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08.07.2025 13:49

Flächenpotenzial für Agri-Photovoltaik in Deutschland übertrifft Ausbauziele für Klimaschutz

Sophia Judith Bächle Kommunikation
Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE

    In mehreren Studien hat das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE das Flächenpotenzial für Agri-Photovoltaik – die Kombination von landwirtschaftlicher Nutzung mit Solarstromerzeugung für ganz Deutschland erhoben. Erstmals wurden dabei alle Arten landwirtschaftlicher Flächen betrachtet und in einem Entscheidungsprozess mit einer Vielzahl unterschiedlicher Kriterien optimale Standorte identifiziert. Bereits auf den am besten geeigneten Flächen könnten demnach 500 Gigawatt Peak Solarleistung installiert werden. Das übertrifft die Photovoltaik-Ausbauziele Deutschlands für 2040. Das Institut erhob des Weiteren das Agri-PV-Potenzial für einzelne Landkreise und Städte.

    Basis der aktuellen Studien des Fraunhofer ISE sind Geografische Informationssysteme, deren Flächendaten nach zwei Kriterienkatalogen bewertet wurden. In einem mehrstufigen Verfahren wurden die optimalen Standorte identifiziert. »Es ist die erste Studie in Deutschland, die für die Identifikation geeigneter Standorte alle Arten landwirtschaftlicher Flächen betrachtet, also Dauergrünland, Ackerfläche und Dauerkulturen wie Obstbau, Wein oder Beeren«, erklärt Studienautorin Salome Hauger. Agri-Photovoltaik, kurz Agri-PV, ermöglicht eine effiziente Doppelnutzung der landwirtschaftlichen Fläche.

    Der Kriterienkatalog berücksichtigt geografische Faktoren sowie rechtliche und behördliche Anforderungen und erfasst das regulatorische und technisch mögliche Potenzial. Er unterscheidet dabei zwei Szenarien: Szenario 1 schließt Flächen aus, die wegen harter Restriktionen wegfallen, z.B. Naturschutzgebiete. Szenario 2 schließt Flächen nach harten und weichen Restriktionen (z.B. Flora-Fauna-Schutzgebiete) aus, und ist daher das naturschutzfreundlichere. In der Potenzialanalyse ergeben sich in Szenario 1 7900 Gigawatt Peak und in Szenario 2 5600 Gigawatt Peak installierbare Photovoltaik-Kapazität – ein Vielfaches der für die Klimaneutralität Deutschlands im Jahr 2045 benötigten Menge.

    Der zweite Kriterienkatalog umfasst politisch-wirtschaftliche und agrarökonomische Eignungskriterien, um besonders geeignete Standorte zu finden. In diesem Schritt wurde betrachtet, welche Flächen besonders geeignet sind, etwa aufgrund der Solareinstrahlung, des vorhandenen Netzeinspeisepunkts oder weil Dauerkulturen wie Wein oder Obst besonders von Synergieeffekten profitieren.

    Um eine fundierte Entscheidungsgrundlage zu schaffen, führten Expertinnen und Experten aus Landwirtschaft, Wissenschaft, von Verteilnetzbetreibern und Projektierungsbüros eine Gewichtung der Kriterien durch. Im Ergebnis wurde ein Bodeneignungsindex berechnet, um die Gebiete in fünf Eignungsklassen einzuordnen, von am besten bis am wenigsten geeignet. »Ein wichtiges Ergebnis der Studie ist die Rolle des Netzausbaus: Das Fehlen von Netzanschlusspunkten ist für viele Flächen ein einschränkender Faktor«, so Salome Hauger.

    Agri-PV-Potenzial auch auf lokaler Ebene

    Nicht nur auf nationaler Ebene, sondern auch lokal lässt sich mit Hilfe von Geoinformationssystem-basierten Analysen das Potenzial für Agri-PV bis auf die einzelne Parzelle berechnen. Dazu arbeiten die Forschenden des Fraunhofer ISE mit Landkreisen zusammen und beziehen Netzdaten der lokalen Verteilnetzbetreiber mit ein.

    So untersuchte das Fraunhofer ISE im Projekt »AgriChance« die ländlichen Gebiete des Stadtstaates Hamburg. Im Rahmen von drei Szenarien wurden die identifizierten Flächen unter techno- und agrarökonomischen Gesichtspunkten klassifiziert. Demnach sind insbesondere Dauerkulturen im Alten Land und in den Vier- und Marschlanden (bis zu 620 Hektar) optimal geeignet. Auch das Potenzial für Gewächshäuser ist vielversprechend, hier könnten auf 160 Hektar bestehenden Gebäuden fast 50 Megawatt Peak installiert werden.

    In einer weiteren Studie für die Landkreise Ahrweiler und Breisgau-Hochschwarzwald berücksichtigte das Forschungsteam verschiedene Faktoren wie Raumplanungsdaten, reale Rasterdaten und Fruchtfolgen. Die Ergebnisse zeigen ein beträchtliches Potenzial für Agri-PV in beiden Landkreisen. Die am besten geeigneten Flächen können mit potenziellen Anlagen 16 beziehungsweise 12 Prozent des derzeitigen Energieverbrauchs der Landkreise erzeugen. Die Agri-PV kann somit einen wichtigen Beitrag zur Entschärfung von Landnutzungskonflikten in landwirtschaftlichen Gebieten leisten.

    »Diese Studien liefern eine solide Datengrundlage für politische Entscheidungsträger und Interessengruppen, um den Ausbau der erneuerbaren Energien zu fördern und zur Erreichung der Klimaziele beizutragen«, erklärt Anna Heimsath, Abteilungsleiterin Analyse Module und Kraftwerke am Fraunhofer ISE.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Salome Hauger salome.hauger@ise.fraunhofer.de


    Originalpublikation:

    https://doi.org/10.1016/j.rser.2025.115469


    Weitere Informationen:

    https://www.ise.fraunhofer.de/de/presse-und-medien/presseinformationen/2025/frau...


    Bilder

    Agri-PV-Anlage
    Agri-PV-Anlage

    Copyright: Fraunhofer ISE


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Energie, Tier / Land / Forst, Umwelt / Ökologie, Wirtschaft
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

    Agri-PV-Anlage


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