Die laserbasierte Trägheitsfusion ist ein strategischer Zukunftsmarkt für die Photonik. Ihre Machbarkeit ist nachgewiesen. In Deutschland formieren sich Konsortien aus Industrie und Forschung, um die klimaneutrale und intrinsisch sichere Energiequelle zu erschließen und schlagkräftige Lieferketten zu bilden. Der Staat fördert die Entwicklung der Basistechnologien für Fusionskraftwerke mit über einer Milliarde Euro. Die Ansätze bergen über die Fusion hinaus hohes Innnovationspotenzial. Wichtige Akteure treffen sich auf der LASER 2025 zum Application Panel »Laser Fusion: Energizing Photonics Industry«. Geleitet vom Fraunhofer ILT beleuchtet es Marktpotenziale und Chancen der Fusion.
Die laserbasierte Trägheitsfusion ist auf dem Sprung aus der Grundlagenforschung in die anwendungsnahe Technologieentwicklung. Deutschland hat die Weichen gestellt, um die klimaneutrale, rund um die Uhr verfügbare Energiequelle schnellstmöglich zu erschließen. Seit die Bundesregierung im Frühjahr 2024 das Programm »Fusion 2040 – Forschung auf dem Weg zum Fusionskraftwerk« startete, haben sich 16 Konsortien mit einem Fördervolumen von 140 Millionen Euro formiert. Konzerne, Mittelständler, Start-ups, Forschungsinstitute und Hochschulen führen darin ihre Kompetenzen zusammen, um Basistechnologien für Fusionskraftwerke zu entwickeln. Es ist der Auftakt zu einer Forschungsoffensive, die Deutschland bis 2030 mit über einer Milliarde Euro fördert. Hinzu kommen private Investitionen der mitwirkenden Unternehmen. Diese kommen zum Großteil aus der photonischen Industrie und haben die Fusion als strategischen Zukunftsmarkt erkannt.
Application Panel »Laser Fusion: Energizing Photonics Industry« auf der LASER
Ein Application Panel im Rahmen der Laser World of Photonics wird dem Potenzial für die photonische Industrie auf den Grund gehen. Geleitet von Dr. Jochen Stollenwerk, dem kommissarischen Leiter des Fraunhofer-Instituts für Lasertechnik ILT in Aachen, werden führende Expertinnen und Experten aus Industrie und Wissenschaft über den Stand der Technik, Herausforderungen und photonische Lösungsansätze diskutieren. Den Impulsvortrag des Panels »Laser Fusion: Energizing Photonics Industry« hält Prof. Constantin Häfner, Vorstand für Forschung und Transfer der Fraunhofer-Gesellschaft. Er war bis Ende 2019 als Program Director for Advanced Photon Technologies am Lawrence Livermore National Laboratory in Kalifornien, USA, für die Entwicklung der weltweit leistungsfähigsten Lasersysteme verantwortlich, mit denen an der dortigen National Ignition Facility (NIF) erstmals die Zündung eines Fusionsplasmas gelang.
Seit seinem Wechsel nach Deutschland bringt Häfner seine Expertise unter anderem als Berater der Bundesregierung im Fusionsbeirat des Bundesministeriums für Forschung, Technologie und Raumfahrt (BMFTR) sowie als Leiter der Expertenkommission für die Laserfusion ein. In seinem Impulsvortrag wird er die Chancen Deutschlands und Europas im Zukunftsmarkt Laserfusion beleuchten; dies auch vor dem Hintergrund, dass deutsche Photonik-Unternehmen als Technologie- und Hardwarelieferanten eine nicht zu unterschätzende Rolle beim NIF-Bau gespielt haben.
»Der Aufbau leistungsfähiger Lieferketten in der Photonik ist die Voraussetzung für die technische und ökonomische Machbarkeit eines Fusionskraftwerks«, sagt Häfner. Auf dem Weg dahin bedürfe es noch etlicher Innovationen. Von diesen werden aufgrund der zu erwartenden Marktgröße weitreichende Transformationen im heutigen Markt für Industrielaser, Laseranwendungen und Optiken ausgehen. In Form von Spill-Over-Effekten könne sich die anlaufende Forschung und Entwicklung auch schon kurzfristig auf den Photonikmarkt auswirken.
Startschuss für den Aufbau schlagkräftiger Lieferketten
Mit der Bildung der ersten Konsortien im Programm »Fusion 2040« ist der Startschuss für die notwendige Innovationsoffensive gefallen. Die Projekte führen Akteure aus der Photonik, Optik und Materialwissenschaft und deren Kompetenzen zusammen. Dabei liegt ein Fokus auf der Entwicklung und Fertigung hocheffizienter Diodenlaser sowie robuster optischer Gläser und Kristalle. Diese werden im Dauerbetrieb kommerzieller Kraftwerke extremen Belastungen ausgesetzt sein. Ihre Aufgabe ist es, Laserpulse in hoher Frequenz auf das notwendige Energielevel zu pumpen, um ein Gemisch aus den Wasserstoff-Isotopen Deuterium und Tritium in Plasma zu wandeln und deren Fusion zu zünden. Für einen kommerziellen Betrieb müssen pro Sekunde zehn bis 20 Targets mit diesem Gemisch gezündet werden. Auch bei diesen Targets – stecknadelkopfgroße Kügelchen – und bei der ersten Reaktorwand besteht Entwicklungsbedarf. Letztere ist den bei der Fusion freigesetzten Neutronen und der thermischen Abstrahlung des über 150 Millionen Grad Celsius heißen Fusionsplasmas ausgesetzt. Entwicklungsfelder tun sich zudem beim Tritium-Kreislauf und der nach Möglichkeit additiven Fertigung von komplexen Kraftwerkskomponenten auf.
Diese Themen adressieren die Konsortien. Schon heute ist absehbar, dass besagte Spill-Over-Effekte auf die Photonik und ihre Anwenderbranchen eintreten werden. So zielt eines der Projekte auf signifikante Leistungssteigerungen von Diodenlasern bei zugleich stark reduzierten Kosten infolge vollautomatisierter Fertigung. Erreicht das Konsortium seine Zielsetzungen, dann dürften Diodenlaser branchenübergreifend transformatives – und teils disruptives Potenzial entfalten. Auch für Hochleistungsstrahlquellen und die optischen Gläser, die für Fusionskraftwerke benötigt werden, besteht Nachfrage aus anderen Märkten. Und es gibt steigenden Bedarf an Lasern, die als Secondary Sources zur Erzeugung von EUV-, Neutronen- oder Röntgenstrahlung einsetzbar sind. Sie sind unter anderem für eine kombinierte Röntgen- und Neutronen-Bildgebung gefragt. Das Verfahren soll durch die Wände verschlossener Fässer und Container hindurch optische und stoffliche Analysen des Inhalts ermöglichen. Laserstrahlquellen sind der Schlüssel, um die hierfür benötigten Teilchenbeschleuniger zu miniaturisieren und in kompakte Geräte zu integrieren.
Grundlegende Physik funktioniert – Aufbruch zur Anwendungsentwicklung
Die Entwicklung der Laserfusion selbst schreitet spätestens seit dem 5. Dezember 2022 – dem Tag des Durchbruchs in der NIF – rasant voran. Nach Einschätzung Häfners wird der zunehmende KI-Einsatz das Innovationstempo weiter erhöhen. Zur Optimierung der Experimente in der US-Versuchsanlage ist KI bereits im Einsatz: Setzte die Zündung des Fusionsplasma Ende 2022 mit 3,15 Megajoule (MJ) das 1,5-Fache der für die Zündung benötigten Laserenergie frei, so meldete die NIF Ende 2024 eine Steigerung auf 5,2 MJ – und im Mai 2025 auf 8,6 MJ. Damit setzte die Fusion 4,13 mal mehr Energie frei, als der Laser auf das Target fokussiert hatte. Die erfolgreichen Experimente belegen, dass die grundlegende Physik funktioniert. Doch ist die Anlage nicht zur Energieerzeugung, sondern für die Plasmaforschung konzipiert. In ihren 192 parallelen Strahlengängen pumpen Blitzlampen und Spezialgläser das Energielevel der Laserpulse auf das nötige Niveau. Nach jeder Zündung muss das System abkühlen, weil weder die optischen Komponenten noch das Lasersystem oder die Materialien der Brennkammer auf einen fortlaufenden Kraftwerksbetrieb ausgelegt sind.
Auf dem Weg zu kraftwerkstauglichen Konzepten und Technologien
Um die Fusionstechnologie in Kraftwerken nutzbar zu machen, braucht es ganz neue Konzepte. Deren Entwicklung hat die Bundesregierung mit dem Programm »Fusion 2040« in die Wege geleitet. Die Industriebeteiligung in den ersten Ausschreibungen war enorm. Die Entwicklung optischer, photonischer und werkstoffwissenschaftlicher Kraftwerkstechnologien hat begonnen. Bis 2030 stehen mehr als eine Milliarde Euro für die technologieoffene Forschung bereit: neben der laserbasierten Trägheitsfusion steht die Magnetfusion auf der Agenda. Die Konsortien führen Hersteller von Lasern, Optiken, Beschichtungsverfahren, zunehmend KI-gestützter Fertigungstechnik sowie aus Prüfwesen und Softwareentwicklung mit Forschungseinrichtungen zusammen, um das enorme Potenzial des photonischen Zukunftsmarktes zu heben. Das Miteinander von Industrie und Wissenschaft verbindet Wissen, Prozesse – und Lieferketten. Das schafft die Grundlage für eine kommerzielle Nutzung der Fusion. Als intrinsisch sichere Energiequelle soll sie sich neben der Wind- und Solarenergie zum verlässlichen Baustein eines vom Kohlenstoffkreislauf entkoppelten Energiesystems entwickeln.
Application Panel »Laser Fusion: Energizing Photonics Industry«
Datum: Dienstag, 24. Juni 2025
Uhrzeit: 10:30 – 12.00 Uhr
Ort: Halle A2.561
Chair:
Dr. Jochen Stollenwerk, Fraunhofer ILT
Panel, u.a. mit:
Prof. Constantin Häfner, Vorstand Forschung & Transfer, Fraunhofer-Gesellschaft
Dr. Ulrich Steegmüller, Chief Technology Officer (CTO) & Senior Vice President (SVP), ams OSRAM
Dr. Frank Nürnberg, Global Head of Sales Optics, HERAEUS Covantics
Alexander Ancsin, Managing Director (CEO), Layertec GmbH
Siemens Energy, weitere Informationen folgen
Fachlicher Kontakt
Dr. Jochen Stollenwerk
Institutsleiter (kommissarisch)
Fraunhofer-Institut für Lasertechnik ILT
Telefon +49 241 8906-411
directors-office@ilt.fraunhofer.de
Dipl.-Ing. Claudia Keibler-Willner
Wissenschaftliche Referentin der Institutsleitung
Fraunhofer-Institut für Lasertechnik ILT
Telefon +49 241 8906-550
claudia.keibler-willner@ilt.fraunhofer.de
Fraunhofer-Institut für Lasertechnik ILT
Steinbachstraße 15
52074 Aachen
www.ilt.fraunhofer.de
https://www.ilt.fraunhofer.de/
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Prof. Constantin Häfner, Vorstand für Forschung und Transfer der Fraunhofer-Gesellschaft eröffnet mi ...
Fraunhofer ILT, Aachen / Andreas Steindl.
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler
Energie, Maschinenbau, Physik / Astronomie, Umwelt / Ökologie
überregional
Buntes aus der Wissenschaft, Wissenschaftliche Tagungen
Deutsch
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