TherVacB, ein unter der Leitung von Helmholtz Munich neu entwickelter therapeutischer Impfstoff gegen chronische Hepatitis B, kommt erstmals in einer klinischen Studie an Patient:innen zum Einsatz. In der vorangegangenen Phase-1a-Studie mit gesunden Freiwilligen zeigte der Impfstoff bereits ein gutes Sicherheitsprofil und löste eine gezielte Immunantwort aus. Jetzt wird die Entwicklung in einer multizentrischen Phase-1b/2a-Studie weitergeführt. Im Juni 2025 wurde der erste Patient in die Studie aufgenommen und mit dem Impfstoff behandelt.
TherVacB: Über ein Jahrzehnt Forschung kommt nun in die Klinik
„Nach 13 Jahren intensiver Forschung ist es unglaublich spannend, dass TherVacB jetzt erstmals an Patientinnen und Patienten getestet wird. Das ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer möglichen Heilung der chronischen Hepatitis B“, sagt Prof. Ulrike Protzer, Erfinderin des Impfstoffs, Direktorin des Instituts für Virologie bei Helmholtz Munich und Lehrstuhlinhaberin für Virologie an der Technischen Universität München. „Der Impfstoff soll die natürliche Immunantwort so anregen, dass der Körper das Virus selbst bekämpfen und eliminieren kann“, ergänzt Protzer, die zudem den Forschungsbereich „Hepatitis“ am Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) koordiniert.
TherVacB setzt auf eine innovative Prime-Boost-Strategie: Zuerst werden bestimmte Proteine verabreicht, die das Immunsystem vorbereiten. Danach folgt eine Auffrischung mit einem modifizierten viralen Vektor (MVA), der die zelluläre Immunantwort verstärkt. So sollen sowohl Antikörper als auch T-Zellen gezielt gegen das Hepatitis-B-Virus aktiviert werden. Der Impfstoff wurde so entwickelt, dass er über 95 Prozent der weltweit vorkommenden HBV-Stämme abdeckt – damit könnte er für mehr als 250 Millionen chronisch Infizierte weltweit wirksam sein.
Die aktuelle Studie wird vom LMU Klinikum München gesponsert und von Prof. Michael Hoelscher, Direktor des Instituts für Infektions- und Tropenmedizin sowie Sprecher des DZIF-Standorts München, geleitet. Sie läuft an Kliniken in Deutschland, Italien, Spanien, England und Tansania. Untersucht werden dabei die Sicherheit, Verträglichkeit und die Wirkung des Impfstoffs bei Personen mit chronischer Hepatitis B, deren Infektion derzeit mit antiviralen Medikamenten kontrolliert wird. Insgesamt nehmen 81 Betroffene teil. In der ersten Phase (Phase 1b) erhalten sie steigende Impfstoffdosen, um die sicherste und beste Dosis zu finden. In der zweiten Phase (Phase 2a) wird diese Dosis dann an einer größeren Gruppe getestet, um zu prüfen, wie sicher sie ist und wie gut sie das Immunsystem aktiviert, damit es das Virus unter Kontrolle bringen kann. Ziel ist es, die optimale Dosis zu finden, die sowohl sicher als auch wirksam ist und den Körper dabei unterstützt, Hepatitis B zu bekämpfen.
Ein neues Kapitel in der Behandlung von Hepatitis B
Im Erfolgsfall könnte der Impfstoff TherVacB einen Durchbruch in der Behandlung der chronischen Hepatitis B bedeuten. Die Möglichkeit, bei bereits infizierten Menschen eine funktionelle Immunantwort auszulösen, könnte erstmals den Weg zu einer tatsächlichen Heilung ebnen – etwas, das bisher keine der verfügbaren Therapien leisten kann.
„Die Ergebnisse dieser Studie könnten nicht nur die nächsten Schritte in der klinischen Entwicklung maßgeblich beeinflussen, sondern auch die weltweite Strategie im Umgang mit Hepatitis B neu definieren – insbesondere in Regionen mit hoher Krankheitslast und begrenztem Zugang zu bestehenden Behandlungsmöglichkeiten“, sagt Michael Hoelscher.
Über chronische Hepatitis B
Chronische Hepatitis B ist eine ernstzunehmende und weltweit verbreitete Infektionskrankheit, von der rund 254 Millionen Menschen betroffen sind. Sie erhöht das Risiko für schwere Leberschäden, Leberzirrhose und Leberkrebs erheblich. Obwohl vorbeugende Impfungen und antivirale Behandlungen zur Verfügung stehen, gibt es jedoch bislang keine Therapie, die das Virus vollständig heilen kann. Die aktuellen Medikamente unterdrücken das Virus zwar effektiv, müssen aber lebenslang eingenommen werden und sind nicht überall verfügbar. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) verursacht Hepatitis B jedes Jahr etwa 1,1 Millionen Todesfälle. Neue, heilende Behandlungsansätze werden daher dringend benötigt.
Mehr Infos
Detaillierte Informationen zur Phase-1b/2a-Studie mit Patient:innen finden Sie hier: https://clinicaltrials.gov/study/NCT06513286?term=thervacb&rank=2
Weitere Informationen über den therapeutischen Impfstoff TherVacB: https://www.thervacb.eu/
Über die Forschenden
Prof. Dr. Ulrike Protzer, stellvertretende Leiterin des Molecular Targets and Therapeutics Center bei Helmholtz Munich, Direktorin des Instituts für Virologie bei Helmholtz Munich und der Technischen Universität München (TUM) sowie Lehrstuhlinhaberin für Virologie an der TUM School of Medicine and Health. Sie ist die Erfinderin des TherVacB-Impfstoffs.
Prof. Dr. med. Michael Hoelscher, Direktor des Instituts für Infektions- und Tropenmedizin am LMU Klinikum München sowie Lehrstuhlinhaber für Global Health & Infectious Diseases an der Medizinischen Fakultät der LMU, Leiter der Unit Global Health (UGH) bei Helmholtz Munich, Sponsorvertreter des LMU Klinikums für die TherVacB Phase-1b/2a-Studie.
Finanzierung
Die Studie wird von der Europäischen Union im Rahmen des Forschungsprogramms Horizon 2020 gefördert.
Über Helmholtz Munich
Helmholtz Munich ist ein biomedizinisches Spitzenforschungszentrum. Seine Mission ist, bahnbrechende Lösungen für eine gesündere Gesellschaft in einer sich schnell verändernden Welt zu entwickeln. Interdisziplinäre Forschungsteams fokussieren sich auf umweltbedingte Krankheiten, insbesondere die Therapie und die Prävention von Diabetes, Adipositas, Allergien und chronischen Lungenerkrankungen. Mittels künstlicher Intelligenz und Bioengineering transferieren die Forschenden ihre Erkenntnisse schneller zu den Patient:innen. Helmholtz Munich zählt rund 2.500 Mitarbeitende und hat seinen Sitz in München/Neuherberg. Es ist Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft, mit mehr als 43.000 Mitarbeitenden und 18 Forschungszentren die größte Wissenschaftsorganisation in Deutschland. Mehr über Helmholtz Munich (Helmholtz Zentrum München Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt GmbH): www.helmholtz-munich.de
Prof. Ulrike Protzer
E-Mail: ulrike.protzer@helmholtz-munich.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Medizin
überregional
Forschungs- / Wissenstransfer
Deutsch
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