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05.06.2025 14:15

Aminosäuren als Katalysatoren bei der Entstehung von RNA

LMU Stabsstelle Kommunikation und Presse
Ludwig-Maximilians-Universität München

    Aminosäuren halfen beim Aufbau von RNA am Ursprung des Lebens, wie eine neue Studie zeigt.

    Die Frage, wie das Leben entstanden sein könnte, ist eines der ältesten Rätsel der Wissenschaft. In einer neuen Studie hat das Labor von LMU-Professor Dieter Braun eine unerwartete Form der molekularen Zusammenarbeit zwischen den grundlegenden Bestandteilen des Lebens entdeckt. Die Forschenden fanden heraus, dass Aminosäuren – einfache, auf der frühen Erde reichlich vorhandene Moleküle – unter milden, präbiotischen Bedingungen die Polymerisation von RNA aktiv fördern können. Diese Erkenntnis stellt die lange Zeit vorherrschende Annahme einer „RNA-Welt“ am Ursprung des Lebens infrage und legt nahe, dass das Leben durch ein ausgewogeneres Zusammenspiel zwischen RNA und Aminosäuren entstanden sein könnte.

    Biopolymere, die aus verschiedenen Bausteinen bestehen, sind für lebende Systeme unverzichtbar. RNA, ein molekularer Faden aus vier Basen, bildet den Bauplan, anhand dessen Proteine aus Aminosäuren hergestellt werden. Diese Proteine wiederum treiben alle biochemischen Reaktionen in den Zellen an. „Das Leben, wie wir es heute kennen, ist eine komplexe Zusammenarbeit zweier Informationspolymere: RNA und Proteine. Die große Frage ist: Warum und wie haben sie sich zu Beginn des Lebens zusammengeschlossen, noch bevor die darwinistische molekulare Evolution begann?“, fragt Dieter Braun, Leiter der Studie.

    Ende der RNA-Welt-Hypothese?

    Die Forschenden, deren Studie nun im Fachmagazin Nature Communications veröffentlicht wurde, konnten zeigen, dass die Bildung von RNA-Molekülen in Gegenwart von Aminosäuren um das bis zu Hundertfache zunahm. Dieser Prozess wird auf eine Form der Säure-Base-Katalyse zurückgeführt, die durch die Aminogruppe der Aminosäuren angetrieben wird. Bei einem alkalischem pH-Wert liegen Aminosäuren sowohl in neutraler als auch in negativ geladener Form vor, wodurch sie Protonen in der Polymerisationsreaktion transportieren können, die RNA aus Ribonukleosid-2′,3′-cyclischen Phosphaten bildet – ein präbiologisch plausibler Ausgangspunkt.

    „Unsere Erkenntnisse schließen eine wichtige Lücke in unserem Verständnis der frühen Evolution. Bisher wussten wir, wie Proteine durch den katalytischen Mechanismus der RNA hergestellt werden, aber jetzt beginnen wir zu verstehen, wie die Bausteine von Proteinen auch zur Bildung von RNA beitragen können. Es ist eine gegenseitige Abhängigkeit zweier Kernkomponenten des Lebens, die unsere Sicht auf die molekularen Ursprünge des Lebens verändert“, sagt Saroj Rout, der Hauptautor der Studie.

    Diese katalytische Fähigkeit von Aminosäuren, selbst in ihrer einfachsten Form und ohne in komplexe Proteine eingebaut zu sein, deutet auf eine klare funktionelle Rolle bei der Verstärkung der RNA-Bildung hin. Bemerkenswert ist, dass die Reaktion bei Raumtemperatur, mit mäßiger Alkalität und niedrigen Salzkonzentrationen stattfindet – Bedingungen, die für die langfristige Stabilität und Replikation von RNA günstig sind.

    Alkalische Bedingungen wichtig für Entstehung des Lebens

    Interessanterweise unterstützt derselbe erhöhte pH-Wert, der die Aminosäure-katalysierte RNA-Synthese erleichtert, auch die RNA-Templatierung, bei der kurze RNA-Stränge den Aufbau komplementärer Sequenzen durch Ligation steuern. Dies führt zu autokatalytischen Replikationsnetzwerken, die letztlich eine solide Grundlage für die darwinistische Evolution bilden.

    Diese Ergebnisse unterstreichen laut den Forschenden die Bedeutung alkalischer Umgebungen, die in früheren Experimenten zur Entstehung des Lebens oft übersehen wurden. Ähnliche alkalische Umgebungen finden sich beispielsweise auf Vulkaninseln. „Unsere Befunde sprechen für eine Revision der RNA-Welt-Hypothese“, so Braun. „Sie zeigen, wie RNA und Aminosäuren in den frühen Stadien der Evolution zusammengearbeitet haben könnten und bringen uns der Nachbildung der ersten Schritte des Lebens im Labor näher.“


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Prof. Dr. Dieter Braun
    Fakultät für Physik und
    Center for NanoScience (CeNS)
    Ludwig-Maximilians-Universität München
    Tel.: +49 (0)89 2180-2317
    dieter.braun@lmu.de


    Originalpublikation:

    Saroj K. Rout, Sreekar Wunnava, Miroslav Krepl, Giuseppe Cassone, Judit E. Šponer, Christof B. Mast, Matthew W. Powner & Dieter Braun: Amino acids catalyse RNA formation under ambient alkaline conditions. Nature Communications 2025
    https://doi.org/10.1038/s41467-025-60359-3


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Biologie, Chemie, Geowissenschaften, Physik / Astronomie
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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