Maschine an, Kaffeekapsel hinein, Kaffee genießen – so praktisch Kaffeekapseln auch sind, können sie für die Umwelt eine potenzielle Belastung darstellen: In Österreich existiert zwar ein Sammelsystem für gebrauchte Kaffeekapseln, allerdings beträgt die Recyclingquote derzeit nur rund 30 Prozent. Problematisch für den anschließenden Recyclingprozess ist vor allem der hohe Gehalt an Kaffeesud im Vergleich zum Verpackungsmaterial, was im Schmelzprozess in Aluminiumhütten, wo die Kaffeekapseln geschmolzen werden, zu ökonomischen sowie prozesstechnischen Einschränkungen führt.
Ein aktuelles Projekt am Lehrstuhl für Nichteisenmetallurgie in Zusammenarbeit mit Industriepartnern entwickelt einen Aufbereitungsprozess zur Erzeugung von neuem Aluminium aus gebrauchten Kaffeekapseln, um im Sinne des Circular Engineering Ansatzes der Montanuniversität den Materialkreislauf zu schließen.
Ein Projekt am Lehrstuhl für Nichteisenmetallurgie an der Montanuniversität Leoben setzt sich in gemeinsamer Zusammenarbeit mit Firmenpartnern zum Ziel, einen neuen Aufbereitungsprozess zur Erzeugung neuer Kaffeekapseln aus gebrauchten Aluminium-Kaffeekapseln zu entwickeln. „Das Aluminium aus solchen Kapseln ist sehr wertvoll und sollte im Sinne einer Kreislaufwirtschaft erhalten bleiben“, so Ass.-Prof. Dr. Eva Gerold, Forscherin am Lehrstuhl für Nichteisenmetallurgie an der Montanuniversität Leoben. Die Professorin gibt ein Beispiel: „Nespresso-Kapseln bestehen aus etwa 0,5 bis 1 Gramm Verpackungsmaterial, wobei Aluminium den Hauptbestandteil darstellt, und beinhalten eine Kaffeemenge von etwa 6 Gramm.“ Die Herausforderung ist, diese Bestandteile voneinander zu trennen bzw. ein effizientes Recycling zu gewährleisten.
Verwertungsmöglichkeiten von Aluminiumlegierungen notwendig
Vor allem Legierungen stellen eine Herausforderung dar. „Es gibt ein Sprichwort in der Metallurgie: Was einmal im Aluminium ist, bleibt im Aluminium. Das ist vor allem im Rahmen des Recyclings ein zentraler Punkt, da Aluminium in zahlreichen Legierungen existiert – jede mit spezifischen Eigenschaften je nach Anwendungsgebiet, etwa für Autotüren oder Kaffeekapseln. Erstere sollen stabil und formschön sein, deshalb kommen Legierungselemente wie Silizium, Zink oder Eisen zum Einsatz.
Kaffeekapseln wiederum müssen dicht sein und sehr dünn und walzbar sein. Diese Anforderungen müssen nicht nur bei der Auswahl und Entwicklung der Legierung berücksichtigt werden, sondern auch beim anschließenden Recyclingprozess“, weiß Gerold.
Jedoch unterscheiden sich beispielsweise Legierungen für Kaffeekapseln von Hersteller zu Hersteller. Ist der Schrott außerdem nicht gut sortiert bzw. gemischt, kann daraus nicht ohne Weiteres wieder eine bestimmte Legierung erzeugt werden. In solchen Fällen werden meist Gusslegierungen hergestellt – klassischerweise für Motorblöcke. Mit der zunehmenden E-Mobilität sinkt dieser Bedarf, weshalb neue Verwertungsmöglichkeiten notwendig sind. Hier setzen die Forscher*innen an, um Legierungen und Recyclingprozesse zu entwickeln, die Gehalte an unterschiedlichen Legierungselementen tolerieren.
Prozess stellt Aluminiumfolien her
Um den neuen Recyclingprozess zu testen und zu optimieren, stellt ein Industriepartner den Forscher*innen unterschiedlich aufbereitete Kapselmateralien zur Verfügung, die sich sowohl im Anteil an organischen Bestanteilen als auch im Zerkleinerungsgrad unterscheiden.
„In einem ersten Schritt werden die gebrauchten Kaffeekapseln geschreddert und der enthaltene Kaffee abgetrennt. Danach werden die Öle und Lacke auf den Kapseln entfernt. Sie enthalten organische Bestandteile, welche die Schmelze verunreinigen würden. Dieser Umwandlungsprozess funktioniert thermisch unter Sauerstoffausschluss – durch die Zuhilfenahme von z. B. Stickstoff. Die entstehenden Gase haben einen hohen Heizwert und werden, energetisch effizient, zur Beheizung des Schmelzofens verwendet“, erklärt die Forscherin. Um eine Oxidation aufgrund des hohen Oberflächenvolumens der Kapseln zu minimieren, werden sie vor dem Einschmelzen kompaktiert. „Die Vormaterialien werden in sogenannten Zweikammeröfen zuerst abgeschwelt und ins Schmelzbad geschoben, um metallisches Aluminium zu erzeugen. Eine Salzbehandlung hilft zudem, Verunreinigungen zu entfernen und wieder eine verbesserte Zusammensetzung der Schmelze zu erhalten“, ergänzt Gerold. In weiteren Schritten werden kleine Aluminium-Barren hergestellt, welche am lehrstuhlinternen Miniwalzgerüst zu Folien mit einer Enddicke von 0.1 mm gewalzt werden – das gewünschte Endmaterial.
Recyclingverfahren bald reif für Industrieanwendung
Im weiteren Verlauf des Projektes sollen die Aluminiumfolien von einem Firmenpartner industriell wiederum zu Kaffeekapseln verarbeitet werden, womit ein Closed-Loop-Recycling der Kaffeekapseln möglich wäre. „Übrigens muss aus den recycelten Kaffeekapseln nicht zwingend wieder eine neue Kapsel entstehen“, wirft die Forscherin ein, „da je nach Bedarf und Legierungsanforderung daraus auch eine Getränkedose oder ein neuer Laptop entstehen kann.“
Über die Montanuniversität Leoben
Die 1840 gegründete Montanuniversität Leoben ist eine international anerkannte Universität für Ingenieurwissenschaften und Technologieforschung auf dem Gebiet des „Circular Engineering“ – der ingenieurwissenschaftlichen und technischen Umsetzung der Kreislaufwirtschaft: Die Montanuniversität Leoben setzt sich hierin zum Ziel, innovative Lösungen zu entwickeln, um Materialien wie Kunststoffe, Metalle und Keramik sowie unterschiedliche Energieformen effizienter zu nutzen. Abfälle sollten minimiert und wieder in den Stoffkreislauf zurückgeführt und dadurch die Klima- und Umweltbelastung reduziert werden – für eine nachhaltige, industrielle Zukunft. Die Kernbereiche der Forschungsleistungen sowie der 13 Bachelor- und 26 Masterstudienprogramme in der Lehre fokussieren sich auf die Fachbereiche „Ressourcen“, „Werkstoffe“ und „Prozesse“. In jedem Schwerpunkt kann zudem ein Doktorat erworben werden. Aufgrund der hohen Ausbildungsqualität sind Absolvent*innen weltweit gefragt und bestens auf Herausforderungen der Zukunft vorbereitet.
Tradition verbindet Moderne
Mit derzeit 3.000 Studierenden und rund 1.000 Mitarbeiter*innen bietet die Montanuniversität Leoben praxisorientierte Lehre und exzellente Grundlagenforschung. Knapp ein Drittel der Studierenden sind weiblich und der Anteil internationaler Studierender beträgt 27 Prozent aus rund 90 Nationen. Damit verbindet die Montanuniversität bergmännische Tradition mit modernen Werten wie Diversität, Frauenförderung im MINT-Bereich sowie Internationalisierung.
Internationale Netzwerke und starke Kooperationen
Durch den interdisziplinären Praxisbezug und eine starke Kooperation mit unterschiedlichen Industriesparten und internationalen Industriepartnern sowie 150 internationalen Forschungseinrichtungen spielt die Montanuniversität Leoben eine zentrale Rolle in der Entwicklung innovativer Lösungen für Herausforderungen wie „Kreislaufwirtschaft“, „Versorgungssicherheit“ „Grüne Technologien“, „Ressourcenschonung“, „nachhaltige Produktionswege“ und „Energieeffizienz“. Der Gesamtumsatz beträgt jährlich rund 114,5 Mio. € – ca. 5,4 Mio. € stammen aus EU-Projekten. Die Universität pflegt zahlreiche Partnerschaften weltweit und ist Mitglied in verschiedenen internationalen Netzwerken, was ihren Studierenden und Forscher*Innen vielfältige globale Kooperationsmöglichkeiten und Jobaussichten in Forschung, Industrie und Wirtschaft bietet. Jährlich werden mehr als 1.500 Publikationen veröffentlicht.
Wissenschaftlicher Kontakt
Ass. Prof. Dipl.-Ing. Dr.mont. Eva Gerold
Lehrstuhl für Nichteisenmetallurgie an der Montanuniversität Leoben
E-Mail: Eva.Gerold@unileoben.ac.at
Tel.: +43-(0)3842-402-5207
Rückfragehinweis
Mag. Christine Adacker
Pressesprecherin | Marketing and Communication
E-Mail: Christine.adacker@unileoben.ac.at
Tel.: +43 3842/402-7224
Mobil: +43 664 808987224
Ass. Prof. Dipl.-Ing. Dr.mont. Eva Gerold
Lehrstuhl für Nichteisenmetallurgie an der Montanuniversität Leoben
E-Mail: Eva.Gerold@unileoben.ac.at
Tel.: +43-(0)3842-402-5207
Montanuniversität Leoben Link: https://www.unileoben.ac.at/news/recycling-sauberes-aluminium-aus-gebrauchten-ka...
https://Mehr Informationen unter: https://www.unileoben.ac.at
Ein Projekt der Montanuni Leoben setzt sich zum Ziel, einen neuen Aufbereitungsprozess zur Erzeugung ...
Quelle: Harald Tauderer
Copyright: MUL
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Werkstoffwissenschaften
überregional
Forschungs- / Wissenstransfer, Forschungsprojekte
Deutsch
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Quelle: Harald Tauderer
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