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22.07.2025 12:31

Darmkrebs bei Typ-2-Diabetes: Aufschlussreicher Blick ins Mikromilieu der Tumoren

Dr. Sibylle Kohlstädt Strategische Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit
Deutsches Krebsforschungszentrum

    Menschen mit Diabetes haben ein höheres Risiko für Darmkrebs und nach einer Erkrankung oft auch eine schlechtere Prognose. Die biologischen Mechanismen hinter diesem Zusammenhang waren weitgehend unbekannt. Ein Forschungsteam am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) fand nun heraus, dass Tumoren mit einer geringen Menge an Immunzellen besonders anfällig für die schädlichen Auswirkungen von Diabetes zu sein scheinen. Diese Erkenntnis könnte dazu beitragen, Präventions- und Behandlungsstrategien gezielter auf einzelne Patienten abzustimmen.

    Die Wissenschaftler untersuchten, wie viele Immunzellen im Tumorgewebe vorhanden waren. Diese Immunzellen, hauptsächlich T-Lymphozyten, sind dafür verantwortlich Krebszellen zu erkennen und zu zerstören. Je aktiver diese Immunzellen in und um einen Tumor herum sind, desto besser kann der Körper den Krebs in Schach halten. Im Gegensatz dazu sprechen Tumoren mit geringer Immunzelldichte – sogenannte immunkalte Tumoren – oft schlechter auf Behandlungen an und neigen eher zu aggressivem Wachstum. „Vor diesem Hintergrund lag es nahe, das sogenannte Mikromilieu der Tumore einmal genauer unter die Lupe zu nehmen“, sagt Michael Hoffmeister. „Wir haben vermutet, dass es bei Typ-2-Diabetes zu Veränderungen in der Tumorumgebung kommt, die das Erkrankungsrisiko und die Prognose von Darmkrebs beeinflussen.“

    In einer großen bevölkerungsbasierten Studie mit 4.724 Teilnehmern, darunter 2.321 Darmkrebspatienten, fanden die DKFZ-Forscher heraus, dass Diabetes die Entstehung von immunkalten Darmtumoren begünstigen kann. Darüber hinaus war bei Diabetespatienten mit immunkalten Tumoren die Prognose für das Wiederauftreten und Überleben von Darmkrebs über einen Nachbeobachtungszeitraum von 9,5 Jahren deutlich schlechter.

    Im Gegensatz dazu zeigten Diabetiker, deren Tumoren reich an Immunzellen waren, dieses erhöhte Sterbe- oder Krebsrückfallrisiko nicht. „Diabetes scheint Bedingungen zu schaffen, die es Tumoren mit ohnehin schwacher Immunüberwachung ermöglichen, leichter zu wachsen und sich auszubreiten“, erklärt Erstautor Durgesh Wankhede. „Verfügt ein Tumor jedoch über eine starke Immunabwehr, scheint Diabetes nicht die gleichen Auswirkungen zu haben.“

    Die Forscher gehen davon aus, dass mehrere Faktoren zu diesem Effekt beitragen könnten. Chronisch erhöhte Blutzucker- und Insulinwerte können das Wachstum von Krebszellen fördern und gleichzeitig den Immunzellen die benötigte Energie entziehen. Diese Kombination schwächt die lokale Immunkontrolle im Tumormikromilieu.

    Auf Grundlage dieser Erkenntnisse könnte die Beurteilung des Immunstatus von Tumoren Ärzten zukünftig helfen, Vorsorge- und Behandlungsstrategien anzupassen. Menschen mit Diabetes können aufgrund ihres erhöhten Risikos von früheren Darmkrebsscreening-Angeboten profitieren. „Zudem wären weitere Studien hilfreich, um zu erforschen, inwieweit sich Lebensstilveränderungen und Blutzuckerkontrolle auf die Immunschwäche bei Darmkrebs auswirken, um noch gezielter Empfehlungen aussprechen zu können“, schlussfolgert Michael Hoffmeister.

    Wankhede D, Halama N, Kloor M, Brenner H, Hoffmeister M: Diabetes and Colorectal Cancer Risk and Survival According to Tumor Immunity Status. J Clin Oncol 2025, DOI: 10.1200/JCO-25-00148

    Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können. Beim Krebsinformationsdienst (KID) des DKFZ erhalten Betroffene, Interessierte und Fachkreise individuelle Antworten auf alle Fragen zum Thema Krebs.

    Um vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik zu übertragen und so die Chancen von Patientinnen und Patienten zu verbessern, betreibt das DKFZ gemeinsam mit exzellenten Universitätskliniken und Forschungseinrichtungen in ganz Deutschland Translationszentren:

    Nationales Centrum für Tumorerkrankungen (NCT, 6 Standorte)
    Deutsches Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK, 8 Standorte)
    Hopp-Kindertumorzentrum (KiTZ) Heidelberg
    Helmholtz-Institut für translationale Onkologie (HI-TRON) Mainz – ein Helmholtz-Institut des DKFZ
    DKFZ-Hector Krebsinstitut an der Universitätsmedizin Mannheim
    Nationales Krebspräventionszentrum (gemeinsam mit der Deutschen Krebshilfe)

    Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren.

    Ansprechpartner für die Presse:

    Dr. Sibylle Kohlstädt
    Pressesprecherin
    Strategische Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit
    Deutsches Krebsforschungszentrum
    Im Neuenheimer Feld 280
    69120 Heidelberg
    T: +49 6221 42 2843
    E-Mail: S.Kohlstaedt@dkfz.de
    E-Mail: presse@dkfz.de
    www.dkfz.de


    Originalpublikation:

    Wankhede D, Halama N, Kloor M, Brenner H, Hoffmeister M: Diabetes and Colorectal Cancer Risk and Survival According to Tumor Immunity Status. J Clin Oncol 2025, DOI: 10.1200/JCO-25-00148


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Biologie, Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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