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24.06.2025 09:44

Pionierin des Quanteninternets: Stephanie Wehner erhält Körber-Preis

Julian Claaßen Pressereferat
Körber-Stiftung

    Deutsche Informatikerin und frühere Hackerin erhält den mit einer Million Euro dotierten Körber-Preis für die Europäische Wissenschaft

    Hamburg, 24. Juni 2025. Die deutsche Informatikerin und Quantenphysikerin Stephanie Wehner erhält den Körber-Preis für die Europäische Wissenschaft. Die mit einer Million Euro dotierte Auszeichnung würdigt ihre wegweisende Arbeit zum Quanteninternet – einem ultraschnellen und extrem sicheren Computernetzwerk, das ganz neue Anwendungen und Rechenleistungen ermöglicht. Künftig könnten damit Daten abhörsicher übertragen werden und Anwender in Rekordzeit vernetzt gemeinsam Probleme lösen, die weit über die Grenzen des heutigen Internets hinausgehen. Die Ehrung fällt in das von den Vereinten Nationen ausgerufene Jahr der Quantenforschung zum hundertjährigen Jubiläum der Quantenmechanik.

    Wehner ist Direktorin der Europäischen Quanteninternet-Allianz
    und Professorin am QuTech-Institut der Technischen Universität Delft in den Niederlanden. Vor ihrer Forschungskarriere war sie als sogenannte „ethische Hackerin“ tätig – sie testete Computersysteme auf Sicherheitslücken, um sie besser zu schützen. Heute treibt sie den Aufbau eines Europäischen Quanteninternets maßgeblich voran. „Mein Ziel ist es, die ultimative Kommunikationsform der Natur – die Quantenkommunikation – für alle nutzbar zu machen“, erklärt Wehner.

    Ein Betriebssystem für das Quanteninternet
    Stephanie Wehners jüngster Durchbruch ist die Entwicklung von QNodeOS, des weltweit ersten Betriebssystems für Quantencomputer-Netzwerke. Bislang mussten Quanten-Anwendungen aufwendig von Spezialisten programmiert werden – für jede Hardware einzeln und ohne Möglichkeit der Vernetzung. Die Situation ähnelte der Frühzeit klassischer Computer, in der diese noch nicht durch das Internet verbunden waren und nur von Experten bedient werden konnten.

    Das von Wehners Team entwickelte Betriebssystem ändert dies grundlegend. Es erlaubt, Quantenprogramme auf verschiedenen Geräten auszuführen und miteinander zu vernetzen – und das ohne quantenphysikalisches Spezialwissen. Anders als herkömmliche Computer, die weitgehend auf ähnlicher Technik beruhen, unterscheiden sich Quantencomputer stark je nach Ansatz. Manche nutzen Atomstrukturen in Diamanten, andere arbeiten mit dem Spin von Elektronen. Ihre Funktionsweise und oft auch ihr Aussehen können kaum unterschiedlicher sein. Dank Wehner und ihrem Team ist es nun erstmals möglich, diese unterschiedlichen Systeme ohne Wissen über die zugrunde liegende Hardware zu programmieren – ein Durchbruch auf dem Weg zum Quanteninternet und ein wichtiger Beitrag zur Wettbewerbsfähigkeit Europas.

    Quantenkommunikation – sicher, schnell, grundlegend anders
    Während klassische Computer mit Bits arbeiten, die entweder den Wert 0 oder 1 haben, nutzen Quantencomputer sogenannte Qubits, die sich in einer Überlagerung – der sogenannten Superposition – aus 0 und 1 befinden können. Quantenalgorithmen nutzen diese Überlagerung, um Rechenprozesse drastisch zu beschleunigen. Bestimmte mathematische Probleme lassen sich dadurch bereits heute deutlich effizienter lösen als mit klassischen Computern.

    Zusätzlich können Qubits durch die sogenannte Verschränkung über viele Kilometer Entfernung hinweg verbunden sein. Dies ermöglicht eine absolut abhörsichere Datenübertragung: Jeder Versuch, eine Nachricht auszulesen, verändert die verschränkten Qubits und verrät damit die Präsenz eines Angreifers. In einem zukünftigen Quanteninternet könnten so sensible Daten fälschungssicher übertragen und vertrauliche Informationen verschlüsselt in der Cloud verarbeitet werden. Auch das sichere Fernsteuern von Quantenprozessoren, das nachweisbare Löschen digitaler Daten oder das Absichern digitaler Identitäten über große Distanzen wären damit möglich.

    Ein Quanteninternet für Europa
    Mit den Mitteln des Körber-Preises will Stephanie Wehner neue Anwendungen für Quanten-Netzwerke erforschen, die bereits in den nächsten fünf bis zehn Jahren in Forschung und Wirtschaft genutzt werden könnten. Im Mittelpunkt stehen dabei Probleme der Lastverteilung, des sogenannten „Load Balancing“. Dabei müssen Computer in Echtzeit entscheiden, wohin sie ihre Ressourcen lenken – beispielsweise, um Stromnetze bei Nachfragespitzen zu steuern. Quantencomputer könnten solche Entscheidungen deutlich schneller treffen als herkömmliche Systeme.

    Darüber hinaus möchte Wehner gemeinsam mit den Partnern in der Europäischen Quanteninternet-Allianz bis 2030 zwei europäische Metropolen über Hunderte von Kilometern durch ein Quantenkommunikationsnetz verbinden. So soll Europa eine Führungsrolle beim Aufbau des Quanteninternets einnehmen, während gleichzeitig neue Perspektiven für Start-Ups und digitale Geschäftsmodelle entstehen.

    „Europa ist weltweit führend in der Quantenvernetzung“, sagt Wehner und verweist auf ihr Betriebssystem QNodeOS, an dessen Entwicklung Forschungsinstitute aus den Niederlanden, Österreich und Frankreich beteiligt waren. „Europa sollte nicht nur in der Wissenschaft führend sein – es sollte auch ein starkes Ökosystem schaffen, das aus der Forschung ein nutzbares Quanteninternet macht und Wirtschaft und Gesellschaft voranbringt.“

    Die Forscherin
    Stephanie Wehner wurde 1977 in Würzburg geboren. Neben ihrem Informatik-Studium in Amsterdam arbeitete sie als „ethische Hackerin“ für die IT-Sicherheitsfirma ITSX, nachdem sie bereits vor dem Studium für den niederländischen Internetanbieter XS4ALL tätig gewesen war. Seit 2016 ist sie Antoni-van-Leeuwenhoek-Professorin am QuTech-Institut der Technischen Universität Delft in den Niederlanden. Seit 2017 leitet sie die von ihr mitbegründete Europäische Quanteninternet-Allianz (QIA). Sie ist gewähltes Mitglied der Königlich Niederländischen Akademie der Wissenschaften, Mitgründerin der weltweit größten Konferenz für Quantenkryptographie (QCRYPT) sowie des Spin-offs Delft Networks.

    Der Körber-Preis
    Der Körber-Preis für die Europäische Wissenschaft wird Stephanie Wehner am 19. September 2025 im Großen Festsaal des Hamburger Rathauses überreicht. Der mit einer Million Euro dotierte Körber-Preis zählt zu den weltweit höchstdotierten Forschungspreisen. Die Preissumme ist für Forschung und Wissenschaftskommunikation einzusetzen, zehn Prozent dürfen für persönliche Zwecke verwendet werden. Die Körber-Stiftung zeichnet mit dem Körber-Preis seit 1985 jährlich einen Forschungsdurchbruch in den Physical oder den Life Sciences in Europa aus. Prämiert werden exzellente und zukunftsweisende Forschungsansätze mit hohem Anwendungs-potenzial. Nach Verleihung des Körber-Preises erhielten bislang acht Preisträgerinnen und Preisträger den Nobelpreis.

    Die Preisverleihung bildet zugleich den Höhepunkt des Hamburg Science Summit. Die von der Körber-Stiftung und der Hamburger Wissenschaftsbehörde organisierte Konferenz bringt am 18. September europäische Spitzenkräfte aus Wissenschaft, Politik, Wirtschaft und Think-Tanks zusammen, um über die Zukunft von Wissenschaft und Innovation in Europa zu diskutieren.
    hamburg-science-summit.de


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Dr. Markus Dressel
    Programmleiter Internationale Wissenschaft

    dressel@koerber-stiftung.de
    Telefon +49 170 553 28 30


    Originalpublikation:

    https://koerber-stiftung.de/presse/mitteilungen/pionierin-des-quanteninternets-s...


    Weitere Informationen:

    http://Pressekontakt
    http://Körber-Stiftung
    http://Claudia Bestenbostel
    http://Pressereferentin
    http://Telefon: 040 – 80 81 92 227
    http://E-Mail: bestenbostel@koerber-stiftung.de


    Bilder

    Stephanie Wehner
    Stephanie Wehner

    Copyright: Marcus Gloger/Körber-Stiftung

    Stephanie Wehner
    Stephanie Wehner

    Copyright: Marcus Gloger/Körber-Stiftung


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler
    Informationstechnik, Mathematik, Medien- und Kommunikationswissenschaften, Physik / Astronomie
    überregional
    Wettbewerbe / Auszeichnungen
    Deutsch


     

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