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10.06.2025 09:00

Bio & regional: Mehr Nachhaltigkeit in Kantinen und Mensen

Florian Klebs Pressearbeit, interne Kommunikation und Social Media
Universität Hohenheim

    10 Handlungsempfehlungen für mehr bioregionale Produkte in der Gemeinschaftsverpflegung ermittelt eine Studie von Uni Hohenheim und ÖKONSULT.

    Bioregionale Produkte könnten in der Gemeinschaftsverpflegung häufiger auf den Teller kommen – wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Entscheidend sind unter anderem eine enge Zusammenarbeit der Beteiligten, politischer Wille, klare Zielvorgaben und deren Umsetzung in Vergabeverfahren. Ebenso wichtig: eine stärker pflanzenbasierte Speiseplanung und der Dialog mit den Tischgästen. Doch es gibt auch Hürden, etwa der Mangel an verfügbaren, vorverarbeiteten Produkten oder knappe Budgets. Forschende der Universität Hohenheim in Stuttgart haben diese Herausforderungen gemeinsam mit dem Beratungsunternehmen ÖKONSULT untersucht. Das Ergebnis: zehn konkrete Empfehlungen für die Praxis. Zur Studie: https://sta.uni-hohenheim.de/BioregioKantine

    Rund 15 bis 18 Millionen Menschen essen in Deutschland täglich in Kantinen und Mensen außer Haus. Damit ist die Gemeinschaftsverpflegung ein wichtiger Hebel für eine Transformation des Ernährungssystems. Das Land Baden-Württemberg hat sich vorgenommen, den Anteil bioregionaler Produkte in der Gemeinschaftsverpflegung bis 2030 auf 30 bis 40 Prozent zu steigern.

    „Es gibt inzwischen zwar eine ganze Reihe von einzelnen Best Practice-Beispielen, aber in der Breite kommt die Umsetzung nur in kleinen Schritten voran“, erläutert Dr. Birgit Hoinle vom Fachgebiet Gesellschaftliche Transformation und Landwirtschaft an der Universität Hohenheim. Zusammen mit dem Zentrum Ökologischer Landbau der Universität Hohenheim und der ÖKONSULT GbR hat sie deshalb eine Studie zu diesem Thema erstellt. Im Projekt „BioRegioKantine“ identifizierten die Beteiligten zunächst Erfolgs- und Hemmfaktoren für den Einsatz bioregionaler Produkte in der Gemeinschaftsverpflegung. „Daraus wiederum haben wir zehn konkrete Handlungsempfehlungen abgeleitet“, berichtet Dr. Hoinle.

    Für die Studie hat das Team 25 wissenschaftliche Artikel aus dem europäischen Raum sowie 17 Projektberichte im deutschsprachigen Kontext ausgewertet. Außerdem befragte es 15 Expert:innen aus Ernährungswirtschaft, Stadtverwaltungen, Biomusterregionen, Zivilgesellschaft und Wissenschaft zu ihrer Einschätzung im Hinblick auf Erfolgs- und Hemmfaktoren.

    Zehn Steckbriefe für Handlungsempfehlungen

    Die resultierenden Empfehlungen können als Bausteine für eine Transformationsstrategie dienen. „Sie umfassen regulatorische und finanzielle Instrumente sowie Maßnahmen zur Kooperation entlang der Wertschöpfungskette, zur Transformation in den Küchen und zur Bildung und Kommunikation“, fasst Andreas Greiner von ÖKONSULT zusammen. Für jede der zehn Empfehlungen hält der Ergebnisbericht einen praxisnahen Steckbrief bereit.

    1. Klare politische Zielvorgaben
    Verbindliche Ziele (z.B. über Gemeinderatsbeschlüsse) schaffen Orientierung und stärken die Akzeptanz bioregionaler Produkte. Gesetzliche Regelungen wirken effizienter als freiwillige Vereinbarungen, da Anbieter ihre Produkte danach ausrichten müssen.

    2. Bio und Regionalität in Vergabeverfahren
    Nachhaltigkeit kann über Vergabeverfahren wirkungsvoll verankert werden. Während Bio in Ausschreibungen rechtssicher integrierbar ist, gibt es nur wenige Ansatzpunkte, um Regionalität EU-regelkonform zu fördern.

    3. Frischeküchen und kommunale Eigenbetriebe fördern
    Frischeküchen und kommunale Eigenbetriebe erleichtern eine nachhaltigere Menüplanung und direkte Kooperationen mit regionalen Erzeuger:innen.

    4. Koordinationsstellen zur Vernetzung institutionalisieren
    Vom Erfahrungsaustausch zwischen den Küchen bis zum gezielten Aufbau von regionalen Wertschöpfungsketten: eine kontinuierliche Vernetzungsarbeit vor Ort ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor. Voraussetzung dafür sind dauerhaft finanzierte Stellen.

    5. Logistik- und Bündelungsstrukturen optimieren
    Logistische Hürden behindern die Verbreitung bioregionaler Produkte im Großhandel. Kleinbetriebe benötigen gebündelte Lieferwege, um Zugang zum Großhandel zu erhalten.

    6. Digitale Werkzeuge gezielt weiterentwickeln
    Digitale Plattformen können Angebot und Nachfrage bioregionaler Waren verbinden. Dafür braucht es wirtschaftlich tragfähige Modelle, breite Nutzung und eine systematische Weiterentwicklung.

    7. KMU für die Vorverarbeitung fördern
    Großküchen benötigen vorverarbeitete Produkte. Doch die mangelnde Verfügbarkeit von aufbereiteten bioregionalen Produkten gilt als zentrales Hemmnis. Gefördert werden sollten daher KMU und Start-ups in diesem Bereich – auch durch kommunale Wirtschaftsförderung.

    8. Fortbildungen und Coachings zu nachhaltiger Gemeinschaftsverpflegung
    Die Transformation in der Gemeinschaftsverpflegung braucht Wissen und Motivation. Schulungen, Beratung und Austauschformate stärken die Kompetenz der Mitarbeitenden.

    9. Küchenberufe attraktiver machen
    Derzeit besteht ein genereller Personalmangel in Großküchen. Gute Ausbildung, faire Arbeitsbedingungen und mehr Wertschätzung sind entscheidend, um Fachkräfte für die Großküche zu gewinnen und zu halten.

    10. Ernährungsumgebungen nachhaltig gestalten, Verhaltensanreize setzen (Nudging)
    Tischgäste wollen mitgenommen werden. Eine bloße Menüplan-Umstellung reicht nicht – Veränderungen müssen aktiv kommuniziert werden. Kommunikation, Storytelling und attraktive Essensräume fördern die Akzeptanz für bioregionale Gerichte – besonders bei Kindern und Jugendlichen.

    Mehr Vernetzung – und eine ganzheitliche Strategie

    Neben den Empfehlungen entwickelten die Forschenden eine Online-Plattform mit einem Akteursmapping. „Sie bietet einen strukturierten Überblick über das Themenfeld und soll den Austausch unter relevanten Akteur:innen im Bereich nachhaltiger Gemeinschaftsverpflegung fördern“, erklärt Dr. Hoinle.

    „Das Projekt zeigt deutlich: Erfolgs- und Hemmfaktoren sind eng miteinander verflochten“, betont Greiner abschließend. „Für mehr bioregionale Produkte in der Gemeinschaftsverpflegung braucht es daher eine ganzheitliche Strategie – mit klaren politischen Zielen, besserer Vernetzung und konkreter Unterstützung für die Praxis vor Ort.“

    HINTERGRUND: Projekt „Strategien für mehr bio-regionale Produkte in der Gemeinschaftsverpflegung“ (BioRegioKantine)

    Das Projekt BioRegioKantine wurde von Februar 2024 bis April 2025 vom Fachgebiet Gesellschaftliche Transformation und Landwirtschaft der Universität Hohenheim (Leitung: Prof. Dr. Claudia Bieling), dem Zentrum für Ökologischen Landbau sowie dem Beratungsunternehmen ÖKONSULT durchgeführt. Das Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg förderte es finanziell.

    Text: Elsner


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Dr. Birgit Hoinle, Universität Hohenheim, Fachgebiet Gesellschaftliche Transformation und Landwirtschaft,
    T +49 (0)711 459 24039, E birgit.hoinle@uni-hohenheim.de


    Originalpublikation:

    https://doi.org/10.5281/zenodo.15295240


    Weitere Informationen:

    http://sta.uni-hohenheim.de/BioregioKantine "Vollständige Studie und Link zum Akteursmapping"


    Bilder

    Bioregionale Produkte könnten noch stärker in die Gemeinschaftsverpflegung Einzug finden.
    Bioregionale Produkte könnten noch stärker in die Gemeinschaftsverpflegung Einzug finden.
    Jan Potente
    Universität Hohenheim


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wirtschaftsvertreter
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Tier / Land / Forst
    überregional
    Forschungs- / Wissenstransfer, Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

    Bioregionale Produkte könnten noch stärker in die Gemeinschaftsverpflegung Einzug finden.


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