In lebenden Zellen sind Moleküle ständig in Bewegung - sie wandern durch die Zelle, interagieren und gehen Bindungen ein. Ein internationaler Wettbewerb, die 2. AnDi Challenge, hat nun einen systematischen Vergleich von Methoden zur Bewegungsanalyse von Einzelmolekülen geliefert, der sowohl die aktuellen Stärken als auch die dringenden Herausforderungen in diesem sich rasch entwickelnden Bereich aufzeigt.
In der komplexen Welt der lebenden Zellen können die Bewegungen von Molekülen entscheidende Hinweise darauf geben, wie Zellen funktionieren, kommunizieren und manchmal auch versagen. Doch aussagekräftige Erkenntnisse aus diesen komplexen molekularen Bewegungsabläufen zu gewinnen, ist eine gewaltige Herausforderung. Weltweit entwickeln Forschungsgruppen immer bessere Analysewerkzeuge.
Jetzt hat ein internationales Team von Wissenschaftler:innen unter der Leitung von Gorka Muñoz-Gil vom Institut für Theoretische Physik der Universität Innsbruck (Österreich), Giovanni Volpe von der Universität Göteborg (Schweden) und Carlo Manzo von der Universität Vic (Spanien) einen Wettbewerb organisiert, um die verschiedenen Methoden zu vergleichen und systematisch zu bewerten. Die Ergebnisse, die in der Fachzeitschrift Nature Communications veröffentlicht wurden, bieten nun einen ersten Vergleich der Stärken und Schwächen der vorhandenen Methoden.
Methoden auf dem Prüfstand
Die Einzelmolekülmikroskopie ist zu einer wesentlichen Technik in der modernen Zellbiologie und Biophysik geworden. Durch die Verfolgung einzelner Moleküle in lebenden Zellen können Forscher:innen grundlegende Prozesse wie Proteininteraktionen, Transportmechanismen und molekulare Ansammlungen untersuchen. Die Analyse der resultierenden Daten – ob in Form von Bewegungsverläufen oder Videos – erfordert jedoch hochentwickelte Berechnungsmethoden. Die meisten dieser Ansätze beruhen auf Machine-Learning-Algorithmen, die ständig verfeinert werden, um Muster besser zu erkennen, Bewegungstypen zu klassifizieren und aussagekräftige Parameter aus verrauschten experimentellen Daten zu extrahieren.
Um den Mangel an objektiven Referenzwerten zu beheben, entwickelte das Team einen Wettbewerb, die 2. AnDi-Challenge, bei dem eine Software-Bibliothek zum Einsatz kam, die realistische experimentelle Daten simulierte. In diese Simulationen wurden weit verbreitete Diffusions- und Interaktionsmodelle unter realistischen Bedingungen einbezogen. Forschungsgruppen aus der ganzen Welt setzten ihre besten Werkzeuge ein, um denselben Datensatz zu analysieren. Auf der Grundlage ihrer Ergebnisse wurden die konkurrierenden Teams – und damit die von ihnen entwickelten Methoden – in einer Rangliste gereiht.
Aktuelle Stärken und Herausforderungen
„Der Wettbewerb hat in einigen Bereichen deutliche Fortschritte gezeigt, in anderen aber auch erhebliche Einschränkungen“, fasst Gorka Muñoz-Gil das Ergebnis zusammen. „Es ist wichtig, ein quantitatives Bild davon zu haben, wie gut oder schlecht die derzeitigen Methoden in einer Reihe von realistischen Szenarien funktionieren.“
Ziel des Wettbewerbs war aber nicht nur eine Rangliste bestehender Methoden, die Veranstalter wollten auch Anreize für neue Innovationen setzen. Indem der Vergleich aufgezeigt hat, wo Methoden versagen, hoffen die Forscher, die Entwicklung neuer Ansätze zu fördern, mit denen die verrauschte und vielfältige Welt der molekularen Bewegung genauer entschlüsselt werden kann.
Leitlinien für die Wissenschaft
Die Ergebnisse bieten eine praktische Hilfestellung für Experimentator:innen, die die richtigen Werkzeuge für ihre Studien suchen. „Wir wollen den Forscher:innen helfen, sich in dem wachsenden Gebiet der Analysemethoden zurechtzufinden und die für ihre Daten am besten geeigneten auszuwählen“, sagt Carlo Manzo von der Universität Vic.
Es ist nicht das erste Mal, dass sich die Forschungswelt dieser Herausforderung gestellt hat. Die erste Ausgabe der AnDi Challenge, die sich auf anomale Diffusion von Molekülen in Zellen konzentriert hatte, lieferte wichtige Erkenntnisse, die die Entwicklung dieses Bereichs geprägt hat. Die zweite Ausgabe erweitert diese Bemühungen und konzentrierte sich nun auf Bewegungsänderungen und biologisch relevante Versuchsbedingungen.
Mit den rasanten Fortschritten bei Bildgebungstechnologien und der Datenerfassung war der Bedarf an zuverlässigen Analysemethoden noch nie so groß. Initiativen wie dieser Wettbewerb sind ein wichtiger Wegweiser für Forschung, Softwareentwicklung und Experiment gleichermaßen und tragen dazu bei, dass die unter dem Mikroskop erfassten molekularen „Geschichten“ genau und vollständig erfasst werden. Die frei verfügbare Software legt den Grundstein für künftige Projekte und lädt die Forschungsgmeinde dazu ein, weitere Innovationen voranzutreiben.
Gorka Muñoz-Gil
Institut für Theoretische Physik
Universität Innsbruck
+43 512 507 52257
gorka.munoz-gil@uibk.ac.at
https://www.uibk.ac.at/en/th-physik/qic-group
Quantitative evaluation of methods to analyze motion changes in single-particle experiments. Gorka Muñoz-Gil, et. al. Nature Communications 2025 DOI: https://doi.org/10.1038/s41467-025-61949-x
Die Bahn eines biologischen Teilchens, das sich durch zwei Regionen mit unterschiedlichen physikalis ...
Copyright: Universität Innsbruck
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, jedermann
Biologie, Physik / Astronomie
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
Die Bahn eines biologischen Teilchens, das sich durch zwei Regionen mit unterschiedlichen physikalis ...
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