Von Mastodonten über urzeitliche Nashörner bis zu Riesenhirschen: Große Pflanzenfresser prägen seit Millionen von Jahren die Landschaften der Erde. Eine neue Studie unter Leitung der Universität Göteborg mit Beteiligung von Forschenden aus dem Museum für Naturkunde Berlin und Spanien zeigt nun, wie diese Giganten auf tiefgreifende Umweltveränderungen reagierten – und wie ihre Ökosysteme es dennoch schafften, stabil zu bleiben, obwohl viele Arten verschwanden.
Große Pflanzenfresser wie Elefanten oder Nashörner sind nicht nur eindrucksvolle Tiere – sie sind zentrale Ökosystemingenieure. Ihr Rückgang im Zuge des sechsten Massenaussterbens bedroht ganze Lebensräume, weil sie Landschaften formen, Artenvielfalt fördern und natürliche Kreisläufe am Laufen halten.
Das Forschungsteam, geleitet von Dr. Fernando Blanco, Gastwissenschaftler am Museum für Naturkunde Berlin, analysierte Fossildaten von über 3.000 Arten großer Pflanzenfresser aus den vergangenen 60 Millionen Jahren. „Wir stellten fest, dass diese Ökosysteme über lange Zeiträume erstaunlich stabil geblieben sind, obwohl Arten dazu kamen und andere ausstarben“, sagt Blanco, der die Forschungen im Rahmen seiner Doktorarbeit 2018 bis 2022 am Amniota Lab des Berliner Naturkundemuseums durchführte. „Zweimal in den letzten 60 Millionen Jahren war der Umweltdruck allerdings so groß, dass sich das gesamte System global neu ordnete.“
Die erste Neuordnung des Systems geschah vor etwa 21 Millionen Jahren durch die Schließung des Tethys-Meeres und die Entstehung einer Landbrücke zwischen Afrika und Eurasien, was eine massive Artenwanderung zur Folge hatte. Die Vorfahren moderner Elefanten, Hirsche, Schweine, Nashörner und vieler anderer großer Pflanzenfresser drangen in neue Lebensräume vor und veränderten dort das ökologische Gleichgewicht.
Die zweite Neuordnung des Ökosystems erfolgte vor etwa zehn Millionen Jahren durch eine weltweite Abkühlung und durch die massive Ausbreitung von Graslandschaften. Die Ausbreitung der Graslandschaften und das damit einhergehende Zurückweichen der Wälder führten zum Aufstieg von Grasfressern und zum allmählichen Verschwinden vieler waldbewohnender Arten. Dies war der Beginn eines anhaltenden Rückgangs der funktionellen Vielfalt dieser Tiere und ihrer ökologischen Rollen. Trotz dieser Verluste stellten die Forschenden fest, dass die grundlegende ökologische Struktur der Pflanzfresser-Gemeinschaften erstaunlich stabil blieb. Selbst als viele der größten Arten – wie Mammuts und riesige Nashörner – in den letzten 129.000 Jahren ausstarben, blieb das funktionelle Gerüst der Ökosysteme erhalten.
„Es ist, als würde eine Fußballmannschaft während eines Spiels die Spieler auswechseln, ohne dass sich die Aufstellung wesentlich verändert“, erklärt Dr. Ignacio A. Lazagabaster vom CENIEH (Centro National de Investigacion Sobre la Evolucion Humana, Spanien), Mitautor der Studie. „Es kamen neue Arten ins Spiel und die Gemeinschaften veränderten sich, aber die neuen Spieler erfüllten ähnliche ökologische Aufgaben – dadurch blieb die Struktur insgesamt stabil.“
Diese Widerstandskraft überstand Eiszeiten und andere Umweltkrisen bis in die Gegenwart. Die Forschenden warnen jedoch: „Unsere Ergebnisse zeigen, wie enorm anpassungsfähig Ökosysteme sein können“, so Dr. Juan L. Cantalapiedra vom spanischen MNCN (Museo Nacional de Ciencias Naturales) und Gastwissenschaftler am Museum für Naturkunde Berlin. „Aber es gibt Grenzen. Wenn wir weiterhin so massiv wie in der Gegenwart Arten und ihre ökologischen Rollen verlieren, könnten wir bald einen dritten globalen Kipppunkt erreichen – und wir Menschen tragen dazu aktiv bei.“
Die vollständige Studie wurde in Nature Communications veröffentlicht (Open Access).
https://www.nature.com/articles/s41467-025-59974-x
https://www.museumfuernaturkunde.berlin/de/museum/medien/presse/was-uns-60-milli...
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Biologie, Geowissenschaften, Umwelt / Ökologie
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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