Ein internationales Forschungsteam unter Würzburger Leitung hat ein weiteres Gen identifiziert, dessen funktioneller Ausfall zu Fanconi-Anämie führt.
Die Fanconi-Anämie (FA) ist eine seltene Erbkrankheit, zu deren Symptomen angeborene Fehlbildungen und fortschreitendes Knochenmarkversagen zählen. Außerdem führt sie zu einem erhöhten Krebsrisiko, besonders für Krebserkrankungen des Blutes und der Schleimhäute.
Ausgelöst wird die Erkrankung durch Mutationen in einem von bislang 22 bekannten Genen, den sogenannten FANC-Genen. Am Institut für Humangenetik der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) wurde nun ein weiteres dieser Gene identifiziert. Die Ergebnisse stellen die Forschenden in der Fachzeitschrift The Journal of Clinical Investigation vor.
Reparatur von DNA-Schäden gestört
Jeden Tag treten in jeder unserer Körperzellen zigtausende Schäden an der DNA auf, die repariert werden müssen. Das geschieht in der Regel äußerst zuverlässig und effizient. Bei Patientinnen und Patienten mit Fanconi-Anämie sind jedoch bestimmte DNA-Reparaturmechanismen, insbesondere für die Reparatur chemischer Vernetzungen des DNA-Doppelstranges, gestört. Die Folge: Fehlerhafte Reparatur, die zu Fehlfunktionen oder sogar zum Zelltod führen kann.
In einer Studie beschreibt ein von Professor Detlev Schindler koordiniertes Team von Forschenden aus Würzburg und den USA, dass eine genetische Variante des FAAP100-Gens zu FA-typischen Entwicklungsstörungen führt. „Die Variante beeinträchtigt die Funktion eines wichtigen Proteinkomplexes, der an der Reparatur von DNA-Schäden beteiligt ist“, so Dr. Reinhard Kalb, der am Institut für Humangenetik die Arbeitsgruppe Somazellgenetik leitet.
Experimente in Zell- und Tiermodellen belegten demnach, dass die entdeckte Variante, beziehungsweise ein Mangel an FAAP100, zu chromosomaler und genomischer Instabilität führt. „Auf molekularer Ebene liegt dies daran, dass FAAP100 normalerweise eine wichtige Gerüstfunktion im FA-Kernkomplex einnimmt, die durch die Mutation ausfällt, so dass bestimmte DNA-Reparaturfunktionen nicht mehr durchgeführt werden können“, erklärt Dr. Reinhard Kalb weiter.
Als Folge dieser Erkenntnisse wurde das FAAP100-Gen nun unter der Bezeichnung FANCX als dreiundzwanzigstes Gen in die Liste der krankheitsursächlichen FANC-Gene aufgenommen.
Relevanz für Patientinnen und Patienten
Erkenntnisse über die genetische Ursache der Erkrankung sind wichtig für die Diagnosestellung und damit für eine fundierte genetische Beratung sowie eine notwendige medizinische Betreuung.
Auch bei Patientinnen und Patienten mit bestimmten Verdachtsmomenten ist vor Behandlungsbeginn ein Ausschluss von Fanconi-Anämie notwendig, um eine behandlungsbedingte Gefährdung zu vermeiden.
Neben weiteren Forschungen zur Verbindung zwischen FA und erblichen Krebserkrankungen haben die Forschenden noch eine andere mögliche Folge im Blick: Die Schwere der Fehlbildungen bei FANCX-bedingter Fanconi-Anämie legt nahe, dass diese eine Rolle bei ungeklärten Fehlgeburten spielen könnte. Diese Option gelte es zukünftig weiter zu untersuchen.
Kooperationspartner und Förderungen
Neben Forschenden aus Würzburg waren vor allem Kolleginnen und Kollegen aus den USA an den Arbeiten beteiligt. Darunter Arbeitsgruppen am Laboratory of Genetics and Genomics des National Institutes on Aging in Baltimore, am Department of Biochemistry and Molecular Biology der Miller School of Medicine an der University of Miami sowie der Genomics Core and Cancer Genomics Unit am National Human Genome Research Institute, National Institutes of Health in Bethesda, Maryland.
Finanziell gefördert wurde die Arbeit in Würzburg durch den Schroeder-Kurth-Fonds sowie das Bundesministerium für Bildung und Forschung.
Dr. Reinhard Kalb, Institut für Humangenetik, Tel.: +49-931-31-84065, E-Mail: reinhard.kalb@uni-wuerzburg.de
Originalpublikation
Julia Kuehl, Yutong Xue, Fenghua Yuan, Ramanagouda Ramanagoudr-Bhojappa, Simone Pickel, Reinhard Kalb, Settara C. Chandrasekharappa, Weidong Wang, Yanbin Zhang, and Detlev Schindler: „ Genetic inactivation of FAAP100 causes Fanconi anemia due to disruption of the monoubiquitin ligase core complex” in The Journal of Clinical Investigation. DOI: 10.1172/JCI187323
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler, jedermann
Biologie, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch
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