idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
05.06.2025 12:11

Neue Arbeitsgruppe „Virus Metagenomik und Evolution“

Julia Rauner Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin

    Wie begünstigen Umweltveränderungen die Entstehung neuer Viruserkrankungen?

    Hamburg, 05. Juni 2025 – Wie entdeckt man bisher unbekannte Viren? Welche Rolle spielen Umweltveränderungen bei der Ausbreitung zoonotischer Krankheitserreger – also solcher, die von Tieren auf Menschen überspringen können? Eine neue Arbeitsgruppe am Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNITM) widmet sich diesen Fragen mit einem umfassenden One-Health-Ansatz. Die Wissenschaftler:innen untersuchen die Rolle von Landschaftswandel, Klimaveränderung und Biodiversitätsverlust bei der Evolution und Verbreitung viraler Erreger.

    Viren sind allgegenwärtig – und doch weitgehend unerforscht. Die meisten zirkulieren unerkannt in Wildtieren oder Insekten und bleiben so lange unter dem Radar, bis sie beim Menschen Krankheiten verursachen. Menschliche Eingriffe in die Natur, etwa durch Abholzung, Verstädterung oder intensive Landwirtschaft, schaffen neue Schnittstellen zwischen Tier, Mensch und Umwelt – und damit neue Risiken für Infektionskrankheiten.

    Interdisziplinäre Methoden zur Virusentdeckung

    Um diese verborgenen Erreger aufzuspüren, nutzt die neue Gruppe „Virus Metagenomik und Evolution“ sogenannte metagenomische und metatranskriptomische Verfahren. Dabei wird das gesamte genetische Material aus Umwelt- und Wirtsproben untersucht, um die Vielfalt viraler Genome – das sogenannte Virom – systematisch zu erfassen. Im Fokus stehen Wildtiere, Nutztiere, Menschen und sogenannte Sentinelarten, also Arten, die empfindlich auf Umweltveränderungen reagieren und frühzeitige Hinweise geben können. Ziel ist es, bislang unbekannte Viren zu identifizieren, ihre Entwicklung nachzuvollziehen und das Risiko eines Übersprungs vom Tier auf den Menschen („Spillover“) unter realen Umweltbedingungen zu bewerten.

    Spillover-Risiken frühzeitig erkennen

    Ein besonderer Forschungsschwerpunkt liegt auf der Frage, welche ökologischen oder molekularen Faktoren es Viren ermöglichen, die Artengrenze zu überwinden. Die Wissenschaftler:innen entwickeln dazu Vorhersagemodelle, die genetische Merkmale von Viren mit ökologischen Risikofaktoren verknüpfen. Diese sollen helfen, potenziell gefährliche Erreger frühzeitig zu erkennen und Gegenmaßnahmen einzuleiten, bevor es zu Ausbrüchen kommt.

    „Wir wollen das Virom systematisch über verschiedene Wirtsarten und Ökosysteme hinweg erfassen“, sagt Arbeitsgruppenleiter Dr. Dániel Cadar. „Unser Ziel ist, besser verstehen, wie neue Viruserkrankungen entstehen; welche Rolle zum Beispiel evolutionäre Strategien wie Anpassungsmechanismen oder potenzielle Wirtswechsel spielen.“ Daraus wollen die Forschenden ableiten, wie sich künftige Epidemien oder Pandemien verhindern lassen.

    Globale Zusammenarbeit für globale Gesundheit

    Die Arbeitsgruppe ist in internationale Netzwerke eingebunden und arbeitet eng mit Partnern in Europa, Asien und Südamerika zusammen. Sie trägt damit zur globalen Forschung an Virusentdeckung, Ausbruchsüberwachung und der Entwicklung neuer Strategien für eine effektive Virus-Surveillance bei. Gleichzeitig stärkt das BNITM mit der neuen AG seine One-Health-Forschung – im Sinne der globalen und planetaren Gesundheit.

    Über das Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNITM)

    Das Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNITM) ist Deutschlands größte Einrichtung für Forschung, Versorgung und Lehre auf dem Gebiet tropentypischer und neu auftretender Infektionskrankheiten. Seit jeher werden BNITM-Forschungsschwerpunkte unter dem Aspekt der Globalen Gesundheit/One Health betrachtet sowie unter dem Aspekt der Translation – des Transfers von Grundlagenforschung in die Anwendung. Dieser Forschungsansatz spiegelt sich auch in den fünf Sektionen des Instituts wider: Pathogen (Erreger) -> Interface (Immunologie, Wirt/Erreger) -> Patient (Klinik) -> Population (Epidemiologie) -> Implementation (erfolgreiche Etablierung des Wissens).

    Aktuelle thematische Schwerpunkte bilden Malaria, hämorrhagische Fieberviren, vernachlässigte Tropenerkrankungen (NTDs), Immunologie, Epidemiologie und die Klinik tropischer Infektionen sowie die Mechanismen der Übertragung von Viren durch Stechmücken. Für den Umgang mit hochpathogenen Viren und infizierten Insekten verfügt das Institut über Laboratorien der höchsten biologischen Sicherheitsstufe (BSL4) und ein Sicherheits-Insektarium (BSL3). Die mobilen Laboratorien des BNITM stehen für die globale Ausbruchsbekämpfung hochpathogener oder hochinfektiöser Viren bereit.

    Das BNITM ist Nationales Referenzzentrum für den Nachweis aller tropischen Infektionserreger, Konsiliarlabor für Bornaviren, WHO-Kooperationszentrum für Arboviren und hämorrhagische Fieberviren, WHO-Kooperationszentrum für Verhaltensforschung zur Förderung Globaler Gesundheit und ein Institut in der Leibniz-Gemeinschaft.

    Gemeinsam mit dem ghanaischen Gesundheitsministerium und der Universität von Kumasi betreibt das BNITM ein modernes Forschungs- und Ausbildungszentrum im westafrikanischen Regenwald, das auch externen Arbeitsgruppen zur Verfügung steht. Darüber hinaus pflegt das Institut zahlreiche weitere Kooperationen in Afrika, Asien und Lateinamerika.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Dr. Dániel Cadar
    Arbeitsgruppenleiter
    AG Virus Metagenomik und Evolution
    Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin
    Tel.: +49 40 285380-840
    cadar@bnitm.de


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler, jedermann
    Biologie, Chemie, Medizin, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Forschungs- / Wissenstransfer, Organisatorisches
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).