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09.07.2025 13:25

Wie das Mikrobiom unseren Hormonhaushalt steuert und was wir selbst für unsere Darmgesundheit tun können

Michaela Richter Pressestelle
Deutsche Diabetes Gesellschaft

    Das Darmmikrobiom übernimmt weit mehr Aufgaben als bisher gedacht: Es steuert nicht nur unsere Verdauung, sondern beeinflusst auch den Hormonhaushalt, den Blutzuckerspiegel und die Verteilung von Körperfett. Damit gewinnt es auch in der Prävention und Behandlung von Stoffwechselerkrankungen wie Adipositas und Typ-2-Diabetes zunehmend an Bedeutung. Die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) und die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) rückten das Thema in den Fokus ihrer gemeinsamen Online-Pressekonferenz am 9. Juli 2025.

    Dort erläuterte Experte Professor Dr. med. Reiner Jumpertz-von Schwartzenberg, welche Rolle das Mikrobiom im Körper aus endokrinologischer Sicht spielt und wie wir es durch unseren Lebensstil gezielt stärken können.

    Noch vor wenigen Jahren galt der Darm vor allem als Ort der Verdauung. Heute ist klar: Die mikroskopisch kleinen Mitbewohner in unserem Verdauungstrakt übernehmen wichtige Aufgaben, die weit über die Aufspaltung von Nahrung hinausgehen. Sie beeinflussen die Menge an Kalorien, die wir aus unserer Nahrung aufnehmen, und produzieren Stoffe, die wie Hormone wirken. „Das Darmmikrobiom bringt einen mehr als hundertfach größeren Genpool mit als unsere menschlichen Gene“, sagt Professor Dr. med. Reiner Jumpertz-von Schwartzenberg, Oberarzt der Abteilung Diabetologie, Endokrinologie und Nephrologie und Leiter des Klinischen Studienzentrums am Institut für Diabetesforschung und Stoffwechselkrankheiten des Helmholtz-Zentrums München am Universitätsklinikum Tübingen.

    Durch Eingriffe in den Genpool dieser Bakterien ist es zum Beispiel möglich, Proteine herzustellen, die unserem Körperhormon GLP-1 ähneln – einem durch die sogenannte Abnehmspritze bekannt gewordenen Hormon, das für den Blutzuckerspiegel und das Sättigungsgefühl eine wichtige Rolle spielt. Medikamente mit synthetischem GLP-1 kommen bereits erfolgreich bei Diabetes und Übergewicht zum Einsatz. „Wenn wir lernen, diese Bakterien gezielt zu aktivieren oder zu verändern, eröffnen sich ganz neue therapeutische Möglichkeiten bei Adipositas und Typ-2-Diabetes“, so der Experte aus Tübingen.

    Auch die Bildung von Sexualhormonen und Stresshormonen wie Cortisol kann durch das Mikrobiom beeinflusst werden. Bestimmte Darmbakterien enthalten Gene für die sogenannte Steroidbiogenese, also die Herstellung von Steroidhormonen. Diese wiederum steuern viele Stoffwechselprozesse und können unter anderem die Fettverteilung im Körper beeinflussen. „Wir sehen zudem, dass ein verändertes Mikrobiom mit dem viszeralen Fett, also Bauchfett, zusammenhängt“, erklärt Jumpertz-von Schwartzenberg. Dieses Fettgewebe gilt als besonders ungünstig, da es Entzündungsprozesse im Körper fördert und unter anderem das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöht.

    Das Mikrobiom könnte für die Medizin der Zukunft eine Schlüsselrolle spielen
    Die Erkenntnisse aus der Mikrobiomforschung eröffnen neue Möglichkeiten für die Therapie – etwa durch genetisch veränderte Bakterien, die gezielt nützliche Hormone produzieren. „Wir stehen hier erst am Anfang, aber das Potenzial ist enorm“, betont der Experte. Auch durch Ernährung lässt sich das Mikrobiom verändern: „Schon eine kalorienreduzierte Diät kann innerhalb kurzer Zeit messbare Effekte auf die Zusammensetzung der Darmflora haben.“

    Für mehr Gesundheit: das eigene Mikrobiom gezielt pflegen
    Auch die eigene Lebensweise spielt eine entscheidende Rolle für ein gesundes Mikrobiom. Wer sich abwechslungsreich ernährt, Ballaststoffe in den Speiseplan integriert und Stress vermeidet, kann seine Darmflora positiv beeinflussen. „Das Ziel ist ein vielfältiges Mikrobiom, das gut balanciert ist und viele Aufgaben übernimmt, von der Nahrungsabsorption bis zum Schutz vor pathogenen Keimen“, betont Jumpertz-von Schwartzenberg.

    So stärken Sie Ihr Mikrobiom
    • Ballaststoffreich essen: Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte, Gemüse und Obst liefern „Futter“ für gute Darmbakterien.
    • Fermentierte Lebensmittel wählen: Joghurt, Kefir, Sauerkraut oder Kimchi enthalten lebende Milchsäurebakterien.
    • Zucker und Weißmehl reduzieren: Sie fördern ungünstige Bakterienarten.
    • Kurzfristig Kalorien reduzieren: Bei Übergewicht kann eine zeitweise kalorienärmere Ernährung das Mikrobiom günstig beeinflussen.
    • Stress vermeiden: Dauerstress kann die Darmflora aus dem Gleichgewicht bringen.
    • Bewegung einbauen: Körperliche Aktivität unterstützt eine gesunde Bakterienvielfalt.

    Die Pressemappe und den Mitschnitt der Pressekonferenz finden Sie auf der Website der DDG unter https://www.ddg.info/pressekonferenzen/gemeinsame-pressekonferenz-der-deutschen-....

    Interessenkonflikte:
    Professor Dr. med. Reiner Jumpertz-von Schwartzenberg gibt an, dass keine Interessenkonflikte in Bezug auf diesen Artikel vorliegen.


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft
    Deutsch


     

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