Mit messbaren Daten und erzählten Geschichten zu nachhaltiger Mikroelektronik - Dr. Lutz Stobbe erhält den Forschungspreis 2025 vom Fraunhofer Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration IZM für seine richtungsweisende Forschung im Bereich nachhaltiger Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT). Ausgezeichnet wird seine Arbeit zur Ökobilanzierung von IKT-Infrastrukturen – insbesondere von Rechenzentren und Netzwerktechnologien. Gemeinsam mit seiner Arbeitsgruppe „Sustainable Networks and Computing“ entwickelt er detaillierte ökologische Bewertungsmodelle, die Umweltwirkungen über den gesamten Lebenszyklus digitaler Systeme präzise erfassen.
Eine zentrale Überzeugung steht bei Dr. Lutz Stobbes Forschung im Mittelpunkt: „Nur was messbar ist, kann verbessert werden.“ Denn um fundierte Entscheidungen zu treffen – etwa zur Reduktion von CO2-Emissionen, zum Materialeinsatz oder zur Energieeffizienz – benötigt man quantitative Daten. Genau diese Grundlagen liefert seine Forschung. Seine Modelle erfassen, zum Beispiel im Rahmen des aktuellen Projektes Green ICT@FMD, Stromverbrauch, Herstellungsaufwand, Materialien und Fertigungsprozesse mit hoher Granularität – bis hinunter auf einzelne Baugruppen oder Arbeitsschritte. Diese Datentiefe ermöglicht es, ökologische „Hotspots“ in digitalen Systemen gezielt zu identifizieren und daraus konkrete Verbesserungsstrategien abzuleiten. So können etwa neue, modulare Chipdesigns oder alternative Fertigungsansätze gezielt auf ihre Umweltwirkungen geprüft und optimiert werden – ein entscheidender Schritt in Richtung Ökodesign für Mikroelektronik.
Stobbe ist ein Quereinsteiger in der Mikroelektronik mit einzigartigem Hintergrund: Er studierte ursprünglich Japanologie. Der erste Kontakt zur Mikroelektronik kam über die Übersetzung wissenschaftlicher Texte zu bleifreier Elektronik aus dem Japanischen. Diese Tätigkeit führte ihn Ende der 1990er Jahre ans Fraunhofer IZM, wo er anfing, sich systematisch mit Umwelttechnologien auseinanderzusetzen. Was als Übersetzungsarbeit begann, entwickelte sich zu einer wissenschaftlichen Karriere. Lutz Stobbe promovierte zu Roadmapping-Aktivitäten der japanischen Elektronikindustrie – und eignete sich über Jahre tiefes technisches Wissen zur Mikroelektronik und Nachrichtentechnik, wie er sagt „on the job“, an. Gerade sein untypischer Weg hat ihn geprägt – und ist ein Grund für den Erfolg seiner Arbeit. Als Quereinsteiger bringt er einen breiteren Blick auf technologische Fragestellungen mit.
„Ich glaube daran, dass Forschung eine Geschichte erzählen muss“, sagt der Preisträger. Genau darin liegt seine besondere Stärke: Er versteht es, technische Zusammenhänge so aufzubereiten, dass sie für Entscheidungsträger:innen aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft nachvollziehbar und überzeugend sind. Es gelingt ihm komplexe, datengetriebene Forschung mit guter Kommunikation und Wirkung zu verbinden. Seine Projekte entstehen häufig nicht aus bestehenden Förderprojekten, sondern aus einer Idee für die er dann Initiative ergreift und zur Umsetzung bringt. Ein Beispiel ist ein aktuelles Projekt zur Entwicklung eines umweltfreundlichen Home-Routers mit Aluminiumgehäuse, bei dem mechanische Struktur und Antennentechnik neu gedacht wurden. Ohne konkrete Ausschreibung gestartet, wurde das Projekt inzwischen mit einem Innovationspreis in Taiwan ausgezeichnet.
Der Forscher sieht in seiner Arbeit nicht nur die Möglichkeit, technologische Entwicklung nachhaltiger zu gestalten – sondern auch die Chance, Wissen zu teilen, sich zu vernetzen und Technologien weiterzuentwickeln. Seit 2019 engagiert er sich in der sogenannten Begleitforschung, bei der sich in mehreren geförderten Projekten Wissenschaftler:innen interdisziplinär mit beispielsweise Green ICT (engl. für IKT) auseinandersetzen. Dort agiert er als Moderator, Berater und Impulsgeber, aber er sagt auch, dass ihm besonders das kontinuierliche Lernen wichtig ist: „Gerade in einem Feld wie der Mikroelektronik, das so viele Disziplinen verbindet, muss man sich ständig weiterentwickeln. Lernen ist Teil des Jobs.“
Langfristig sieht Stobbe die größte Herausforderung in der kreislaufgerechten Gestaltung digitaler Produkte. Neben der Reduktion des Energieverbrauchs rückt die Wiederverwendbarkeit, Reparierbarkeit und Recyclingfähigkeit von Elektronik immer stärker in den Fokus. Nur durch ein solches zirkuläres Denken könne die digitale Infrastruktur der Zukunft sowohl leistungsfähig als auch ökologisch verantwortbar gestaltet werden. Dr. Lutz Stobbe zeigt, dass nachhaltige Technologieentwicklung weit mehr braucht als nur Zahlen – nämlich auch Geschichten, Mut zur Initiative und den Willen, Verantwortung zu übernehmen.
Zum Preis:
Der Forschungspreis wird vom Fraunhofer IZM seit über 20 Jahren „für herausragende Forschungsleistungen auf dem Gebiet der Mikroelektronik, der Mikrosystemtechnik und des Packaging“ vergeben und würdigt neben der Forschungsleistung vor allem den Transfer in industrierelevante Entwicklungen. Dr. Lutz Stobbe erhielt den Preis am 12.06.2025 für die Themen „Ökodesign für Netzwerke, Rechenzentren und weitere IKT-Infrastruktur basierend auf technologiespezifische Vorgehensweise“.
(Text: Lotta Jahnke)
Dr. Lutz Stobbe l Environmental and Reliability Engineering l Telefon +49 30 46403-139 l Lutz.stobbe@izm.fraunhofer.de l Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration IZM lGustav-Meyer-Allee 25 l 13355 Berlin l www.izm.fraunhofer.de
https://www.izm.fraunhofer.de/de/news_events/tech_news/fraunhofer-izm-forschungs...
v.l.n.r. Dr. Nils F. Nissen; Prof. Dr. Ulrike Ganesh; Dr. Lutz Stobbe & Prof. Dr.-Ing. Martin Schnei ...
Enrica Theuke
Fraunhofer IZM
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler, jedermann
Elektrotechnik, Energie, Umwelt / Ökologie
überregional
Buntes aus der Wissenschaft, Personalia
Deutsch
v.l.n.r. Dr. Nils F. Nissen; Prof. Dr. Ulrike Ganesh; Dr. Lutz Stobbe & Prof. Dr.-Ing. Martin Schnei ...
Enrica Theuke
Fraunhofer IZM
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