf industrierelevanten Datensätzen den typischen Problemen nicht robuster Modelle in der Praxis begegnen.
    - Keynotes und Vorträge:
    o Werner Kraus, Leiter des Forschungsbereichs Automatisierung und Robotik am Fraunhofer IPA, spricht am 24. Juni 2025 von 14:20 bis 15:00 Uhr auf dem Forum Lasers and Optics zum Thema: »KI-basierte Robotik: Technologie- und Markttrends«: Halle A2, Stand 561.
    o Werner Kraus spricht am 26. Juni 2025 von 12:00 bis 12:20 Uhr zum Thema »Photonics meets Robotics: AI Success Stories«: Halle A3, Stand 433.
    o Werner Kraus beteiligt sich am 26. Juni 2025 von 13:00 bis 14:00 Uhr am Panel »AI-Powered Industrial Robotics « am Stand des »Robotics Institute Germany«: Halle B4, Stand 421.
    o Tobias Schäfle, Geschäftssegmentleiter Automatisierte Intralogistiksysteme, spricht am 25. Juni 2025 von 14:20 bis 14:35 Uhr in der Cross Zone zum Thema »Self-learning robots & Robot Foundation Models«
    o Malte Volkwein, Geschäftssegmentleiter Digitales Gesundheitswesen, spricht am 26. Juni 2025 von 10:00 bis 11:00 Uhr zum Thema »Automatization in the hospital«, Summit Stage, Halle B4 | Stand 331


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Simon Schmidt | Telefon +49 172 5418428 | simon.schmidt@ipa.fraunhofer.de
    Dr. Werner Kraus | Telefon +49 711 970-1049 | werner.kraus@ipa.fraunhofer.de


    Weitere Informationen:

    https://www.ipa.fraunhofer.de/de/veranstaltungen-messen/messen/automatica.html: Übersicht über den Messeauftritt sowie Tickets für Gäste


    Bilder

    Mit dem neuen Software-Framework von »retavi« können Unternehmen ihre Maschinen, Anlagen und Abläufe hardwareunabhängig automatisieren.
    Mit dem neuen Software-Framework von »retavi« können Unternehmen ihre Maschinen, Anlagen und Abläufe ...
    Rainer Bez
    Fraunhofer IPA

    Auf dem automatischen Kollisionsprüfstand werden Cobots einmalig vermessen und so ein Kollisionsmodell erzeugt, das bei der Sicherheitsauslegung genutzt werden kann.
    Auf dem automatischen Kollisionsprüfstand werden Cobots einmalig vermessen und so ein Kollisionsmode ...
    Rainer Bez
    Fraunhofer IPA


    Anhang
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler
    Maschinenbau
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Forschungs- / Wissenstransfer
    Deutsch


     

    Mit dem neuen Software-Framework von »retavi« können Unternehmen ihre Maschinen, Anlagen und Abläufe hardwareunabhängig automatisieren.


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    Auf dem automatischen Kollisionsprüfstand werden Cobots einmalig vermessen und so ein Kollisionsmodell erzeugt, das bei der Sicherheitsauslegung genutzt werden kann.


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