Unterschiedliche Parteipräferenzen erhöhen das Trennungsrisiko in britischen Partnerschaften
Eine aktuelle Studie der Universität Padua und des Max-Planck-Institutes für demografische Forschung (MPIDR) untersucht, ob politische Differenzen das Trennungsrisiko von Paaren im Vereinigten Königreich erhöhen. Mithilfe von Langzeitdaten fanden Forschende heraus, dass Paare mit unterschiedlichen Parteipräferenzen eine deutlich höhere Wahrscheinlichkeit haben, sich zu trennen, als Paare mit gleichen politischen Überzeugungen. Besonders hoch ist das Risiko bei Meinungsverschiedenheiten zum Brexit.
Ein Blick auf die aktuellen politischen Entwicklungen in vielen westlichen Ländern wirft die Frage auf, wie weit die gesellschaftliche Spaltung bereits fortgeschritten ist. Wie in den USA mit den Demokraten und Republikanern stehen sich im Vereinigten Königreich in einem de facto Zwei-Parteien-System die Torries und Labour gegenüber. Während diese Spaltungen sich auf der Makroebene abspielen, haben sich die Wissenschaftler Bruno Arpino (Professor an der Universität Padua, Italien) und Alessandro Di Nallo (Max-Planck-Institut für demografische Forschung) in ihrer aktuellen Studie damit beschäftigt, wie sich diese Spaltungen auf der Mikroebene in der Gesellschaft abzeichnen. Sie haben untersucht, ob die Wahrscheinlichkeit einer Trennung bei Paaren steigt, wenn beide Partner unterschiedliche politische Ansichten vertreten.
„Es gibt umfangreiche Untersuchungen darüber, was Paare dazu bringt, sich zu trennen. Dabei werden oft Faktoren wie Altersunterschiede, ethnische Zugehörigkeit oder Persönlichkeitsunterschiede genannt“, erklärt Alessandro Di Nallo. „Aber auch politische Ansichten sollten berücksichtigt werden. Dies wurde bisher noch nie untersucht. Unsere Studie füllt diese Lücke und zeigt, dass politische Präferenzen eine entscheidende Rolle für die Stabilität einer Beziehung spielen können.“
Für ihre Studie analysierten die Forscher die Trennungsraten von Paaren im Vereinigten Königreich anhand von Daten aus über dreißig Jahren, die aus der British Household Panel Study und der UK Household Longitudinal Study stammen. „Das Vereinigte Königreich ist aufgrund seines Datenreichtums der perfekte Testfall dafür. Im Rahmen der Haushaltsbefragung werden Paare jedes Jahr gefragt, welche Partei sie wählen würden und wie sie in einem Brexit-Referendum abstimmen würden. Anhand dieser beiden Fragen sowie Fragen zu politischen Präferenzen haben wir das Trennungsrisiko analysiert“, erklärt Di Nallo.
Parteipräferenzen und Trennungsrisiko
Die Analyse der Langzeitdaten zeigt, dass Paare mit denselben Parteipräferenzen deutlich seltener auseinandergehen als Paare mit unterschiedlichen politischen Überzeugungen. So liegt die jährliche Trennungsrate bei Partnern mit derselben Parteizugehörigkeit bei 0,77 %, während sie bei Paaren mit unterschiedlicher Parteizugehörigkeit bei 1,06 % liegt. Das Trennungsrisiko ist für ungleiche Paare, wie beispielsweise eine Tory-Labour-Paarung, um 38 % höher.
Auch die Meinung zum Brexit spielt eine wichtige Rolle. Paare, die sich beim Brexit einig waren – egal, ob sie für „Remain” oder „Leave” gestimmt haben –, haben eine durchschnittliche jährliche Trennungswahrscheinlichkeit von etwa 1,1 %. Bei Paaren mit unterschiedlichen Einstellungen stieg diese Wahrscheinlichkeit auf 1,8 %. Bemerkenswert ist, dass politische Differenzen einen ebenso starken Einfluss auf Beziehungen haben wie religiöse oder bildungsbezogene Unterschiede, wenn nicht sogar einen stärkeren.
Interessanterweise fand die Studie keine signifikanten Unterschiede im Trennungsrisiko zwischen den einzelnen Parteien, solange die Partner die gleichen Ansichten teilten. Demgegenüber trennen sich Paare, in denen einer oder beide Partner keiner politischen Partei angehören oder keine dezidierte Meinung zum Brexit haben, öfter. Die Forscher kommen zu dem Schluss, dass gemeinsame Grundwerte Partnerschaften stabilisieren können, während erhebliche politische Differenzen das Trennungsrisiko erhöhen.
Politische Polarisierung: Eine Herausforderung für Beziehungen und die Gesellschaft
Die Studie von Arpino und Di Nallo schließt die Lücke zwischen politischer und demografischer Forschung und zeigt, wie politische Präferenzen die Familiendynamik beeinflussen. Ihre Ergebnisse veranschaulichen, wie politische Polarisierung auf Makroebene die Stabilität von Partnerschaften auf Mikroebene beeinflusst. „Wenn Menschen mit ähnlichen politischen Ansichten Beziehungen eingehen, kann dies gesellschaftliche Spaltungen verstärken”, bemerkt Di Nallo. Die Brexit-Phase war ein Beispiel dafür: Paare mit unterschiedlichen politischen Ansichten hatten mehr Herausforderungen zu bewältigen.
„Wichtige politische Ereignisse haben erhebliche Auswirkungen auf den Familienzusammenhalt und zeigen, dass politische und soziale Einstellungen miteinander verflochten sind. So wurde beispielsweise die öffentliche Wahrnehmung gleichgeschlechtlicher Paare positiver, als die gleichgeschlechtliche Ehe in den USA legalisiert wurde. Die Politik beeinflusst die Familien, und nicht nur umgekehrt. Unabhängig davon, wie Politik gemacht wird, beeinflusst sie Werte, Familien und die Gesellschaft als Ganzes“, erklärt Di Nallo.
Alessandro Di Nallo
Wissenschaftler
Max-Planck-Institut für demografische Forschung (MPIDR)
DiNallo@demogr.mpg.de
Bruno Arpino, Alessandro Di Nallo: Sleeping With the Enemy: Partners’ Heterogamy by Political Preferences and Union Dissolution. Evidence From the United Kingdom in Demography (2025) DOI: 10.1215/00703370-11983537
https://www.demogr.mpg.de/de/news_events_6123/news_pressemitteilungen_4630/press...
Vorhergesagte Wahrscheinlichkeiten für Trennungen bei Paaren mit unterschiedlichen Parteipräferenzen
MPIDR
MPIDR
Merkmale dieser Pressemitteilung:
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überregional
Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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