Das IAMO Forum 2025 stand unter dem Titel „Rural Roots and Routes: Navigating Complexities of Quality of Life, Immobility, and Migration”. Auf der dreitägigen Konferenz diskutierten rund 160 Teilnehmende aus mehr als 26 Ländern einige der drängendsten Fragen, mit denen ländliche Regionen weltweit konfrontiert sind. Das Forum fand vom 18. bis 20. Juni 2025 in Halle (Saale) statt.
IAMO-Wissenschaftlerin Antje Jantsch eröffnete das IAMO Forum 2025. In ihrer Rede wies sie auf die Bedeutung des interdisziplinären Austauschs zu Themen, wie Wohlbefinden, Lebensqualität, krisenbedingte Migration, Immobilität und Politikgestaltung, hin. Zudem bot sie einen Überblick durch das Konferenzprogramm mit Plenarvorträgen zu ausgewählten Themen, wissenschaftlichen Präsentationen, einer Postersitzung, einer interaktiven politischen Podiumsdiskussion und mehreren Networking-Veranstaltungen.
Im ersten Hautvortrag sprach Talita Greyling, University of Johannesburg, Südafrika, darüber, wie Big Data und maschinelles Lernen in der Sozialwissenschaft genutzt werden können, um das Wohlbefinden zu messen. Sie stellte den Gross National Happiness.Today (GNH.today) Index vor, einen Echtzeit-Indikator des erlebten Wohlbefindens, der durch Anwendung von Modellen des maschinellen Lernens wie XGBoost und ElasticNet auf Big Data aus Google-Suchanfragen das nationale Wohlbefinden abbilde. Die Einführung von Echtzeitmessungen von Gefühlen, Stimmungen und Empfindungen der allgemeinen Bevölkerung könne ein wichtiges Instrument sein, um die emotionalen Beweggründe für Migrationsentscheidungen und ländlich geprägte Immobilität zu verstehen und darauf zu reagieren.
Im zweiten Hauptvortrag des ersten Tages berichtete Anne White, University College London School of Slavonic and East European Studies, Vereinigtes Königreich, von den Beweggründen der Wirtschaftsmigranten und -migrantinnen, sich in Kleinstädten und ländlichen Regionen niederzulassen. In ihrem Vortrag wurden die Aspekte Lebensunterhalt, Lebensstil und Ortsbindung als Prozess kombiniert, um zu veranschaulichen, wie qualitative Methoden zur Untersuchung von Ab- und Zuwanderung eingesetzt werden können. Sie präsentierte eine empirische Fallstudie über zwei polnische Kleinstädte mit starker Auswanderungstradition, in denen sich internationale Migranten und Migrantinnen niederlassen.
Im Hauptvortrag am zweiten Konferenztag widmete sich Roman Hoffmann, IIASA Population & Just Societies Program, Österreich, der Frage, wie Klimawandel, Migration und Immobilität zusammenhängen. Anhand internationaler Daten und Fallstudien zeigte er, dass klimabedingte Migration stark vom lokalen Kontext abhänge und kein einheitliches Muster bestehe. Besonders betonte er die Rolle sogenannter „trapped populations“ – also Bevölkerungsgruppen, die trotz Umweltstress immobil bleiben. Sein Plädoyer war, dass Forschung und Politik sowohl Mobilität als auch Immobilität berücksichtigen und lokale Verwundbarkeiten stärker in den Blick nehmen müssen.
In der Postersitzung präsentierten Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen ihre Forschungsarbeiten und traten in regen Austausch mit dem Publikum. Für ihre herausragenden Posterbeiträge wurden Sultan Kozhamberdiyev und Mojtaba Nikzad mit dem Best Poster Award ausgezeichnet. Kozhamberdiyev untersuchte mithilfe der Photovoice-Methode die Herausforderungen und Potenziale junger Lehrkräfte an ländlichen Schulen in Kasachstan. Nikzad analysierte anhand von Paneldaten, wie wirtschaftliche, soziale und rechtliche Faktoren die landwirtschaftliche Flächennutzung und Landflucht in ländlichen Regionen Irans beeinflussen.
Zum Abschluss des Forums diskutierten Saamah Abdallah (Hot or Cool Institute, Deutschland), Mechthild Anna Becker (Zentrum für Klima und Außenpolitik (DGAP), Deutschland), Caroline Hornstein Tomić (Ivo Pilar Institute of Social Sciences, Kroatien) und Drini Imami (Agricultural University of Tirana, Albanien) darüber, was ländliche Regionen lebenswert macht. Die Diskussion wurde von Jennifer Hauck, CoKnow Consulting, Deutschland, moderiert. Caroline Hornstein Tomić gab Einblicke in die demografische Krise Kroatiens, das in den letzten Jahren einen erheblichen Bevölkerungsverlust verzeichnet hat. Sie betonte die Bedeutung von Rückkehrprogrammen, zivilgesellschaftlicher Infrastruktur und lokalem Engagement für die Wiederbelebung ländlicher Räume. Mechthild Anna Becker hob hervor, dass migrationsbezogene Politikberatung komplexe Zusammenhänge berücksichtigen und in lokale Kontexte übersetzt werden müsse. Sie plädierte für inklusivere Entscheidungsprozesse und eine differenzierte Auseinandersetzung mit Migration und Immobilität. Saamah Abdallah präsentierte Erkenntnisse aus dem Vereinigten Königreich, wo Menschen in abgelegenen ländlichen Regionen häufig das höchste Wohlbefinden zeigen – getragen durch soziale Bindungen, Naturzugang und erschwingliches Wohnen –, warnte jedoch vor Nachhaltigkeitsrisiken, die das Leben auf dem Land in wohlhabenderen Ökonomien mit sich bringe. Drini Imami berichtete aus dem westlichen Balkan, wo die Abwanderung das soziale Gefüge gefährde. Er betonte die Rolle von Vertrauen in Institutionen, das Potenzial von Agrotourismus und die Notwendigkeit, landwirtschaftliche und alternative Einkommensquellen im ländlichen Raum zu stärken.
Die Konferenz wurde im Rahmen des Leibniz Best Minds Project RuWell organisiert und von der International Society for Quality-of-Life Studies (ISQOLS) und der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) mitorganisiert. Finanzielle Förderung erhielt die Veranstaltung von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), dem Land Sachsen-Anhalt und der Stadt Halle (Saale). Kritika Mishra und Mansoor Ahmed Koondhar erhielten ein Travel Grant und eine Mitgliedschaft der International Society for Quality-of-Life Studies (ISQOLS) zur Unterstützung ihrer Teilnahme am Forum.
Weitere Informationen finden Sie auf der Konferenzwebseite: www.iamo.de/forum/2025.
Im nächsten Jahr findet das IAMO Forum vom 17. bis 19. Juni 2026 zum Thema „Cultivating Methodological Fields, Harvesting Real-World Solutions: Advanced Methods in Agricultural Economics” in Halle (Saale) statt.
Podiumsdiskussion des IAMO Forums 2025
Quelle: Foto: Markus Scholz
Copyright: © IAMO
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Studierende, Wissenschaftler
Gesellschaft, Politik, Tier / Land / Forst, Umwelt / Ökologie, Wirtschaft
überregional
Forschungs- / Wissenstransfer, Wissenschaftliche Tagungen
Deutsch
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