Einer Arbeitsgruppe am Universitätsklinikum Heidelberg und der Medizinischen Fakultät Heidelberg ist es erstmals gelungen, kommensale (nützliche) Bakterien aus dem Sputum von Mukoviszidose-Patienten zu isolieren und nachzuweisen, dass diese über die Freisetzung von kurzkettigen Fettsäuren pathogene (krankmachende) Bakterien wie z.B. Pseudomonas aeruginosa hemmen können. Für diese innovative Arbeit zum Lungenmikrobiom von CF-Patienten, die kürzlich in der Fachzeitschrift Microbiological Research publiziert wurde, zeichnet der Bundesverband Mukoviszidose e.V. Dr. Andrew Tony-Odigie stellvertretend für die Autorengruppe mit dem diesjährigen Adolf-Windorfer-Preis aus.
Wichtig für neue Therapieansätze: Forschung zum Lungenmikrobiom
Die chronische Infektion der Lunge mit pathogenen Keimen ist nach wie vor ein ungelöstes Problem bei Menschen mit Mukoviszidose, auch unter erfolgreicher Modulatortherapie. Ein wichtiger Aspekt für die Entwicklung neuer Therapieansätze ist daher die Untersuchung der wechselseitigen Beeinflussung von pathogenen Keimen und solchen im Lungenmikrobiom, die unschädlich, bzw. nützlich sind.
Dr. Andrew Tony-Odigie forscht seit 2018 zu mikrobiellen Gemeinschaften in der Lunge von Menschen mit Mukoviszidose und hat bereits in verschiedenen vom Mukoviszidose e. V. geförderten Projekten gearbeitet. Ergebnisse dieser Projekte sind in die nun mit dem Adolf-Windorfer-Preis ausgezeichnete Arbeit eingeflossen. Auch aktuell unterstützt der Bundesverband ein Forschungsprojekt des Mikrobiologen zur „Anwendung von kommensalen Bakterien und ihren Metaboliten zur Steigerung der Wirksamkeit von CFTR-Modulatoren“ mit knapp 150.000 Euro.
Kurzkettige Fettsäuren hemmen Wachstum von Pathogenen
Durch ihre systematischen Untersuchungen haben die Wissenschaftler das Zusammenspiel von P. aeruginosa in Co-Kultur mit verschiedenen kommensalen Keimen der Lunge von Menschen mit und ohne Mukoviszidose erforscht. Sie fanden heraus, dass die Bakterienisolate mit der stärksten Hemmwirkung auf P. aeruginosa zur Spezies der Streptokokken gehören (Streptococcus gordonii, Streptococcus mitis und Streptococcus cristatus).
In weiteren Schritten untersuchten die Forschenden die Stoffwechselprodukte, die von den Kommensalen abgegeben wurden, sowie die Gene, die in den hemmenden Streptokokken an- bzw. abgeschaltet sind. Sie stellten fest, dass vor allem Essigsäure, aber auch andere kurzkettige Fettsäuren von den Kommensalen freigesetzt werden, die die krankmachenden Bakterien im Wachstum hemmen.
Perspektive: neue Therapieoptionen
Die weitere Forschung der Arbeitsgruppe wird mit Spannung erwartet. So steht es u.a. an herauszufinden, ob der von den Kommensalen im Labor gezeigte hemmende Effekt auch in der Lunge klinisch relevant ist und therapeutisch genutzt werden kann.
Darüber hinaus sind Untersuchungen zum hemmenden Effekt der Kommensalen unter Modulatortherapie derzeit Gegenstand des aktuellen Projekts von Tony-Odigie und AG, das vom Mukoviszidose e. V. gefördert wird (s. o.). Wenn sich die Hypothese der Wissenschaftler bestätigt und es synergistische Wechselwirkungen zwischen CFTR-Modulatoren und Kommensalen gibt, liegt hierin ein Potenzial, die Therapie von chronischen Lungeninfektionen bei CF-Patienten künftig weiter zu verbessern.
Der Adolf-Windorfer-Preis
Den mit 5.000 Euro dotierten Adolf-Windorfer-Preis lobt der Mukoviszidose e.V. einmal jährlich für eine herausragende Arbeit auf dem Gebiet der Erforschung und der Therapie der Mukoviszidose aus. Finanziert wird der Preis im jährlichen Wechsel von den regionalen Selbsthilfegruppen und Landesverbänden des Bundesverbands, im Jahr 2025 vom Landesverband Baden-Württemberg. Die Preisverleihung erfolgt im Rahmen der Deutschen Mukoviszidose Tagung in Würzburg, die vom 27.-29.11.2025 stattfindet.
Zur Publikation der Arbeitsgruppe in der Fachzeitschrift Microbiological Research: „Airway commensal bacteria in cystic fibrosis inhibit the growth of P. aeruginosa via a released metabolite“: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/38520837/
Weitere Informationen zum Adolf-Windorfer-Preis und zu bisherigen Preisträgern: https://www.muko.info/was-wir-tun/forschungsfoerderung/adolf-windorfer-preis
Hintergrund-Informationen
Über Mukoviszidose
In Deutschland sind mehr als 8.000 Kinder, Jugendliche und Erwachsene von der unheilbaren Erbkrankheit Mukoviszidose betroffen. Durch eine Störung des Salz- und Wasserhaushalts im Körper bildet sich bei Mukoviszidose-Betroffenen ein zähflüssiges Sekret, das Organe wie die Lunge und die Bauchspeicheldrüse irreparabel schädigt. Jedes Jahr werden in Deutschland etwa 150 bis 200 Kinder mit der seltenen Krankheit geboren.
Über den Bundesverband Mukoviszidose e.V.
Der Bundesverband Mukoviszidose e.V. vernetzt die Patienten, ihre Angehörigen, Ärzte, Therapeuten und Forscher. Er bündelt unterschiedliche Erfahrungen, Kompetenzen sowie Perspektiven mit dem Ziel, jedem Betroffenen ein möglichst selbstbestimmtes Leben mit Mukoviszidose zu ermöglichen. Um die vielfältigen Aufgaben und Ziele zu erreichen, ist die gemeinnützige Patientenorganisation auf die Unterstützung engagierter Spender und Förderer angewiesen.
Pressekontakt:
Bundesverband Mukoviszidose e.V.
Juliane Tiedt
Telefon: +49 (0)228 9 87 80-65
E-Mail: JTiedt@muko.info
www.muko.info
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