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23.06.2025 09:32

Deutsche Wirtschaft geht auf Erholungskurs: IMK prognostiziert 0,2 % Wirtschaftswachstum für 2025 und 1,5 % für 2026

Rainer Jung Abt. Öffentlichkeitsarbeit
Hans-Böckler-Stiftung

    Die deutsche Wirtschaft schwenkt langsam auf einen Erholungskurs ein, der im kommenden Jahr deutlich an Fahrt gewinnt. Das deutsche Bruttoinlandsprodukt (BIP) wächst im Jahresdurchschnitt 2025 leicht um 0,2 Prozent, im Jahresdurchschnitt 2026 wird es um 1,5 Prozent zulegen. Das Wachstum ist damit im kommenden Jahr ein wenig stärker als in den USA und im Durchschnitt des Euroraums (Detaildaten unten). Hauptgründe für die Erholung sind ein anziehender Konsum der privaten Haushalte und die positiven Impulse der staatlichen Investitionen und Investitionsfördermaßnahmen. Das ergibt die neue Konjunkturprognose des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung.

    Der Außenhandel entwickelt sich hingegen weiterhin schwach, vor allem, weil die internationalen Handelskonflikte bremsen. Da der Arbeitsmarkt zeitversetzt reagiert, bringt das anziehende Wachstum noch keine positive Trendwende bei der Arbeitslosigkeit. Die Arbeitslosenquote steigt 2025 auf 6,3 Prozent im Jahresmittel und 2026 noch einmal leicht auf 6,4 Prozent. Immerhin wächst die Zahl der Erwerbstätigen nach einem minimalen Rückgang in diesem Jahr 2026 wieder – um 0,2 Prozent. Die Inflationsrate liegt laut IMK-Prognose im Jahresdurchschnitt 2025 bei 2,0 Prozent, 2026 sinkt sie auf 1,8 Prozent.

    Gegenüber seiner vorherigen Prognose vom März 2025 setzt das IMK die Wachstumserwartung beim BIP für dieses Jahr um 0,3 Prozentpunkte hoch. Für 2026 senken sie sie leicht um 0,2 Prozentpunkte. Grund für die Revisionen sind vor allem Vorzieheffekte von Exporten aufgrund der US-Zollerhöhungen. Auch die neuen Werte des IMK Konjunkturindikators unterstreichen das Bild einer zunehmenden Konjunkturerholung. Für den Zeitraum bis Ende August signalisiert der einen spürbaren Rückgang der Rezessionswahrscheinlichkeit um knapp acht Prozentpunkte auf 23,5 Prozent. „Wir sehen jetzt die Entwicklung, die wir auch schon im Frühjahr prognostiziert hatten: Die politische Unsicherheit in Deutschland ist gesunken, ebenso wie die Energiepreise, das kurbelt die Einkaufsneigung der Menschen an“, sagt Prof. Dr. Sebastian Dullien, der wissenschaftliche Direktor des IMK. „Die zunehmenden staatlichen Investitionen und Investitionsfördermaßnahmen dürften ab der zweiten Jahreshälfte die Ausrüstungs- und Bauinvestitionen stärken.“ Das IMK rechnet durch die Vorhaben der Bundesregierung in diesem Jahr mit zusätzlichen Impulsen von gut acht Milliarden Euro und 2026 von gut 40 Milliarden Euro.

    Trotz positiver Aussichten sei die wirtschaftliche Erholung aber kein Selbstläufer, betont Dullien. Als größtes Risiko macht das IMK aus, dass sich die Handelskonflikte stärker als erwartet zuspitzen, auch mit der möglichen Folge, dass die USA durch die aggressive und erratische Politik von Präsident Donald Trump in eine Rezession geraten. Auch ein längerer, möglicherweise nach den Bombardierungen von iranischen Nuklearanlagen durch die USA vom Wochenende weiter eskalierender, Konflikt im Nahen Osten ist derzeit ein hoch relevantes Risiko, weil er zu weiter steigenden und anhaltend höheren Ölpreisen führen könnte. Je nach Höhe und Dauer könnte dies das Wachstum gegenüber der Prognose deutlich dämpfen.

    Gerade mit Blick auf den privaten Konsum als absehbaren Wachstumsmotor sei daher wichtig, dass der positive Impuls im Inland nicht konterkariert werde. „Genau in die falsche Richtung führen da Forderungen nach Abbau bei der sozialen Sicherung, bei Schutzstandards im Bereich von Arbeitszeiten oder Wünsche, auf spürbare Verbesserungen beim Mindestlohn zu verzichten“, so Dullien.

    Kerndaten der Prognose (siehe auch die Tabelle in der pdf-Version dieser PM; Link unten)

    – Arbeitsmarkt –

    Die Zahl der Erwerbstätigen nimmt im Jahresdurchschnitt 2025 noch leicht ab – um 0,1 Prozent. Die Arbeitslosigkeit steigt um rund 170.000 Personen auf 2,96 Millionen im Jahresmittel, die Arbeitslosenquote liegt bei 6,3 Prozent nach 6,0 Prozent 2024. Für 2026 veranschlagen die Forschenden dann wieder eine leichte Zunahme der Erwerbstätigenzahl um jahresdurchschnittlich 0,2 Prozent. Die Arbeitslosigkeit steigt aber noch einmal marginal um gut 30.000 Personen, die Quote liegt bei 6,4 Prozent.

    – Weltwirtschaft und Außenhandel –

    Der Welthandel wächst 2025 und 2026 recht verhalten um 1,9 bzw. 2,1 Prozent. Insbesondere die Wirtschaftspolitik der USA wirkt belastend – auch auf die wirtschaftliche Entwicklung im eigenen Land. Während im Euroraum das Wachstum leicht anzieht (1,1 Prozent in diesem, 1,3 Prozent im kommenden Jahr nach 0,8 Prozent 2024), sind die Raten in den USA mit 1,3 und 1,2 Prozent leicht rückläufig und haben sich gegenüber 2024 (2,8 %) praktisch halbiert.

    Die deutschen Exporte erhalten von wichtigen Handelspartnern nur schwache Impulse, wozu auch beiträgt, dass der Euro spürbar gegenüber dem US-Dollar aufgewertet hat und dass in China gezielt Importe durch Produkte aus heimischer Herstellung ersetzt werden. Im Jahresdurchschnitt 2025 sinken die Ausfuhren trotz einer leichten Belebung im zweiten Halbjahr um 2,4 Prozent. 2026 wachsen die Exporte zwar wieder, allerdings lediglich um 0,7 Prozent im Jahresmittel. Die Importe legen 2025 um durchschnittlich 0,9 Prozent zu. 2026 steigen die Einfuhren mit der anziehenden Konjunktur in Deutschland relativ kräftig um 3,5 Prozent.

    – Investitionen –

    Die Ausrüstungsinvestitionen nehmen laut IMK-Prognose Fahrt auf, wachsen im Jahresdurchschnitt 2025 aber zunächst nur um 0,6 Prozent, weil der Jahresanfang noch unter dem Eindruck der jahrelangen Stagnationsphase stand. Ab der zweiten Jahreshälfte dürften die Unternehmen ihre Investitionstätigkeit aber verstärkt ausweiten, die vermehrten staatlichen Investitionen und die Investitionsförderung zeigen dann erste Wirkung, hinzu kommen Ausgaben für militärische Waffensysteme. 2026 zieht das Tempo dann stark an, im Jahresdurchschnitt legen die Ausrüstungsinvestitionen um 6,6 Prozent zu. Auch die Bauinvestitionen schwenken auf einen Erholungskurs ein, der sich allerdings ebenfalls erst 2026 deutlicher in der Statistik zeigt: Nach einem Wachstum um 0,5 Prozent im Jahresdurchschnitt 2025 legen die Bauinvestitionen im kommenden Jahr um durchschnittlich 3,1 Prozent zu.

    – Privater Konsum –

    Beim privaten Konsum schwindet Schritt für Schritt die Zurückhaltung, die 2024 trotz steigender Realeinkommen geprägt hatte. Für dieses Jahr erwartet das IMK bei weiter moderat zunehmenden Einkommen, noch einmal sinkender Inflation und zurückgehender Sparquote einen realen Zuwachs der privaten Konsumausgaben um 1,5 Prozent im Jahresdurchschnitt. 2026 ziehen die Ausgaben der Privathaushalte dann noch einmal spürbar stärker an – um 2,4 Prozent im Jahresmittel.

    – Inflation und öffentliche Finanzen –

    Für 2025 rechnet das IMK mit einer durchschnittlichen Teuerungsrate von 2,0 Prozent im Jahresmittel. Damit liegt die Teuerung genau beim EZB-Inflationsziel. 2026 erwarten die Ökonom*innen mit 1,8 Prozent einen Wert etwas unterhalb der Zielmarke. Bei diesem Wert sind die von der Bundesregierung angekündigten Preissenkungen im Energiebereich nicht berücksichtigt. Die Inflationsrate würde 2026 noch um knapp 0,4 Prozentpunkte niedriger ausfallen, wenn zu Jahresbeginn die geplante Senkung der Strompreise um 5 Cent/Kilowattstunde umgesetzt und zudem die Gasspeicherumlage abgeschafft würde.

    Das IMK rechnet damit, dass die Steuereinnahmen 2025 moderat und die Beitragseinnahmen der Sozialversicherungen nach den Beitragssatzanhebungen zu Jahresbeginn kräftig steigen. Unter dem Strich wachsen die öffentlichen Einnahmen in diesem Jahr etwas stärker als die Ausgaben – auch, weil die öffentlichen Investitionen erst zum Jahresende spürbar ausgeweitet werden. Das gesamtstaatliche Defizit gemessen am BIP wird daher auf 2,4 Prozent zurückgehen nach 2,7 Prozent 2024.

    Im kommenden Jahr gibt der Staat spürbar mehr Geld für Investitionen und Verteidigung aus, während der Ausgleich der kalten Progression bei der Einkommensteuer und die Sonderabschreibungen für Unternehmensinvestitionen die Einnahmeentwicklung dämpfen. Das ist der wesentliche Grund dafür, dass das Defizit 2026 auf 3,1 Prozent im Jahresdurchschnitt steigt. Damit liegt es geringfügig über der Maastricht-Grenze von 3 Prozent. Die Forschenden gehen aber nicht davon aus, dass die EU-Kommission deswegen ein Verfahren wegen eines übermäßigen Defizits einleitet. Denn Verteidigungsausnahmen sind nun in erheblichem Umfang von den europäischen Schuldenbremsen ausgenommen.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Kontakt in der Hans-Böckler-Stiftung

    Prof. Dr. Sebastian Dullien
    Wissenschaftlicher Direktor IMK
    Tel.: 0211-7778-331
    E-Mail: Sebastian-Dullien@boeckler.de

    Peter Hohlfeld
    IMK-Konjunkturexperte
    Tel.: 0211-7778-338
    E-Mail: Peter-Hohlfeld@boeckler.de

    Rainer Jung
    Leiter Pressestelle
    Tel.: 0211-7778-150
    E-Mail: Rainer-Jung@boeckler.de


    Originalpublikation:

    https://www.imk-boeckler.de/de/faust-detail.htm?produkt=HBS-009157 - Sebastian Dullien, Christian Breuer, Alexander Herzog-Stein, Peter Hohlfeld, Katja Rietzler, Sabine Stephan, Thomas Theobald, Silke Tober, Sebastian Watzka: Deutsche Wirtschaft auf Erholungskurs – Fiskalpolitik setzt Impulse. Prognose Update: Die konjunkturelle Lage in Deutschland zur Jahresmitte 2025. IMK Report Nr. 196, Juni 2025.


    Weitere Informationen:

    https://www.boeckler.de/data/pm_imk_2025_06_23.pdf - Die PM mit Tabelle (pdf)
    https://www.boeckler.de/pdf/imk_podcast_report_196.mp3 - Kernergebnisse der Prognose im Audio-Statement von IMK-Konjunkturforscher Peter Hohlfeld


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, jedermann
    Gesellschaft, Politik, Wirtschaft
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Forschungs- / Wissenstransfer
    Deutsch


     

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