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09.09.2004 08:56

Die mediale Inszenierung von Massakern

Charlotte Brückner-Ihl Presse, Kommunikation und Marketing
Justus-Liebig-Universität Gießen

    Gemeinsame Tagung des Gießener Graduiertenkollegs "Transnationale Medienereignisse von der Frühen Neuzeit bis zur Gegenwart" und der CNRS-Nachwuchsforschergruppe "Le massacre dans l'histoire, objet historiographique" am 23. bis 25. September 2004 in Gießen

    Das Massaker ist eine archaisch anmutende Gewaltform. Das wahllose und grausame Niedermetzeln von Wehrlosen durch eine Gruppe Bewaffneter, der kollektive Gewaltexzess als Kulminationspunkt von Kriegen und Revolten lösen Entsetzen und Ratlosigkeit aus und wollen in die Zeit übernationaler Konventionen zu Menschenrechten und der Ahndung von Kriegsverbrechen nicht passen. Dennoch hat die "Rückkehr der Marodeure" (Wolfgang Sofsky) als Charakteristikum der Kriege unserer Zeit auch das Massaker wieder zum gängigen Bestandteil gegenwärtiger Kriegspraxis erhoben. Die modernen Massenmedien konfrontieren uns mit Bildern von Massengräbern, Zeugenaussagen Überlebender und den Spuren der Gewalt am Ort des Geschehens. Oft genug jedoch haben die Täter ihre Spuren verwischt - gilt es doch, die begangenen Greuel vor den Augen der "Weltöffentlichkeit" zu verstecken und juristisch auswertbare Beweise zu vernichten.

    So scheint es auf den ersten Blick paradox, von einer medialen Inszenierung von Massakern zu sprechen. Dennoch wäre es naiv zu glauben, dass die Medien das Geschehene einfach nur dokumentierten. Je nach Art der Präsentation und Aufbereitung des Materials lassen sich unterschiedliche Wirkungen beim Publikum erzielen oder unterschiedliche Öffentlichkeiten ansprechen. Umgekehrt kann die Analyse der medialen Inszenierungsformen von Massakern Rückschlüsse auf den Umgang einer Gesellschaft mit diesem exzessiven Gewaltphänomen ermöglichen oder schlaglichtartig grundsätzliche (welt-)politische Konfliktlagen erhellen. Dies lässt sich nicht erst in der Zeit der modernen Massenmedien und der "Fernsehkriege" beobachten, sondern schon in frühneuzeitlichen Medienberichten, etwa über die Massaker der französischen Religionskriege oder die Conquista.

    Seit mehr als zwei Jahren befasst sich eine interdisziplinäre französische Nachwuchsforschergruppe in einem vom Centre national des recherches scientifiques (CNRS) geförderten Projekt mit dem Phänomen des Massakers in der Geschichte und als Gegenstand kulturwissenschaftlicher Forschung. Der Aspekt der medialen Verarbeitung von Massakern spielte dabei bisher allerdings nur eine untergeordnete Rolle.

    Die gemeinsam mit dem Gießener Graduiertenkolleg Transnationale Medienereignisse von der Frühen Neuzeit bis zur Gegenwart veranstaltete Tagung Die mediale Inszenierung von Massakern, 16. bis 21. Jahrhundert, soll diese Lücke schließen. Sie dient dazu, bestehende kulturwissenschaftliche Forschungsansätze zum Thema "Massaker" mit den spezifischen mediengeschichtlichen und -theoretischen Fragestellungen des Kollegs zu verknüpfen. Die Tagung beginnt mit einem Eröffnungsvortrag am 23. September 2004 um 18.00 Uhr im Margarethe-Bieber-Saal, Ludwigstraße 34, und wird am 24. und 25. September jeweils ab 9.00 Uhr im Uni-Gästehaus fortgesetzt.

    Kontakt:
    Ulrike Kammer
    Graduiertenkolleg "Transnationale Medienereignisse von der Frühen Neuzeit bis zur Gegenwart"
    Otto-Behaghel-Straße- 10 C
    35394 Gießen
    Tel.: 0641/99-28172
    Fax: 0641/99-28169
    E-Mail: medienereignisse@gradko.uni-giessen.de


    Weitere Informationen:

    http://www.uni-giessen.de/gkmedienereignisse


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Geschichte / Archäologie, Gesellschaft, Medien- und Kommunikationswissenschaften, Sprache / Literatur
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Wissenschaftliche Tagungen
    Deutsch


     

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