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16.06.2025 14:05

Materialien: Metallorganische Gerüste mit metallischer Leitfähigkeit

Christian Könemann Stab und Strategie - Gesamtkommunikation
Karlsruher Institut für Technologie

    Metallorganische Gerüstverbindungen (MOFs) zeichnen sich durch hohe Porosität und eine anpassbare Struktur aus. Sie besitzen enormes Potenzial, etwa für Anwendungen in der Elektronik. Doch ihre geringe elektrische Leitfähigkeit schränkt ihren Einsatz stark ein. Mithilfe von KI- und robotergestützter Synthese in einem selbststeuernden Labor ist es Forschenden des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) mit Kolleginnen und Kollegen in Deutschland und Brasilien nun gelungen, eine MOF-Dünnschicht anzufertigen, die Strom leitet wie Metalle. Damit eröffnen sich in der Elektronik und der Energiespeicherung neue Möglichkeiten. Sie berichten in Materials Horizons. (DOI: 10.1039/d5mh00813a)

    MOFs (steht für: metal-organic frameworks) bestehen aus metallischen Knotenpunkten und organischen Streben. Sie lassen sich unter anderem zur Katalyse, Stofftrennung und Gasspeicherung einsetzen. Forschenden am Institut für Funktionelle Grenzflächen (IFG) und am Institut für Nanotechnologie (INT) des KIT sowie an der Universität Göttingen, der Freien Universität Berlin und der staatlichen Universität São Paulo in Brasilien ist nun ein entscheidender Durchbruch gelungen: Sie haben erstmals ein MOF in Form einer Dünnschicht hergestellt, das sich wie ein Metall verhält und eine hohe Leitfähigkeit zeigt.

    Neues Herstellungsverfahren minimiert Defekte in MOFs

    Metallische Leitfähigkeit in MOFs wurde bereits theoretisch vorhergesagt, in der Praxis jedoch bisher nur in Ausnahmefällen verwirklicht – und noch nie in der für technische Anwendungen entscheidenden Dünnschichtform. Bei dieser werden dünne Schichten des MOF auf einem Träger aufgebracht. „Die Ursache für die geringe elektrische Leitfähigkeit sind Defekte wie etwa Grenzflächen zwischen Kristalldomänen“, erklärt Professor Christof Wöll, Leiter vom IFG des KIT. „Solche Strukturfehler behindern den Elektronentransport. Mit unserem neuen Herstellungsverfahren haben wir die Dichte dieser Defekte deutlich reduziert.“

    Das internationale Forschungsteam setzte KI- und robotergestützte Synthese in einem selbststeuernden Labor ein, um Dünnschichten des MOF-Materials Cu₃(HHTP)₂ zu optimieren. Dieser Ansatz ermöglicht eine präzise Kontrolle der Kristallinität und der Domänengröße. So gelang es, in Cu₃(HHTP)₂-Dünnschichten bei Raumtemperatur Leitfähigkeiten von über 200 Siemens pro Meter zu erreichen – bei tiefen Temperaturen von minus 173,15 Grad Celsius sogar noch höhere. Dies ist ein klares Merkmal metallischen Verhaltens, das den Weg zum Einsatz von MOF-Dünnschichten in elektronischen Bauteilen ebnet.

    Optimiertes MOF ermöglicht Untersuchung ungewöhnlicher Transportphänomene

    Theoretische Untersuchungen zeigen außerdem, dass das MOF-Material Cu₃(HHTP)₂ Dirac-Kegel aufweist – spezielle elektronische Zustände, wie sie beispielsweise auch bei Graphen zu finden sind. „Damit eröffnen sich völlig neue Möglichkeiten, um ungewöhnliche Transportphänomene wie Spin-Flüssigkeiten, in denen auch bei tiefen Temperaturen die Quantenspins ungeordnet bleiben, oder das sogenannte Klein-Tunneln, das heißt die Durchtunnelung von Barrieren durch sehr schnelle Teilchen, experimentell zu untersuchen“, sagt Wöll.

    Mit ihrer Studie stellen die Forschenden somit nicht nur ein neuartiges Verfahren zur Herstellung leitfähiger MOF-Filme für den Einbau in elektronische Bauteile vor. Sie erschließen MOFs zugleich für viele neue Anwendungsfelder. „Die Kombination von automatisierter Synthese, vorausschauender Materialcharakterisierung und theoretischer Modellierung eröffnet neue Perspektiven für den Einsatz von MOFs in der Elektronik der Zukunft – von Sensorik über Quantenmaterialien bis hin zu maßgeschneiderten Funktionsmaterialien mit gezielt einstellbaren elektronischen Eigenschaften“, so Wöll. (or)

    Details zum KIT Center Materials in Technical and Life Sciences (MaTeLiS): https://www.materials.kit.edu

    Als „Die Forschungsuniversität in der Helmholtz-Gemeinschaft“ schafft und vermittelt das KIT Wissen für Gesellschaft und Umwelt. Ziel ist es, zu den globalen Herausforderungen maßgebliche Beiträge in den Feldern Energie, Mobilität und Information zu leisten. Dazu arbeiten rund 10 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf einer breiten disziplinären Basis in Natur-, Ingenieur-, Wirtschafts- sowie Geistes- und Sozialwissenschaften zusammen. Seine 22 800 Studierenden bereitet das KIT durch ein forschungsorientiertes universitäres Studium auf verantwortungsvolle Aufgaben in Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft vor. Die Innovationstätigkeit am KIT schlägt die Brücke zwischen Erkenntnis und Anwendung zum gesellschaftlichen Nutzen, wirtschaftlichen Wohlstand und Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen. Das KIT ist eine der deutschen Exzellenzuniversitäten.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Dr. Sabine Fodi, Pressereferentin, Tel.: +49 721 608-41154, E-Mail: sabine.fodi@kit.edu


    Originalpublikation:

    Originalpublikation (Open Access)
    Chatrawee Scheiger, Jonas F. Pöhls, Mersad Mostaghimi, Lena Pilz, Mariana Kozlowska, Yidong Liu, Lars Heinke, Carlos Cesar Bof Bufon, R. Thomas Weitz, Wolfgang Wenzel and Christof Wöll: Dirac-cone induced metallic conductivity in Cu₃(HHTP)₂: high-quality MOF thin films fabricated via ML-driven robotic synthesis. Materials Horizons, 2025. DOI:
    10.1039/d5mh00813a
    https://pubs.rsc.org/en/content/articlelanding/2025/mh/d5mh00813a


    Weitere Informationen:

    http://Details zum KIT Center Materials in Technical and Life Sciences (MaTeLiS): https://www.materials.kit.edu


    Bilder

    Metallische Leitfähigkeit bei MOF-Dünnschichten eröffnen neue Perspektiven in der Elektronik- und Energieforschung.
    Metallische Leitfähigkeit bei MOF-Dünnschichten eröffnen neue Perspektiven in der Elektronik- und En ...
    Quelle: Lena Pilz
    Copyright: KIT

    MOFs besitzen meist nur geringe elektrische Leitfähigkeit, vermittelt durch Elektronen-Hopping, dessen Frequenz beim Abkühlen abnimmt (rot). Spezielle, hochgeordnete MOFs zeigen echte metallische Leitung, mit steigender Leitfähigkeit beim Kühlen (grün)
    MOFs besitzen meist nur geringe elektrische Leitfähigkeit, vermittelt durch Elektronen-Hopping, dess ...
    Quelle: Lena Pilz
    Copyright: KIT


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Elektrotechnik, Energie, Werkstoffwissenschaften
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Metallische Leitfähigkeit bei MOF-Dünnschichten eröffnen neue Perspektiven in der Elektronik- und Energieforschung.


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    MOFs besitzen meist nur geringe elektrische Leitfähigkeit, vermittelt durch Elektronen-Hopping, dessen Frequenz beim Abkühlen abnimmt (rot). Spezielle, hochgeordnete MOFs zeigen echte metallische Leitung, mit steigender Leitfähigkeit beim Kühlen (grün)


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