Wie die Zusammenarbeit von Immunzellen im Gehirn koordiniert wird
Infektionen im Gehirn können schwerwiegende Folgen haben und oft tödlich verlaufen. Die Immunabwehr arbeitet hier ein anders als im restlichen Körper. Ein Team von Forschenden am TWINCORE – Zentrum für Experimentelle und Klinische Infektionsforschung in Hannover – hat nun gemeinsam mit Kooperationspartnern herausgefunden, welche Signalkette bei der Abwehr von Viren eine zentrale Rolle für die Kommunikation zwischen Immunzellen spielt. Die Ergebnisse wurden jetzt im Journal of Neuroinflammation veröffentlicht.
Mit Viren infizierte Zellen werden vom körpereigenen Immunsystem erkannt und beseitigt. So kann die Verbreitung des Virus verhindert und die Infektion unter Kontrolle gebracht werden. Dieser Prozess erfolgt im Zusammenspiel verschiedener Zellen des Immunsystems. Sogenannte myeloide Zellen, beispielsweise die Makrophagen, erkennen Viren und zeigen T-Zellen, welche Zellen infiziert sind und bekämpft werden sollen. Im Gehirn übernehmen diese Rolle die Microglia.
„Die Mikrogliazellen sind sozusagen die Projektmanager des Immunsystems im Gehirn, die die T-Zellen koordinieren”, sagt Dr. Andreas Pavlou, Wissenschaftler am Institut für Experimentelle Infektionsforschung am TWINCORE und Erstautor der Studie. „Wir konnten jetzt zeigen, dass für diese Aufgabe ein bestimmter Signalweg in den Zellen essenziell ist.“ Die Weiterleitung biochemischer Signale in den Zellen kann unterschiedliche Stoffwechselreaktionen auslösen, beispielsweise die Produktion von Botenstoffen oder das Bereitstellen bestimmter Moleküle auf der Zelloberfläche. Diese Rezeptoren werden von anderen Zellen erkannt.
Um zu testen, welche Zellen im Gehirn die entscheidende Rolle spielen, haben die Forscher im Mausmodell das MAVS-Protein in verschiedenen Zelltypen ausgeschaltet. MAVS steht für „mitochondrial anti-viral signalling protein“, also antivirales Signalprotein der Mitochondrien. Es ist Teil des RIG-I-Signalwegs, der wichtig für die Erkennung von Viren ist. „Wenn in anderen Gehirnzellen wie den Neuronen oder den Astrozyten MAVS ausgeschaltet wurde, haben wir nach Infektion der Mäuse mit dem vesikulären Stomatitis-Virus keine deutlichen Unterschiede festgestellt.“ Die Immunabwehr hat weiterhin funktioniert. Wenn MAVS allerdings in den Mikrogliazellen deaktiviert war, konnte sich die Infektion sehr schnell im Gehirn ausbreiten.
„Die Zahl der myeloiden Zellen und auch die der infiltrierenden T-Zellen im Gehirn war nicht reduziert“, sagt Pavlou. „Die Microglia hatten allerdings weniger Signalrezeptoren auf der Zelloberfläche und die T-Zellen zeigten abweichende Stoffwechselaktivitäten.“ Die Forschenden schlussfolgern daraus, dass hier die Kommunikation zwischen den Microglia und den T-Zellen gestört ist. „Wir konnten zeigen, dass MAVS ein essenzieller Baustein in der Verständigung zwischen Mikrogliazellen und Effektorzellen ist“, sagt Pavlou. „Ohne dieses Signalmolekül können die Mikrogliazellen ihre Rolle als Projektmanager der Immunantwort im Gehirn nicht erfüllen.“
„Diese Erkenntnisse könnten zukünftig dabei helfen, therapeutische Eingriffe bei Infektionen im Gehirn effektiver zu gestalten“, sagt Prof. Ulrich Kalinke, Direktor des Instituts für Experimentelle Infektionsforschung und geschäftsführender Direktor des TWINCORE. „Wir hoffen, dass wir hiermit den Grundstein für eine verbesserte Behandlung von Patienten mit Hirninfektionen legen können.“
Dr. Andreas Pavlou andreas.pavlou@twincore.de
Prof. Dr. Ulrich Kalinke ulrich.kalinke@twincore.de
Pavlou, A., Ghita, L., Mulenge, F. et al. MAVS signaling of long-lived brain-resident myeloid cells is needed during viral encephalitis to adjust the transcriptome of CNS infiltrating CD8+ T cells. J Neuroinflammation 22, 175 (2025).
https://doi.org/10.1186/s12974-025-03497-1
https://twincore.de/de/mitteilungen/projektmanager-der-immunabwehr-im-gehirn | Diese Pressemitteilung auf twincore.de
Dr. Andreas Pavlou, Erstautor der Studie, im Labor
Quelle: © TWINCORE/T. Damm
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler, jedermann
Biologie, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.
Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).
Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.
Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).
Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).