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16.07.2025 09:30

Trumps Zölle würden deutsche Konjunktur bremsen, aber nicht abwürgen

Rainer Jung Abt. Öffentlichkeitsarbeit
Hans-Böckler-Stiftung

    Neue Berechnungen des IMK

    Trumps Zölle würden deutsche Konjunktur bremsen, aber nicht abwürgen

    US-Präsident Donald Trump droht mit 30 Prozent Zöllen auf Einfuhren aus der EU in die USA ab 1. August. Kämen Zölle in dieser Höhe, würden sie die beginnende Erholung der deutschen Konjunktur zwar spürbar belasten, aber nicht abwürgen. Das ergibt eine neue Kurzstudie des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung*.

    Durch die Zölle würde das Wachstum der deutschen Wirtschaft 2025 und 2026 um jeweils etwa einen Viertelprozentpunkt niedriger ausfallen als in der aktuellen IMK-Konjunkturprognose vom Juni erwartet. 2025 ergäbe sich dann entsprechend ein Nullwachstum, 2026 würde das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 1,2 Prozent zulegen. Weitaus größer als in Deutschland wären die Wachstumsverluste in den USA. Das zeigen aktuelle Simulationen mit dem Mehrländermodell NiGEM. Eine schnelle Umsetzung der geplanten öffentlichen Investitionsoffensive könnte die konjunkturellen Risiken in Deutschland spürbar vermindern, so das IMK.

    Die Europäische Union zählt zu den 25 US-Handelspartnern, gegenüber denen der amerikanische Präsident Zollerhöhungen angedroht hat, wenn bis zum 1. August keine Ergebnisse in den laufenden Verhandlungen über die Handelsbeziehungen erreicht werden. Die angekündigten Zollsätze übersteigen für mehrere Länder und auch für die EU noch jene vom 2. April. Auf deren Veröffentlichung folgten spürbare Kapitalmarktreaktionen beim US-Dollar-Wechselkurs und den Risikoprämien auf US-Staats- und Unternehmensanleihen, weshalb sie zunächst nur zum Teil umgesetzt wurden.

    Die aktuelle IMK-Prognose hatte schon die im Juni geltenden Zölle weitgehend berücksichtigt. Unter diesen Voraussetzungen prognostizierte das IMK in Deutschland eine spürbare Konjunkturerholung ab dem vierten Quartal 2025. Im Jahresdurchschnitt 2025 rechnete das Institut Ende Juni mit einem BIP-Zuwachs von 0,2 Prozent und für 2026 mit einem Plus von 1,5 Prozent. Als treibende Faktoren hinter der Erholung machten die Forschenden die angekündigte Erhöhung der öffentlichen Investitionen und der Verteidigungsausgaben aus. Hinzu kommen eine absehbare Erholung der privaten Investitionen, auch wegen der unter dem Begriff „Investitionsbooster“ angekündigten Verbesserung der Abschreibungsbedingungen, und ein anziehender privater Konsum.

    Um die potenziellen Folgen der neuen Zolleskalation abzubilden, haben die Studienautoren Prof. Dr. Sebastian Dullien und Dr. Thomas Theobald die von Trump angedrohten Zollsätze in das renommierte makroökonomische Mehrländermodell NiGEM eingespeist, das beispielsweise von verschiedenen Notenbanken verwendet wird. So lassen sich Auswirkungen auf den globalen Handel sowie auf die Wirtschaftsentwicklung in den USA, der EU und Deutschland abschätzen.

    -USA drohen mehr als doppelt so hoher Wachstumsverlust wie Deutschland-

    Die Simulationen ergeben, dass bei Realisierung der angekündigten höheren Zollsätze das ohnehin mit rund zwei Prozent nur relativ schwache erwartete Welthandelswachstum für 2025 und 2026 noch einmal stärker in Mitleidenschaft gezogen würde. Im Vergleich zur IMK-Prognose vom Juni ergibt sich dann 2026 ein um etwa ein Prozentpunkt schwächeres Wachstum des Welthandels. Das Wachstum in den USA würde ebenfalls deutlich leiden: Das IMK prognostiziert für 2025 einen Wachstumsverlust von 0,6 Prozentpunkten und von 0,7 Prozentpunkten 2026. Hauptgrund ist eine stärkere Inflation, unter der die real verfügbaren Einkommen in den USA leiden. Außerdem bleibt die Geldpolitik der US-Notenbank wegen des Inflationsdrucks restriktiver.

    Für die deutsche Wirtschaft ist vor allem der Rückschlag für die Exporte in die Vereinigten Staaten relevant. Die USA waren bis ins vergangene Jahr mit einem Anteil von knapp zehn Prozent der wichtigste Exportmarkt Deutschlands. Außerdem würden Deutschlands Ausfuhren laut der Simulationsrechnung auch durch eine von den US-Zöllen ausgelöste Wachstumsverlangsamung in anderen Ländern leiden. Insgesamt ergibt sich für das deutsche Bruttoinlandsprodukt aufgrund der schwächeren Exportdynamik ein Wachstumsverlust von je einem Viertel Prozentpunkt sowohl 2025 als auch 2026.

    Damit würde das Wirtschaftswachstum relevant gedämpft, läge aber 2026 immer noch bei mehr als einem Prozent. Allerdings geben Dullien und Theobald zu bedenken, dass die Simulation nur die direkten Effekte einer Zollerhöhung auf die Realwirtschaft abbildet. Sollte es infolge der Zollerhöhungen zu neuen Verwerfungen an den Finanzmärkten kommen, so könnte der Dämpfer stärker ausfallen.

    Dabei waren bis zur angedrohten Zolleskalation die Aussichten für eine allmähliche Erholung der deutschen Wirtschaft recht stabil. Darauf deutet die aktuelle Auswertung des IMK-Konjunkturindikators hin. Die IMK-Konjunkturampel signalisiert zum Datenstand Ende Juni ein moderates BIP-Wachstum für das dritte Quartal 2025. Die Rezessionswahrscheinlichkeit liegt bei relativ geringen 23 Prozent.

    -Schnelle Steigerung öffentlicher Investitionen gegen Zoll-Risiken-

    In dieser Situation spiele die Umsetzung der wachstumsstärkenden Maßnahmen der schwarz-roten Bundesregierung für die weitere wirtschaftliche Erholung eine noch wichtigere Rolle als ohnehin schon, betonen Dullien und Theobald. Zentral sei nun, dass der im Bundeshaushalt 2025 angelegte Zuwachs bei den öffentlichen Investitionen auch schnell umgesetzt wird und mit dem demnächst im Bundestag zu verhandelnden Haushalt 2026 fortgesetzt wird.

    Auch sollte die Bundesregierung zusammen mit der EU-Kommission überlegen, wie vom Zollkonflikt besonders betroffene Branchen unterstützt werden könnten, damit aus den höheren Zöllen kein struktureller Schaden für die deutsche Volkswirtschaft entsteht, empfehlen die Forschenden. Je mehr die Wirtschaftspolitik tue, um Negativ-Wirkungen der Trump-Zölle abzufangen, desto selbstbewusster könnten die Europäer in den Verhandlungen mit den USA auftreten – auch mit dem Ziel, die Verschärfung des Handelskonflikts doch noch zu verhindern.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Dr. Thomas Theobald
    IMK-Konjunkturexperte
    Tel.: 0211-7778-215
    E-Mail: Thomas-Theobald@boeckler.de

    Prof. Dr. Sebastian Dullien
    Wissenschaftlicher Direktor IMK
    Tel.: 0211-7778-331
    E-Mail: Sebastian-Dullien@boeckler.de

    Rainer Jung
    Leiter Pressestelle
    Tel.: 0211-7778-150
    E-Mail: Rainer-Jung@boeckler.de


    Originalpublikation:

    *Sebastian Dullien, Thomas Theobald: Deutsche Konjunkturerholung trotzt (noch) Trumps neuer Zolleskalation. IMK Kommentar Nr. 15, Juli 2025. Download: https://www.boeckler.de/de/faust-detail.htm?produkt=HBS-009191


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Gesellschaft, Politik, Wirtschaft
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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