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05.06.2025 09:01

Tag der Organspende: Neue minimalinvasive Zelltherapie nutzt eine Hornhaut für viele Patient*innen

Kerstin Ullrich Pressestelle
Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft

    Noch immer warten Menschen in Deutschland bis zu einem Jahr auf eine Hornhautspende, um wieder sehen zu können. Jetzt gibt es Hoffnung: Bietet eine neue Zelltherapie aus Japan einen Ausweg aus dem Spendermangel? Professor Dr. med. Claus Cursiefen, Generalsekretär der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft e.V. (DOG), ordnet die Innovation ein und ruft anlässlich des Tags der Organspende auf, über die eigene Spendenbereitschaft nachzudenken.

    In Japan ist seit kurzem die erste allogene Zelltherapie für Erkrankungen der Hornhaut auf dem Markt. Sie richtet sich an Patientinnen und Patienten mit bullöser Keratopathie oder Fuchs-Hornhautdystrophie, bei denen die innerste Zellschicht der Hornhaut zugrunde geht und das Sehvermögen dramatisch abnimmt. Für die Therapie werden gesunde Endothelzellen aus einer gespendeten Hornhaut entnommen und im Labor vermehrt. Das Besondere daran: Dank eines speziellen Herstellungsverfahrens können aus einer einzigen Spenderhornhaut genug Zellen für mehr als 100 Behandlungen gewonnen werden.

    Studien belegen langfristige Wirksamkeit
    Nachdem die gewonnenen Zellen ins Auge injiziert worden sind, ersetzen sie gezielt die geschädigte Endothelschicht. Innerhalb relativ kurzer Zeit sorgen die transplantierten Zellen dafür, dass sich die trübe Hornhaut wieder aufklart – die Sehkraft kehrt zurück. „Die Methode funktioniert gut, wie erste Studien belegen“, sagt Cursiefen, der auch als Direktor des Zentrums für Augenheilkunde an der Universität Köln tätig ist. „Das Verfahren könnte das Spendermangel-Problem lösen – ein Meilenstein in der regenerativen Augenheilkunde“, fügt der Hornhautexperte hinzu. Bisher wurde die bullöse Keratopathie durch eine Hornhauttransplantation mit einem Spendergewebe pro Patient oder Patientin behandelt.

    Warum die Methode in Asien entstand
    Der Mangel an Spenderhornhäuten, unter dem auch Japan leidet, hat die Entwicklung der Zelltherapie dort vorangetrieben. Ein weiterer Grund, der den Innovationsschub erklärt, liegt in den anatomischen Besonderheiten asiatischer Augen – sie haben im Durchschnitt eine kleinere Vorderkammer und eine steilere Hornhautkrümmung als europäische Augen. Das erschwert die Durchführung der in Europa und in den USA etablierten minimalinvasiven DMEK-Transplantation (Descemet Membrane Endothelial Keratoplasty). „Die Zelltherapie ähnelt der DMEK, ist aber weniger abhängig von der Anatomie des Auges, was sie für asiatische Augen besonders attraktiv macht“, sagt Cursiefen. Auch die US-amerikanische Zulassungsbehörde FDA hat der Zelltherapie bereits den Status einer „Breakthrough Therapy“ verliehen, eine Art Schnellticket, das den Prozess für vielversprechende medizinische Innovationen beschleunigt.

    DMEK bleibt Goldstandard in Europa – vorerst
    In Europa hingegen wird die Methode bislang noch mit Zurückhaltung betrachtet. „Das Verfahren kann prinzipiell auch bei uns funktionieren“, sagt Cursiefen. „Allerdings fehlt uns in Deutschland noch die klinische Erfahrung damit.“ Darüber hinaus gilt hierzulande die DMEK als Goldstandard. „Die DMEK ist in Deutschland etabliert, sicher und äußerst erfolgreich, was die Ergebnisse angeht“, so Cursiefen. In Japan gibt es nur wenige Augenchirurgen und -chirurginnen, die eine DMEK durchführen. Deshalb übernehmen die Krankenkassen dort für ausgewiesene Zentren die hohen Behandlungskosten der Zelltherapie.

    Entwicklung mit großem Potenzial
    Aber auch wenn die japanische Zelltherapie bislang nicht in Deutschland angewendet wird, sieht die DOG in dem neuen Ansatz großes Potenzial. „Die Methode ist hochgradig innovativ,“ resümiert der DOG-Generalsekretär. „Sie wäre im Prinzip ein noch schonenderes Verfahren – eine Art DMEK light, bei der kein Gewebestück, sondern nur noch Zellen transplantiert werden. Wir beobachten die Entwicklung mit großem Interesse.“

    Spendenbereitschaft überdenken
    Unterdessen ruft der Augenexperte dazu auf, sich mit dem Bedarf an Spenderhornhäuten in Deutschland auseinanderzusetzen. „Jeder und jede ist aufgerufen, über eine Spende nachzudenken und die Entscheidung – wie auch immer sie ausfällt – in das neue digitale Organspende-Register oder einen klassischen Spenderausweis einzutragen“, betont Cursiefen. Jährlich werden in Deutschland etwa 10.000 Hornhauttransplantationen durchgeführt.

    Hornhautentnahme sieht man äußerlich nicht
    Eine Hornhautspende ist ein unauffälliger Eingriff. „Die Gewebeentnahme ist für den Laien optisch nicht erkenntlich“, betont Cursiefen. Sie ist bis zu 72 Stunden nach dem Tod möglich, trotz hohem Alter und Vorerkrankungen wie Grauer Star, Hornhautverkrümmung, Weit- oder Kurzsichtigkeit. Ein Transplantat hält heute durchschnittlich zwanzig Jahre.

    Bei Veröffentlichung Beleg erbeten.


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft
    Deutsch


     

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