Weltweit mangelt es an einer flächendeckenden medizinischen Versorgung für Menschen in entlegenen Regionen. Forschende am Fraunhofer-Institut für Schicht- und Oberflächentechnik IST sowie am Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE haben im Projekt »PreCare« dafür eine Lösung entwickelt: Eine flexible, modulare Gesundheitsplattform, die auf Geländewagen montiert werden kann und in Südafrika und Namibia bereits im Einsatz ist. Für diese Entwicklung erhielt das Team den Preis »Innovations for a Better Future« der Fraunhofer-Zukunftsstiftung.
In schwer zugänglichen Gegenden sind Menschen medizinisch oft kaum versorgt. Der Grund ist neben der eingeschränkten Mobilität durch schlechte Wegenetze und fehlende Transportmittel auch mangelndes medizinisches Personal. In vielen afrikanischen Ländern behandelt oft nur ein Arzt oder eine Ärztin 10 000 Menschen. Zum Vergleich: In Deutschland versorgen im Schnitt 44 Ärzte oder Ärztinnen 10 000 Personen. Um dies zu verbessern, haben Forschende eine robuste Gesundheitsplattform entwickelt, die auf Ladeflächen geländegängiger Pick-ups aufgesetzt wird und auf engstem Raum die Infrastruktur für Untersuchungen bietet. Auch unwegsame Sand- und Schotterpisten sind kein Hindernis mehr. »PreCare ermöglicht medizinische Versorgung für alle und überall«, fasst Frank Neumann, Teamleiter Photo- und elektrochemische Umwelttechnik am Fraunhofer IST und Projektkoordinator, zusammen.
Medizinische Grundausstattung trifft technologische Innovation
Auf der Plattform werden elektrische Geräte, etwa die integrierte Kühlung für Medikamente, Impfstoffe und Blutproben, mit einer unabhängigen Stromversorgung über Photovoltaik und Batteriespeicher betrieben. Auch eine Trinkwasseraufbereitungsanlage befindet sich an Bord. Eine Vorrichtung, die auf diamantbeschichteten Elektroden basiert, ermöglicht unterwegs die Herstellung von Desinfektionsmitteln aus einfacher Natriumchlorid-Lösung. Für den Abgleich von Behandlungsdaten und für telemedizinische Dienste kann ein Kommunikationssystem über Satelliten- oder Mobilfunknetze integriert werden. Diagnostik, wie mobile Röntgen-, EKG- und Ultraschallgeräte, kann ergänzt werden.
Flexible Konstruktion für individuelle Bedürfnisse
»Unsere Lösung ist flexibel und modular. So können auch Menschen in technisch unterentwickelten Regionen am Fortschritt teilhaben«, erklärt Dr. Joachim Koschikowski, Gruppenleiter Wasseraufbereitung und Stofftrennung am Fraunhofer ISE. Zudem ist die mobile Gesundheitsplattform kostengünstig, da sie auf gewöhnliche Pick-ups aufgesetzt wird und schon mit einem Fahrer oder einer Fahrerin und einer medizinischen Fachkraft gut betrieben werden kann. Ricarda-Laura Sack, am Fraunhofer ISE während des Aufbaus des ersten Prototyps tätig und in Südafrika verantwortlich für Schulung und Fernwartung, erklärt: »Wichtig ist uns die einfache Bedienung und der geringe Wartungsaufwand. Ziel ist es, mit nur einer Schulung das Personal fit für den eigen-tändigen Betrieb zu machen – eine praktikable Lösung, selbst für Organisationen mit begrenztem Budget.«
Feste Verwurzelung durch lokales Netzwerk
Das Projekt zeichnet sich durch die intensive Zusammenarbeit mit zahlreichen Akteuren vor Ort aus. Der erste Prototyp wurde 2023 an eine NGO in Südafrika übergeben. Eine Förderung der Fraunhofer-Zukunftsstiftung ermöglichte anschließend die Entwicklung eines zweiten Prototyps, der nun von einer NGO in Namibia betrieben wird. Bereits frühzeitig wurden lokale Partner in der Gesundheitsvorsorge, der Forschung sowie dem Systembau und der Logistik in Subsahara-Afrika einbezogen. Herstellung, Vertrieb und Wartung übernimmt mittlerweile das im Rahmen des Projekts ausgegründete Unternehmen S Mile Solutions (Pty) Ltd – das erste Fraunhofer-Spin-off in Südafrika. »Wir wollen Hightech langfristig und niederschwellig vor Ort verfügbar machen – in Afrika für Afrika«, betont Frank Neumann.
Enormes Potenzial für weitere Anwendungen
Um die Technologie weiterzuentwickeln und noch stärker in den Alltag der Menschen zu integrieren, setzt das Team weiter auf Kooperationen vor Ort. »Das System ist universell und bietet das Potenzial, weitere technische Geräte zu integrieren«, erläutert Dr. Simone Kondruweit-Reinema, Leiterin Marketing und Kommunikation am Fraunhofer IST und zuständig für das Kommunikations- und Marketingmanagement des Projekts. Auch die Anpassung an Bereiche wie die Katastrophenhilfe oder Tiermedizin in Wildreservaten ist denkbar.
»Innovations for a Better Future« – Preis der Fraunhofer-Zukunftsstiftung
2025 vergab die Fraunhofer-Zukunftsstiftung erstmals den Preis »Innovations for a Better Future«. Sie würdigt damit ein Fraunhofer-Team, das den Transfer einer Technologie realisiert hat und zur nachhaltigen Entwicklung gemäß den UN Sustainable Development Goals (SDGs) der Vereinten Nationen beiträgt. Der mit 50 000 Euro dotierte Preis wird dank der Unterstützung von Stiftenden finanziert. Die projektbezogenen Mittel fördern die Weiterentwicklung des Projekts.
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