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18.06.2025 13:42

Studie zeigt: Gesundheitsempfehlungen kommen ohne Klimabezug besser an

Jonas Machner Stabsstelle Presse und Unternehmenskommunikation
Universitätsmedizin Halle

    Weniger Fleisch essen, mehr zu Fuß gehen – solche Empfehlungen sind gut für die Gesundheit und schützen gleichzeitig das Klima. Allerdings akzeptieren die meisten Patient:innen eine Gesundheitsberatung eher ohne zusätzliche Klimaargumente. Das zeigt eine Studie der Universitätsmedizin Halle und der Universität Heidelberg zur Wahrnehmung unterschiedlicher ärztlicher Beratungsszenarien vor dem Hintergrund der politischen Orientierung und der Einstellung zum Klimawandel. Die in „The Lancet Planetary Health“ veröffentlichten Ergebnisse verdeutlichen: Eine gute Kommunikationsstrategie, die individuelle Werte berücksichtigt, könnte sowohl die Gesundheit fördern als auch das Klima schützen.

    Eine ausgewogene Ernährung und regelmäßige Bewegung helfen dabei, Gesundheitsrisiken zu minimieren. Daher werden diese Themen in Arztpraxen immer wieder angesprochen. „Bei ärztlichen Beratungen zum Lebensstil lassen sich sowohl Vorteile für die individuelle Gesundheit als auch die positiven Effekte für die sogenannte planetare Gesundheit betonen. Man würde davon ausgehen, dass zusätzliche Argumente helfen, Empfehlungen für die eigene Gesundheit motivierter umzusetzen“, erklärt Prof. Dr. Eva Kantelhardt, Leiterin der AG Global Health an der Universitätsmedizin Halle und Letztautorin der Studie. Als Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe befasst sie sich auch in der Klinik regelmäßig mit der Frage, wie effektive Gesundheitskommunikation funktioniert.

    Wie reagieren Patient:innen also, wenn beide Aspekte angesprochen werden? Um dieser Frage nachzugehen, nutzten die Forschenden das Online-Panel „HeReCa“ der Universitätsmedizin Halle, das gesundheitsbezogene Meinungen in Deutschland erfasst. An der aktuellen Studie beteiligten sich fast 1.500 Personen aus fünf Bundesländern. Ihnen wurden jeweils drei Szenarien entweder zum Thema Bewegung oder Ernährung vorgestellt. Ein Szenario konzentrierte sich ausschließlich auf den persönlichen gesundheitlichen Nutzen. In einer zweiten Version des fiktiven Gesprächs ging es zusätzlich um Vorteile fürs Klima. Ein drittes Szenario wies außerdem auf gesundheitliche Risiken des Klimawandels wie Hitzewellen hin. Im Anschluss ermittelte man, welche Version am ehesten akzeptiert wurde, wie die Einstellung der Befragten zum Klimawandel ist und wie sie sich auf dem politischen Spektrum einordnen.

    Geringere Akzeptanz für Hinweis auf Win-Win-Situation

    Die ärztliche Beratung, die sich ausschließlich auf die persönliche Gesundheit bezog, erhielt mit durchschnittlich 4,09 von 5 möglichen Punkten die höchste Akzeptanz. Ratschläge, die zusätzlich Klimavorteile und -risiken erwähnten, wurden mit 3,5 Punkten bewertet und lagen damit knapp hinter dem Szenario, in dem nur der positive Effekt für das Klima erwähnt war. Dabei spielte es keine Rolle, ob die Beratung im Kontext von Ernährung oder Bewegung erfolgte.

    Die Unterschiede waren besonders ausgeprägt bei Personen, die dem Klimawandel skeptisch gegenüberstehen oder sich politisch rechts verorten. Bei diesen Gruppen führten Klimabotschaften zu einer deutlich geringeren Akzeptanz der ärztlichen Empfehlungen. Bei Personen, die sich selbst als „klimabewusst“ einschätzen oder sich politisch links verorten, gab es dagegen kaum Akzeptanzunterschiede zwischen den Szenarien.

    „Das Ziel ist es, die Bereitschaft der Patient:innen zu gesünderen Verhaltensweisen zu steigern. Richtige Gesundheitskommunikation ist sehr wichtig, besonders wenn es darum geht, bestimmte Bevölkerungsanteile zu erreichen. Es gibt jedoch bestimmte Gruppen, bei denen Klimaargumente die Akzeptanz der Beratung und damit gegebenenfalls auch die Motivation für einen gesünderen Lebensstil mindern“, so Prof. Kantelhardt. Auch eine rein gesundheitsbezogene Beratung kann Klimaziele unterstützen. Denn eine ausgewogene, überwiegend pflanzliche Ernährung und aktive Mobilität tragen automatisch zum Klimaschutz bei – unabhängig davon, ob sie aus gesundheitlichen oder klimabezogenen Gründen gewählt werden.

    „Die Inhalte der Beratung umfassten eine Ernährung mit weniger tierischen Produkten und mehr pflanzlichen Eiweißquellen sowie mehr Bewegung im Alltag durch Zu-Fuß-Gehen oder die Nutzung des Fahrrads für kurze Alltagsstrecken. Interessant ist, dass selbst Klimaskeptiker diesen Inhalt ziemlich akzeptabel fanden, wenn man nur die gesundheitlichen Vorteile dieser Verhaltensweisen in den Vordergrund gestellt hat“, erklärt Ärztin Dr. Alina Herrmann, Wissenschaftlerin am Heidelberger Institut für Global Health der Medizinischen Fakultät Heidelberg der Universität Heidelberg und Erstautorin der Studie.

    Warum Klimabotschaften doch relevant sind

    Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass es dennoch Gründe gibt, Klimabotschaften in die Gesundheitsversorgung mitaufzunehmen: „Einerseits sind Klimaaspekte legitime Argumente für die Förderung der eigenen Gesundheit, die von den meisten Menschen auch gut angenommen werden. Und obwohl die klimabezogene Beratung etwas weniger gut akzeptiert wurde, empfehlen fast genauso viele Befragte in unserer Studie die fiktive Ärztin weiter, die umfassend über Klimavorteile als auch über -risiken informiert hat, wie diejenige, deren Beratung sich nur auf Gesundheitsaspekte bezog. Durch eine individuell angepasste Kommunikation ist es möglich, sowohl die Akzeptanz als auch Klimaargumente zu berücksichtigen. Das Thema gewinnt bei den niedergelassenen Ärzt:innen, den Ärztekammern und dem Bundesgesundheitsministerium immer mehr an Bedeutung“, betont Prof. Kantelhardt.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Universitätsmedizin Halle

    AG Global Health
    Prof. Dr. med. Eva Kantelhardt
    eva.kantelhardt@medizin.uni-halle.de


    Originalpublikation:

    Herrmann A, Krippl N, Fischer H, Nieder J, Griesel S, Bärnighausen T, Schildmann J, Mikolajczyk R, Danquah I, Mezger NCS, Kantelhardt EJ. Acceptability of health-only versus climate-and-health framings in lifestyle-related climate-sensitive health counselling: results of a randomised survey experiment in Germany. Lancet Planet Health. 2025 Jun;9(6):e456-e466. https://doi.org/10.1016/s2542-5196(25)00110-x


    Weitere Informationen:

    https://www.umh.de/einrichtungen/institute/medizinische-epidemiologie-biometrie-... AG Global Health der Universitätsmedizin Halle


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, jedermann
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin, Meer / Klima
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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