Stoffwechsel des frühesten Lebens auf der Erde rekonstruiert
Ein Team von Mikrobiologen um Prof. Dr. Dina Grohmann am Deutschen Archaeenzentrum der Universität Regensburg und dem Geologen Prof. Dr. William Orsi der LMU München hat im Labor Bedingungen nachgestellt, wie sie vor rund vier Milliarden Jahren auf der jungen Erde herrschten. Besonders im Fokus: sogenannte „Schwarze Raucher“ - hydrothermale Quellen auf dem Meeresboden. Ihre Ergebnisse, vor kurzem in der renommierten Fachzeitschrift Nature Ecology & Evolution veröffentlicht, liefern neue Hinweise auf die Ursprünge des Lebens und einem der ältesten bekannten biochemischen Wege zur Energiegewinnung.
Im Laborexperiment produzierten die Forschenden kleine Miniaturausgaben solcher „Schwarzer Raucher“ sogenannte „Chemical Gardens“. Sie simulierten dabei Reaktionen wie sie auch natürlicherweise am Meeresgrund stattfinden. Dabei reagierten Eisen und Schwefel zu Eisensulfid-Mineralen wie Mackinawit (FeS) und Greigit (Fe3S4) und es entstand auch Wasserstoffgas (H2) – eine potenzielle Energiequelle für Mikroorganismen, die Wasserstoff nutzen, um z.B. Methan zu produzieren. Dieser relativ einfache und sehr ursprüngliche Acetyl-CoA-basierte Stoffwechselweg ist bisher nur in methanogenen Archaeen nachgewiesen.
Die zentrale Frage: Reicht der in den „Chemical Gardens“ entstehende Wasserstoff aus, um das Wachstum von methanogenen Archaeen zu ermöglichen.
Um diese Frage zu beantworten, wurde das Wachstum methanogener Archaeen unter völlig sauerstofffreien Bedingungen in den „Chemical Gardens“ nachvollzogen. Die langjährige Expertise in der Kultivierung von Archaeen unter Sauerstoffausschluss am Archaeenzentrum war von entscheidender Bedeutung für den Erfolg des Projektes. Denn die methanogenen Archaeen sterben schon bei geringsten Sauerstoffmengen ab.
Dr. Robert Reichelt vom Deutschen Archaeenzentrum der Universität Regensburg und Mitautor der Studie erläutert: „Methanogene Archaeen haben nicht nur große Bedeutung bei Fragen zur Entstehung des Lebens auf unserem Planeten, sondern sind auch biotechnologisch relevant. Sie werden beispielsweise in Biogasanlagen eingesetzt, um grünes Erdgas herzustellen. Wir kultivieren und studieren diese Organismen schon seit Jahrzehnten und haben sehr gerne unsere Expertise in dieses Projekt eingebracht.“ Ganz konkret kam das Archaeon Methanocaldococcus jannaschii zum Einsatz, das aus dem Sediment hydrothermaler Schlote auf dem Meeresboden isolierte wurde und als Modellorganismus für die Methanogenese über den Acetyl-CoA-Stoffwechselweg dient.
Die Ergebnisse überraschten selbst die Forschenden: „Die Archaeen haben nicht nur einige Gene des Acetyl-CoA-Stoffwechsels überexprimiert, sondern zeigten sogar exponentielles Wachstum“, sagt Vanessa Helmbrecht, Erstautorin der Studie. „Wir hatten zu Beginn nur mit einem leichten Wachstum gerechnet, da wir keine zusätzlichen Nährstoffe, Vitamine oder Spurenmetalle zum Experiment hinzugefügt hatten.“ Die Archaeen konnten das durch die abiotische Ausfällung von Eisensulfiden entstehende Wasserstoffgas also sehr erfolgreich als Energiequelle nutzen.
Die Zellen hielten sich in den "Chemical Gardens" stets in unmittelbarer Nähe zu den Mackinawit-Partikeln auf. Das passt zum Fossilbefund, wonach einige aus der Frühzeit der Erde stammenden geologischen Lagerstätten solcher Mineralien fossile Spuren ersten mikrobiellen Lebens enthalten.
Die Forschenden schließen aus den Studienergebnissen, dass chemische Reaktionen bei der Ausfällung von Eisensulfid-Mineralen vor etwa vier Milliarden Jahren ausreichend Energie für das Überleben der allerersten Zellen erzeugt haben und damit die Grundlage für den wasserstoffabhängigen Stoffwechsel der ersten Mikroben auf der jungen Erde legten.
Fazit: Die Studie liefert starke Hinweise, dass diese Form der hydrogenen Methanogenese auf Basis des durch chemische Reaktionen entstandenen Wasserstoffs die evolutionär älteste bekannte Form der Energieerzeugung darstellt.
Bildunterschrift:
Abbildung links: Schwarzer Raucher im Miniaturformat (links). Die Spritze injiziert das sulfidische Fluid in eine eisenreiche Lösung in einem Glasfläschchen. Dadurch fällt eine schwarze Eisensulfid-Membran aus, an dem sich methanogene Archaeen anheften (Abbildung rechts, in schwarz sind die Eisensulfid-Partikel dargestellt, in blau die durch eine Färbung sichtbaren methanogenen Archaeen), und den entstehenden Wasserstoff verstoffwechseln können.
Prof. Dina Grohmann
Archaeenzentrum
Universität Regensburg
E-Mail: dina.grohmann@biologie.uni-regensburg.de
Dr. Robert Reichelt
E-Mail: robert.reichelt@biologie.uni-regensburg.de
Simulated early Earth geochemistry fuels a hydrogen-dependent primordial metabolism | Nature Ecology & Evolution
DOI: https://doi.org/10.1038/s41559-025-02676-w
Schwarzer Raucher im Miniaturformat
Vanessa Helmbrecht
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, jedermann
Biologie
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch
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