idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
07.07.2025 09:20

Studie zur 15-Minuten-Stadt: Deutschland weiter als gedacht

Christian Schlag Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR)

    Die „15-Minuten-Stadt“, in der Alltagsziele wie Supermärkte, Kitas oder Hausärzte in maximal 15 Minuten zu Fuß oder mit dem Fahrrad erreichbar sind, ist in Deutschland deutlich verbreiteter als angenommen. Das zeigt eine vom Bundesinstitut für Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Auftrag des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) herausgegebene Studie.

    Die „15-Minuten-Stadt“, in der Alltagsziele wie Supermärkte, Kitas oder Hausärzte in maximal 15 Minuten zu Fuß oder mit dem Fahrrad erreichbar sind, ist in Deutschland deutlich verbreiteter als angenommen. Das zeigt eine vom Bundesinstitut für Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Auftrag des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) herausgegebene Studie.

    „Unsere Auswertungen zeigen, dass die 15-Minuten-Stadt vielerorts bereits Realität ist“, sagt Dr. Brigitte Adam, Projektleiterin im BBSR. „In Gemeinden, die kompakte Siedlungsstrukturen aufweisen, können wir gute Bedingungen für kurze Wege nachweisen – sowohl in Kleinstädten als auch in Mittelstädten und Großstädten.“

    Die Studie analysierte alle deutschen Kommunen nach einheitlichen Kriterien. Erfasst wurden insgesamt 24 typische Einrichtungen und Angebote des täglichen Lebens – darunter Supermärkte, Schulen, Arztpraxen, Spielplätze, Grünanlagen, Gastronomie, Schwimmbäder und Haltestellen des ÖPNV. Grundlage der Berechnungen war die Gehgeschwindigkeit eines durchschnittlichen Erwachsenen. In einem speziellen Index wurden zudem unterschiedliche Gehgeschwindigkeiten, z.B. von Älteren oder Kindern berücksichtigt. Bei wenigen Zielen, die üblicherweise seltener aufgesucht werden und so zumeist an wenigeren Standorten vorzufinden sind, wurde die durchschnittliche Geschwindigkeit mit dem Fahrrad angesetzt – etwa bei Schwimmbädern, Fachärzten oder Bibliotheken. So entstand ein präzises Bild der Naherreichbarkeit im Sinne der 15-Minuten-Stadt.

    Auch viele kleine und mittelgroße Städte schneiden gut ab

    Im Ergebnis zeigt sich: Im Durchschnitt erreichen Menschen in Deutschland rund drei Viertel dieser Einrichtungen innerhalb von 15 Minuten zu Fuß oder mit dem Fahrrad. In den am besten bewerteten Städten liegen die Ziele im Schnitt sogar nur sechs bis acht Minuten entfernt. „Es ist ein weitverbreiteter Irrtum, dass nur Großstädte oder hippe Gründerzeitviertel kurze Wege ermöglichen“, so Dr. Brigitte Adam. „Unsere Daten belegen, dass funktional durchmischte Quartiere mit kurzen Wegen auch in Großwohnsiedlungen oder Gartenstädten möglich sind.“

    Eine zentrale Erkenntnis: Von Quartieren mit guter Nahversorgung profitieren Menschen unterschiedlicher sozialer Herkunft. „Die Sorge, dass gute Erreichbarkeit automatisch zur Verdrängung einkommensschwächerer Haushalte führt, hat sich nicht bestätigt“, erklärt Adam.

    Lebensqualität steigern, Bedingungen für den Fuß- und Radverkehr verbessern

    Die 15-Minuten-Stadt ist nicht nur ein planerisches Ideal, sie bietet konkrete Antworten auf aktuelle Herausforderungen der Stadtentwicklung. Sie erleichtert den Alltag durch kurze Wege, stärkt Nachbarschaften, macht Quartiere lebendiger und verbessert die Lebensqualität für alle Menschen in der Stadt. Zudem entlastet sie die Umwelt und fördert den Klimaschutz.

    „Wenn wir wollen, dass Menschen sich im Alltag häufiger zu Fuß oder mit dem Rad fortbewegen, müssen wir die Bedingungen dafür konsequent verbessern“, betont die Forscherin. Die Studie liefert dafür praxisnahe Empfehlungen – ohne neue Gesetze und große Umbauprogramme. Entscheidend ist die Zusammenarbeit von Verkehrs- und Stadtplanung. Zu den empfohlenen Maßnahmen zählen:

    • Nachverdichtung und Nutzungsmischung in locker bebauten Wohngebieten fördern: z. B. durch Umnutzung leerstehender Gebäude oder Mischnutzung von Flächen. Voraussetzung ist die lokale Nachfrage.
    • Infrastruktur für aktive Mobilität verbessern: breitere Gehwege, sichere Radwege, weniger Barrieren, mehr Aufenthaltsqualität zu Lasten des individuellen Autoverkehrs.
    • Kommunikation stärken, zuhören und situationsgerecht konzipieren: Bürgerinnen und Bürger aktiv einbinden, Bedarfe vor Ort klären, gemeinsam Lösungen entwickeln und auf diese Weise durchaus vorhandenen Ängsten entgegentreten, die 15-Minuten-Stadt würde Mobilitätsfreiheiten ersatzlos einschränken.

    „Nicht jede Stadt braucht ein neues Leitbild“, erklärt Dr. Adam. „Aber die 15-Minuten-Stadt bietet einen klugen Orientierungsrahmen – und viele Maßnahmen lassen sich schon heute auf Basis geltenden Rechts umsetzen. Maßnahmen, die unsere Städte grüner, gesünder und lebenswerter machen.“

    Das Beratungsinstitut S&W Stadt- und Regionalforschung, das Deutsche Institut für Urbanistik (Difu) und das Forschungsbüro Scheiner haben die Studie im Auftrag des BBSR bearbeitet. Sie ist auf der Website des BBSR abrufbar.

    http://www.bbsr.bund.de/BBSR/DE/veroeffentlichungen/bbsr-online/2025/bbsr-online-027-2025.html

    Kontakt:
    Christian Schlag
    Referent Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
    Stab Direktor und Professor
    Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR)
    im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR)
    Deichmanns Aue 31–37
    53179 Bonn
    Telefon: +49 228 99 401-1484
    pressestelle.bbsr@bbr.bund.de

    ***
    Das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) berät als Ressortforschungseinrichtung die Bundesregierung bei Aufgaben der Stadt- und Raumentwicklung sowie des Wohnungs-, Immobilien- und Bauwesens.


    Bilder

    Titel der Publikation
    Titel der Publikation

    Copyright: S&W Stadt- und Regionalforschung


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, jedermann
    Bauwesen / Architektur, Gesellschaft, Umwelt / Ökologie, Verkehr / Transport
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Titel der Publikation


    Zum Download

    x

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).