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28.07.2025 09:28

Olympische Spiele: Keine Effekte auf Demokratisierung im ausrichtenden Land

Referat Medien- und Öffentlichkeitsarbeit, Abteilung 2
Universität Hamburg

    Führen sportliche Großereignisse wie die Olympischen Spiele – neben viel Aufmerksamkeit – auch zu mehr Menschenrechten und Demokratie im gastgebenden Land? Forschende der Fakultät für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften an der Universität Hamburg haben dies erstmals statistisch untersucht und können keine entsprechenden Auswirkungen feststellen. Die Ergebnisse werden in der kommenden Ausgabe von „Economic Analysis and Policy“ veröffentlicht und sind Open Access verfügbar.

    Aktuell wird in vielen deutschen Städten wieder über eine Bewerbung für die Olympischen Sommerspiele diskutiert. Bei den Vergaben der vergangenen Jahrzehnte kam es immer wieder zu Protesten, da die gastgebenden Länder wegen Menschenrechtsverletzungen in der Kritik standen. Das Internationale Olympische Komitee argumentierte – wie auch die Ausrichter anderer sportlicher Großveranstaltungen – damit, dass das Event in autokratischen Ländern zu Demokratisierung, mehr Pressefreiheit und mehr Rechten für alle führen würde.

    Die aktuelle Studie des Teams um Prof. Dr. Wolfgang Maennig, Professor für Volkswirtschaftslehre und Wirtschaftspolitik an der Universität Hamburg, hat diese These nun erstmals umfassend ökonometrisch untersucht und konnte die Aussage nicht bestätigen. Erfasst wurden die Entwicklung und Veränderung von Demokratie in mehr als 102 Ländern zwischen 1972 und 2019 und mit der Ausrichtung von Olympischen Spielen in Verbindung gesetzt.

    Basis für die statistischen Berechnungen waren verschiedene, in der Forschung verwendete Demokratie-Indikatoren, wie der „V-Dem democracy index“, der unter anderem den Schutz individueller Rechte und das Maß politischer Beteiligung in einem Land erfasst. Bei den Berechnungen wurde für Einflussgrößen wie Bildungsgerechtigkeit, Demokratiegrad der umliegenden Länder oder Bruttoinlandsprodukt pro Kopf kontrolliert. Auch Umstände, die sich negativ auswirken können, wurden berücksichtigt, etwa die Abhängigkeit von Öl und anderen natürlichen Ressourcen. Insgesamt wurden 21 Variablen und verschiedene Berechnungs- und Untersuchungsmethoden angewendet.

    „Wir konnten in unseren Berechnungen zwar feststellen, dass sich das Maß an Demokratie im Laufe des Untersuchungszeitraums in den Ländern verändert hat, allerdings konnten wir keine signifikanten Auswirkungen der Olympischen Spiele feststellen – weder positiv noch negativ“, erklärt Prof. Maennig. Das gelte sowohl für demokratische als auch für autokratische Länder.

    Um Verzerrungen und versteckte Effekte auszuschließen, berücksichtigte das Team unter anderem die Heterogenität der ausrichtenden Länder, die verschiedenen Zeitpunkte und die damit verbundenen unterschiedlichen weltpolitischen Situationen, mögliche Unterschiede zwischen Winter- und Sommerspielen sowie eventuelle früher beginnende Demokratisierungsprozesse, zum Beispiel bereits bei der Bewerbung.

    „Es ist auf Basis unserer Daten nicht auszuschließen, dass es kurzfristig in den Austragungsländern zu einer Zunahme an Optimismus oder – abhängig vom Erfolg bei der Durchführung – zu einem gesteigerten Ansehen auch der Regierung kommt“, sagt Studienautor Maennig, der 1988 selbst Olympiasieger im Rudern war. Allerdings seien diese Effekte anscheinend so kurzfristig, dass sie in der Untersuchung keine signifikanten Auswirkungen auf das Maß an Demokratie zeigten. Ein Ergebnis, das laut Maennig auch für andere große Sportereignisse wie Fußball-Weltmeisterschaften gelten dürfte.

    Da neben dem fehlenden demokratischen Effekt auch ein wirtschaftliches Wachstum in vielen Forschungspublikation infrage gestellt werde, kommt das Forschungsteam zu dem Schluss, dass die Frage nach tatsächlichen Effekten der Olympischen Spiele weiter offen sei. „Für die derzeit laufenden Bewerbungen in Deutschland dürften diese Ergebnisse positiv sein, da das Argument entfällt, in weniger demokratischen Bewerberländern mit der Vergabe der Spiele mehr positiven politischen Nutzen stiften zu können“, so Maennig.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Prof. Dr. Wolfgang Maennig
    Universität Hamburg
    Fakultät für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften
    Fachbereich Volkswirtschaftslehre
    Tel.: +49 40 42838-4622
    E-Mai: wolfgang.maennig@uni-hamburg.de


    Originalpublikation:

    Leo M Doerr, Elias B Leppert, Wolfgang Maennig: Olympic Games and democracy, Economic Analysis and Policy, Volume 87, 2025, ISSN 0313-5926, DOI: https://doi.org/10.1016/j.eap.2025.07.004.


    Weitere Informationen:

    https://doi.org/10.1016/j.eap.2025.07.004 Originalpublikation


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Politik, Sportwissenschaft, Wirtschaft
    überregional
    Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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