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23.07.2025 17:17

Erschliessung eines Teils der risikoarmen Vorkommen von Seltenen Erden kann das Versorgungsrisiko der EU mindern

Anette Mack Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Steinbeis Europa Zentrum

    Eine aktuelle Analyse des EU-Projekts REEsilience zeigt, dass die Erschliessung eines Bruchteils der weltweiten Seltenerdvorkommen mit geringem Risiko die Abhängigkeit Europas von Importen erheblich verringern und die Versorgung mit diesen für die grüne Energiewende wichtigen Materialien sichern könnte.

    Aufgrund ihrer Verwendung in Permanentmagneten sind Seltene Erden für moderne Technologien, insbesondere für Windturbinen, Elektrofahrzeuge und andere Komponenten der von der EU angestrebten Energiewende, unverzichtbar. Europa ist jedoch in hohem Maße von Importen - vor allem aus China - abhängig, was die Lieferkette anfällig macht.

    In den letzten Jahren haben Seltenerdelemente (SEE) aufgrund ihrer strategischen Bedeutung und der ökologischen, sozialen und geopolitischen Herausforderungen, die mit ihrer Versorgung verbunden sind, zunehmende Aufmerksamkeit in Politik und Medien erhalten. Als kritische Bestandteile von Permanentmagneten sind Seltene Erden für eine Vielzahl moderner Technologien unverzichtbar - insbesondere für diejenigen, die die grüne Energiewende vorantreiben. Da Europa in hohem Maße von Importen, vor allem aus China, abhängig ist, haben sich die Bedenken hinsichtlich der Versorgungssicherheit, der Marktvolatilität und nicht nachhaltiger Abbaupraktiken verstärkt. Um eine stabile Versorgung zu gewährleisten, arbeiten Partner im EU-Projekt REEsilience an der Entwicklung einer nachhaltigen und widerstandsfähigen Lieferkette für Seltenerdmagnete.

    Kartierung der Quellen von Seltenen Erden

    Bei der Untersuchung der gesamten Lieferkette für Seltenerdmagnete bilden die Materialquellen den ersten Schritt. In den vergangenen Monaten haben sich REEsilience-Partner - unter der Leitung der TU Delft und der Universität Leiden - daher darauf konzentriert, die Verfügbarkeit, Preise und Mengenentwicklung verschiedener SEE-Quellen mit nicht-chinesischem Ursprung im Zeitraum 2022-2035 zu erfassen. Zu diesem Zweck wurde ein umfassendes Inventar erstellt, das sich auf verfügbare Daten aus Literatur, Industrie und Experteninterviews stützt und sowohl Primärquellen (Bergbau) als auch Sekundärquellen (recycelbare Altprodukte) umfasst.

    Für die Bewertung der Primärquellen analysierten und verglichen die Forscher 149 SEE-Vorkommen weltweit auf der Grundlage ihrer Umwelt-, Sozial- und Governance-Risikoprofile (ESG). Ein wichtiges Ergebnis der Analyse ist, dass selbst die Erschließung einiger weniger Vorkommen mit geringem ESG-Risiko die Probleme der EU bei der Versorgung mit Seltenen Erden lösen könnte.

    Die Ergebnisse zeigen, dass hohe Umweltrisiken in ökologisch sensiblen Gebieten wie Brasilien, Zentralafrika und Südostasien konzentriert sind. Soziale Risiken korrelieren häufig mit der Bevölkerungsdichte, so dass dicht besiedelte Gebiete - vor allem in Teilen Afrikas und Südasiens - anfälliger für Störungen und Konflikte sind. Die Muster der Governance-Risiken spiegeln die allgemeinen institutionellen Trends wider, wobei die skandinavischen Länder, Kanada und Australien am besten abschneiden und Staaten wie Burundi, Russland und Teile Zentralasiens größere Herausforderungen mit sich bringen.

    Einige wenige Vorkommen könnten den Unterschied ausmachen

    Nur eine relativ kleine Gruppe von Vorkommen, die sich hauptsächlich in westlichen Ländern befinden, kombinieren geringe ESG-Risiken mit strategischen geologischen Eigenschaften. Der norwegische Fen-Komplex zeichnet sich durch seine Größe, seine Erzqualität und sein niedriges ESG-Risikoprofil aus. Projekte in Schweden und Finnland - wie Kiruna, Norra Kärr und Katajakangas - bieten ein mittleres bis hohes Potenzial in einem stabilen regulatorischen Umfeld. Grönland stellt einen einzigartigen und vielversprechenden Fall dar: Es beherbergt mehrere große, risikoarme Vorkommen und verfügt über Dänemark über eine besondere politische Beziehung zur EU. Außerhalb Europas sind Partnerschaften mit Kanada und Australien besonders vielversprechend, da sie geringere ESG-Risiken und einen höheren Anteil an Vorkommen aufweisen, die sich bereits in einem fortgeschrittenen Entwicklungsstadium befinden.

    Prof. Dr. Carlo Burkhardt, Koordinator von REEsilience, hebt hervor: "Für eine widerstandsfähige und nachhaltige Lieferkette ist es von entscheidender Bedeutung, sich nicht nur auf den technischen Teil der Magnetproduktion zu konzentrieren, sondern das Gesamtbild zu sehen. Unsere REEsilience-Partner haben hier eine hervorragende Arbeit geleistet."

    Systemdynamisches Modell zur Abschätzung zukünftiger Entwicklungen

    Der REEsilience-Partner TU Delft hat ein Systemdynamikmodell entwickelt, in dem die Interaktionen innerhalb der Lieferkette analysiert werden, um mögliche zukünftige Entwicklungen von Angebot und Nachfrage sowie Preisentwicklungen anhand verfügbarer Daten zu bewerten. Dabei wurden verschiedene Szenarien betrachtet, darunter ein Szenario ohne Unterbrechungen, eines mit Nachfrage- und Angebotsunterbrechungen und eines mit Unterbrechungen in Verbindung mit der Umsetzung von Resilienzmaßnahmen in Bezug auf eine längere Produktlebensdauer und Recycling. Die ersten Ergebnisse sind erneut ermutigend für die EU: Obwohl Versorgungsunterbrechungen zu erheblichen Preisspitzen führen könnten, können diese Auswirkungen durch die vorgeschlagenen Resilienzmaßnahmen abgemildert werden. Die Forscher werden das Modell in den kommenden Monaten weiter ausbauen und verfeinern.

    Dr. ir. Willem Auping, Technische Universität Delft, kommentierte: "Die Simulationsmodellierung unsicherer Systeme wie globaler Metallversorgungsketten kann wirklich dazu beitragen, die zukünftigen Herausforderungen dieser Systeme zu verstehen und sie zu bewältigen."

    Auf dem Weg zu einer widerstandsfähigen und nachhaltigeren Lieferkette

    Während die Kartierung der SEE-Quellen die ersten Schritte der Wertschöpfungskette betrifft, verfolgt REEsilience einen umfassenden Ansatz, der die gesamte Wertschöpfungskette der Seltenerdmagnete umfasst. Die Projektpartner entwickeln IKT-gestützte Technologien zur Herstellung von Legierungen und Pulvern, verbessern die Transparenz der Materialströme und implementieren vollautomatische Prozesse zur Herstellung von Magneten, um die Produktionskapazitäten in der EU zu erhöhen. Parallel dazu konzentriert sich das Projekt auf die Erhöhung der Recyclingraten, die Entwicklung von Magneten mit erweiterten Funktionen und die Erstellung eines Konzepts für die Ausbildung der nächsten Generation von Magnetexperten. Da sich das Projekt seinem Abschluss im Juni 2026 nähert, werden in den kommenden Monaten weitere Ergebnisse erwartet.

    Maarten Koese, Universität Leiden, betont: "Eine kritische Mineralienversorgungskette kann nur dann wirklich widerstandsfähig sein, wenn sie im weitesten Sinne auch nachhaltig ist. Deshalb ist es wichtig, ESG-Aspekte zu berücksichtigen, bevor neue Seltene Erden-Vorkommen erschlossen werden."

    Über REEsilience
    REEsilience wird durch das Forschungs- und Innovationsprogramm Horizont Europa der Europäischen Union (Fördervereinbarung Nr. 101058598) und durch UK Research and Innovation - UKRI (Fördervereinbarung Nr. 10038960) ko-finanziert. Das Projekt wird vom Schmucktechnologischen Institut (STI) der Hochschule Pforzheim koordiniert und läuft bis Juni 2026. Das Konsortium umfasst 18 Projektpartner aus zehn europäischen Ländern (Österreich, Belgien, Frankreich, Deutschland, Niederlande, Polen, Slowenien, Spanien, Schweden und Vereinigtes Königreich).

    Das Steinbeis Europa Zentrum leitet als Projektpartner die Kommunikation im Projekt und unterstützt die Projektpartner bei
    - Verbreitungsaktivitäten sowie der Vernetzung mit relevanten Initiativen und Projekten
    - der Verwertung der Projektergebnisse
    - administrativen und finanziellen Fragen des Projektmanagements

    Kontakt:
    Presse:
    Eva Kopf, Steinbeis Europa Zentrum, eva.kopf@steinbeis-europa.de

    REEsilience Koordination
    Prof. Dr. Carlo Burkhardt, Institut für Edelmetalle und Technologie, Hochschule Pforzheim
    carlo.burkhardt@hs-pforzheim.de

    REEsilience Partner
    Dr.ir. Willem Auping, Fakultät für Technologie, Politik und Management, Technische Universität Delft, NL
    w.l.auping@tudelft.nl

    REEsilience Partner
    Maarten Koese, Institut für Umweltwissenschaften, Universität Leiden, NL
    j.m.koese@cml.leidenuniv.nl


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Prof. Dr. Carlo Burkhardt, Institut für Edelmetalle und Technologie, Hochschule Pforzheim
    carlo.burkhardt@hs-pforzheim.de


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler
    Elektrotechnik, Geowissenschaften, Umwelt / Ökologie, Verkehr / Transport, Werkstoffwissenschaften
    überregional
    Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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