idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
25.06.2025 08:06

Einem äußerst anpassungsfähigen Bakterium auf der Spur

Maria Schulz Pressestelle
Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie - Hans-Knöll-Institut (Leibniz-HKI)

    Untersuchungen am Erbgut von Pseudomonas syringae enthüllen einzigartige Naturstoffe

    Wie ein Bodenbakterium zur Inspirationsquelle für neue Wirkstoffe werden kann – das zeigt eine aktuelle Studie eines interdisziplinären Forschungsteams. Durch genetische Analysen des Pflanzenpathogens Pseudomonas syringae konnten neue Einblicke in dessen chemische Vielfalt gewonnen werden. Zwei neu entdeckte Naturstoff-Familien, die Syrilipamide und Secimide, schädigen besonders in Kombination. Secimide sind zudem gegen Pilze aktiv.

    Vielfalt im Genom spiegelt Anpassungsfähigkeit wider

    Pseudomonas syringae verursacht als Erreger von Pflanzenkrankheiten große Schäden in der Landwirtschaft. Gleichzeitig produziert das Bakterium eine Vielzahl biologisch aktiver Naturstoffe. Diese könnten ihm dabei helfen, sich an wechselnde Umweltbedingungen anzupassen und Konkurrenten zu verdrängen. In einer umfassenden genomischen Analyse untersuchten die Forschenden 18 repräsentative Stämme der Bakterienart und analysierten mithilfe modernster bioinformatischer Methoden deren genetisches Potential zur Bildung von Naturstoffen.

    Dabei konnten sie insgesamt 231 sogenannte Biosynthese-Gencluster identifizieren. Diese Gencluster enthalten Enzym-codierende Gene, die für die Synthese von Naturstoffen zuständig sind. Besonders häufig waren Gene für Nichtribosomale Peptidsynthetasen (NRPS) vertreten. NRPS produzieren Naturstoffe, die zum Beispiel dem Bakterium helfen, sich gegen Konkurrenten durchzusetzen und sich an seine Umwelt anzupassen.

    Naturstoffe mit besonderen Eigenschaften

    Durch eine Kombination aus bioinformatischen Analysen, chemischer Strukturbestimmung und biologischen Aktivitätstests konnten zwei neue Naturstoff-Familien identifiziert und charakterisiert werden: Syrilipamide und Secimide. Beides sind niedermolekulare Verbindungen, die von Pseudomonas syringae gebildet werden. Diese Moleküle zeigen eine bemerkenswerte Toxizität gegenüber konkurrierenden Mikroorganismen, insbesondere Pilzen und auch Amöben. Ihre selektive Wirkung könnte zukünftig gezielt für den Schutz von Pflanzen oder als Ausgangspunkt für die Entwicklung neuer bioaktiver Substanzen genutzt werden.

    Enzym SecA erweitert chemisches Repertoire

    „Wir haben zudem ein bisher unbekanntes Enzym entdeckt: SecA“, sagt Shuaibing Zhang, Erstautor der Studie. „SecA fügt Chlor-Atome an bestimmte organische Verbindungen an, wodurch die strukturelle Komplexität und Aktivität der daraus entstehenden Verbindungen erhöht wird“, ergänzt Pierre Stallforth, der Leiter des Projekts. Er ist Professor an der Universität Jena und Abteilungsleiter am Leibniz-HKI. Solche chlorierten Naturstoffe spielen eine wichtige Rolle in der Pharmaforschung und könnten in Zukunft für die Entwicklung neuer Antibiotika, Krebstherapien oder Pflanzenschutzmittel genutzt werden.

    Neue Perspektiven für die Biotechnologie

    Mit ihrer Wirkung gegen Amöben und Pilze könnten die neu entdeckten Naturstoffe sowohl für die Landwirtschaft als auch für die pharmazeutische Forschung von Interesse sein. Zunächst einmal interessierte sich das Team jedoch für die natürliche Funktion dieser Moleküle. Sie helfen Pseudomonas syringae als vielseitigem Bakterium, Pflanzenpathogen und Produzent von bioaktiven Verbindungen bei der Verteidigung gegen Fressfeinde und Konkurrenz sowie der Nischenanpassung im natürlichen Habitat. Die Bildung von mikrobiellen Konsortien in der Natur und die Funktion der daran beteiligten Signalstoffe tragen zum Verständnis der komplexen ökologischen Wechselwirkungen in unserer Umwelt bei und sind Forschungsschwerpunkt des Jenaer Exzellenzclusters „Balance of the Microverse“. An der Arbeit waren Wissenschaftler*innen des Leibniz-Instituts für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie – Hans-Knöll-Institut (Leibniz-HKI) und der Friedrich-Schiller-Universität Jena beteiligt.

    Das Projekt wurde durch die Werner Siemens-Stiftung, die Leibniz-Gemeinschaft und die Deutsche Forschungsgemeinschaft im Rahmen des Sonderforschungsbereichs ChemBioSys und des Exzellenzclusters „Balance of the Microverse“ gefördert.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Prof. Dr. Pierre Stallforth
    Paläobiotechnologie
    Abteilungsleiter

    +49 3641 532-1527
    pierre.stallforth@leibniz-hki.de


    Originalpublikation:

    Zhang S, Huang Y, Nachawati R, Huber P, Walther G, Gregor L, Vilotijević I, Stallforth P (2025) Pangenome Analysis of the Plant Pathogen Pseudomonas syringae Reveals Unique Natural Products for Niche Adaptation. Angew Chem Int Ed 64 (25), e202503679, https://doi.org/10.1002/anie.202503679


    Bilder

    Die Pangenomanalyse von Pseudomonas-syringae-Stämmen (Mitte) hat es ermöglicht, neue Verbindungen zu finden (außen).
    Die Pangenomanalyse von Pseudomonas-syringae-Stämmen (Mitte) hat es ermöglicht, neue Verbindungen zu ...

    Copyright: Luo Yu, Leibniz-HKI


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler
    Biologie, Chemie
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Die Pangenomanalyse von Pseudomonas-syringae-Stämmen (Mitte) hat es ermöglicht, neue Verbindungen zu finden (außen).


    Zum Download

    x

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).