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18.06.2025 09:00

Neue Kontakte als zentrale Stütze: Studie zeigt Bedeutung sozialer Netzwerke für Schutzsuchende aus Syrien und Eritrea

Dr. Christian Fiedler Pressestelle
Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB)

    Der Aufbau von neuen sozialen Kontakten kann ein entscheidender Faktor für das Gelingen von Integration sein. Eine Studie des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB) hat am Beispiel von Schutzsuchenden aus Syrien und Eritrea untersucht, inwieweit Schutzsuchende neue Kontakte in Deutschland aufbauen.

    Etwa 975.000 Menschen aus Syrien und knapp 85.000 aus Eritrea lebten Ende 2024 in Deutschland. Die Studie hat sich auf Menschen fokussiert, die zwischen 2013 und 2019 nach Deutschland kamen und festgestellt, dass die Schutzsuchenden in großer Zahl neue soziale Kontakte aufbauen – und dass diese für ihre Integration und ihr Wohlbefinden wichtig sind. Die Ergebnisse basieren auf der repräsentativen Erhebung „Forced Migration and Transnational Family Arrangements“ (TransFAR), bei der im Sommer 2020 bundesweit 1.458 Schutzsuchende aus Syrien und Eritrea befragt wurden. Im Fokus steht die Rolle neu aufgebauter Beziehungen für emotionale und praktische Unterstützung sowie gemeinsam verbrachte Freizeit.

    Neue soziale Beziehungen als Stabilisator

    Wie aus der Studie hervorgeht, haben rund drei Viertel der Befragten innerhalb der ersten Jahre nach ihrer Ankunft neue Kontakte in Deutschland aufgebaut. Diese spielen insbesondere bei der praktischen Unterstützung eine zentrale Rolle: Fast die Hälfte derjenigen, die praktische Unterstützung leisten – z. B. bei Behördengängen oder der Jobsuche – sind Personen, die die Schutzsuchenden erst in Deutschland kennengelernt haben. Dies trifft auch auf Personen zu, mit denen sie ihre Freizeit zusammen verbringen. “Neue Kontakte stellen eine wichtige Quelle der Unterstützung dar, insbesondere bei der Bereitstellung von praktischer Hilfe“, fasst Migrationsforscherin Dr. Lenore Sauer vom BiB zusammen.
    Die neu geknüpften Kontakte bezeichnen die Befragten überwiegend als Freundinnen, Freunde oder Bekannte, die für emotionale Unterstützung und für die gemeinsame Freizeitgestaltung sehr wichtig sind. „Soziale Beziehungen können sowohl den Zugang zu relevanten Informationen erleichtern als auch wesentlich zum Wohlbefinden von Schutzsuchenden beitragen“, ergänzt Sauer. Für praktische Hilfen wiederum sind auch Personen aus der Geflüchtetenhilfe – oft aus Deutschland – wichtig: 35% der neu Kennengelernten, die praktische Unterstützung bieten, sind ehrenamtlich oder professionell Helfende.

    Familiäre Konstellationen beeinflussen Netzwerkbildung

    Ein weiteres zentrales Ergebnis der Untersuchung: Unverheiratete Schutzsuchende oder jene, die allein bzw. ohne bestehende Kontakte nach Deutschland kamen, haben deutlich häufiger neue Beziehungen aufgebaut. Wer hingegen gemeinsam mit anderen einreiste oder bereits Menschen in Deutschland kannte, verlässt sich stärker auf bestehende Bindungen. Allerdings variieren diese Unterschiede je nach Unterstützungsart: Während emotionale und freizeitbezogene Netzwerke stark vom Familienstand beeinflusst werden, sind praktische Hilfen stärker an das lokale Wissen der Helfenden gebunden, was auch neu geknüpfte Beziehungen notwendig macht.
    Obwohl sich die Migrationsverläufe von Schutzsuchenden aus Eritrea und Syrien unterscheiden, zeigen sich ähnliche Muster: „Auch wenn eritreische Schutzsuchende häufiger allein nach Deutschland kamen als syrische, sind Ehe und familiäre Begleitung unabhängig vom Herkunftsland in den ersten Jahren nach der Ankunft in Deutschland mit geringerer Netzwerkbildung verbunden“, fasst Mitautorin Dr. Elisabeth K. Kraus zusammen.

    Räume für Begegnung sind hilfreich

    Die Studienautorinnen betonen, wie wichtig es ist, die Fähigkeit von Schutzsuchenden zum Aufbau neuer Beziehungen zu fördern. Dabei können niedrigschwellige Begegnungsorte hilfreich sein. Auch die gezielte Einbindung von Ehrenamtlichen kann helfen, neue soziale Brücken zu schlagen. „Soziale Netzwerke leisten nicht nur Unterstützung im Alltag, sondern tragen wesentlich zur Integration und psychischen Stabilität von Schutzsuchenden bei“, sagt Dr. Ludovica Gambaro, ebenfalls Mitautorin der Studie. Eine vorausschauende Integrationspolitik sollte deshalb Räume für neue soziale Bindungen ermöglichen und stärken.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Dr. Lenore Sauer lenore.sauer@bib.bund.de
    Dr. Elisabeth Kraus elisabeth.kraus@bib.bund.de
    Dr. Ludovica Gambaro ludovica.gambaro@bib.bund.de


    Originalpublikation:

    Sauer, Lenore; Gambaro, Ludovica; Kraus, Elisabeth K.: Unterstützungsnetzwerke Schutzsuchender aus Syrien und Eritrea. Die Rolle neuer sozialer Beziehungen. In: BiB.Aktuell 5/2025
    https: www.bib.bund.de/Publikation/2025/BiB-Aktuell-2025-5


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    In Unterstützungsnetzwerken genannte Personen

    Copyright: Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB)


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Gesellschaft, Politik
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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