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29.07.2025 08:51

Praxisnähe at its best: Zwei HSBI-Studentinnen illustrierten die neuen Jane-Austen-Buch-Cover des Suhrkamp Verlages

Dr. Lars Kruse Ressort Hochschulkommunikation
Hochschule Bielefeld

    Für die Bachelor-Studierenden Julia Leister und Maria Wiese sind es Big Points in ihren Portfolios als junge Gestalterinnen. Für ihren Professor Dirk Fütterer war es eine große Bestätigung: Das Buch-Cover als Lernobjekt lebt! Und je mehr Praxisbezug, desto besser. Beim kooperierenden Suhrkamp Verlag sah man das genauso. Und so entstanden im Seminar „Das Buch als [popkulturelles] Kultobjekt“ Umschlaggestaltungen für Jane Austens drei berühmteste Romane, die vor Kurzem auf den Markt gekommen sind.

    Bielefeld (hsbi). Kürzlich sind im Insel-Verlag sechs Bücher erschienen, deren Umschläge Studierende der Hochschule Bielefeld (HSBI) gestaltet haben. Eine Meldung, die mit diesem Satz beginnt, hätte vor gut einem Jahr niemand der Beteiligten für möglich gehalten: nicht beim weltberühmten Berliner Verlag, nicht die beiden jungen Illustratorinnen und eigentlich nicht einmal der Professor, der den Coup eingefädelt hat. „Ich habe mich vorher sogar ernsthaft gefragt, ob man ein Seminar zum Thema Buch-Cover überhaupt noch machen kann“, gesteht Dirk Fütterer, Professor für Typografie und Editorial Design (u.a. auch Buchgestaltung).

    „Ich habe unheimlich viel gelernt!“

    Er konnte. Und wie! Denn Fütterers Ansatz „Das Buch als [popkulturelles] Kultobjekt“ brachte einen aktuellen Trend auf den Punkt. „Die Frage ist ja: Geht es noch um das klassische Leitmedium oder ist das Buch inzwischen etwas, das sich sehr gut in den Sozialen Medien zelebrieren lässt“, sagt er. So ist #BookTok ist nicht länger bloß ein Hashtag, sondern ein relevanter Marktfaktor: Über 25 Millionen Bücher wurden vergangenes Jahr in Deutschland aufgrund von Empfehlungen der TikTok-Plattform verkauft. Und die Leipziger Buchmesse feierte gerade einen neuen Besucherrekord – der Ticketverkauf musste wegen der extrem hohen Nachfrage zeitweilig sogar begrenzt werden. Das Buch kommt zurück als Vehikel des Digital Detox und Lifestyle-Trophäe. „Entsprechend muss es natürlich gestaltet sein“, so Fütterer.

    Das Herzstück des Seminars bildete eine Praxisaufgabe: die komplette Gestaltung dreier Buchtitel, und zwar von nichts Geringerem als „Verstand und Gefühl“, „Stolz und Vorurteil“ sowie „Emma“ von Jane Austen. „Ich kannte die Bücher und habe auch die meisten Verfilmungen gesehen“, sagt Julia Leister, deren Entwurf es schließlich zur Veröffentlichung schaffte und die nun kurz vor ihrem Bachelor-Abschluss in Gestaltung steht. „Deswegen hatte ich mich über die Aufgabe total gefreut. Von der Zusammenarbeit mit dem Suhrkamp und Insel Verlag wussten wir allerdings vorher nichts.“ Maria Wiese, deren Gestaltung die englische Originalfassung der drei Romane ziert, ergänzt: „Mit soviel Praxiserfahrung hatte ich nicht gerechnet. Durch den direkten Kundenkontakt und das realistische Briefing habe ich unheimlich viel gelernt.“

    Suhrkamp nahm sich sehr viel Zeit für das Projekt

    Für den Suhrkamp und Insel Verlag war die Kooperation mit der HSBI ebenfalls etwas ganz Besonderes. „Wir arbeiten zwar auch mit den Kunsthochschulen Berlin-Weißensee und Halle sowie der Universität der Künste Berlin zusammen, aber ein Projekt mit so vielen Beteiligten und eine so große Auswahl an Vorschlägen gab es tatsächlich noch nie“, sagt Herstellungsleiterin Dr. Alexandra Stender. „Es hat sich gelohnt, dass Dirk Fütterer bei uns immer wieder für seine Sache geworben und für seine Studierenden gekämpft hat. Und ich musste ja mein ganzes Haus überzeugen, dass wir das durchziehen.“

    Bei der Endpräsentation in der Hauptstadt im Juli 2024 hatten alle Kursteilnehmenden die Möglichkeit, ihre Entwürfe von der Ideenfindung über Moodboards bis hin zur Endfassung den Suhrkamp-Profis vorzustellen. „Viele Kollegen nahmen sich einen ganzen Tag lang Zeit“, sagt Alexandra Stender. „Und das hat großen Spaß gemacht! Bei unseren 400 Neuerscheinungen im Jahr haben wir sonst häufig für die Entscheidungsfindung bei der Umschlaggestaltung sehr viel weniger Zeit.“

    Verspielt illustrativ bis streng typografisch: Bandbreite an Entwürfen

    Am Ende waren es drei Entwürfe, die der Verlag aussuchte, um sie ihren Instagram- und TikTok-Communitys zur Online-Abstimmung vorzulegen. „Innerhalb von 24 Stunden gaben die User weit über eintausend Votes ab“, sagt Ellen Möckel, die bei Suhrkamp und Insel die Covergestaltung verantwortet. „Das Ergebnis war eindeutig. Interessanterweise hatten sich die Studierenden bei einer internen Abstimmung sehr ähnlich entschieden.“ Am meisten überrascht hat Möckel allerdings die enorme Bandbreite der Kreationen aus Bielefeld. „Von verspielt illustrativ streng typografisch war alles dabei. Man konnte viele unterschiedliche Trends ablesen, aber es gab auch progressive Gestaltungen, die herausragten. Dieses weite Feld an Vorschlägen zu sehen, war absolut erstaunlich.“

    „Don’t judge a book by its cover“, heißt es ja – im Wettbewerb der giga vielen Bilder online wie offline muss die Buchbranche heutzutage nahezu das Gegenteil proklamieren, um die Aufmerksamkeit von Millennials und Gen Zs zu wecken. „Der Umschlag muss so funktionieren, dass innerhalb einer Sekunde erfasst werden kann, worum es geht“, sagt Alexandra Stender. „Das Entscheidende ist, dass sich über die Gestaltung unmittelbar ein Gefühl einstellen soll.“ Für die Jane-Austen-Reihe war es darüber hinaus besonders wichtig, dass die Titel zusammenpassen. „Wenn man eines der Bücher erwirbt, soll man auch die anderen haben wollen“, erklärt Stender. „Darum ist hier die Verpackung so extrem wichtig.“

    Mühsame Handarbeit schlägt KI

    Tatsächlich war dem Suhrkamp-Team bereits nach der Zwischenpräsentation der Studierenden klar, dass auf jeden Fall etwas dabei war, womit man würde arbeiten können. „Geplant hatte das niemand“, sagt HSBI-Professor Dirk Fütterer. „Umso beeindruckender finde ich es, dass nun sogar zwei Entwürfe zur Veröffentlichung gelangen. Das ist auch ein Zeichen für das Niveau, auf dem die Studierenden bereits jetzt arbeiten. Die Qualität war übrigens durchgehend hoch, und es gab eine unglaubliche Dynamik in dem Kurs.“ Mit KI hätten zwar einige der Studierenden gearbeitet, so Fütterer, aber das seien nicht die Favoriten gewesen. „Was Suhrkamp schließlich genommen hat – übrigens mit branchenüblichem Vertrag und Honorar –, war das Ergebnis mühsamer Handarbeit.“

    Zarte, stimmungsvolle Arbeiten von Julia Leister

    Julia Leister, deren Kreationen nun die deutschen Jane-Austen-Romane schmücken, hat sich für eine symbolhafte Lösung entschieden. „Es geht ja um starke, selbstbestimmte Frauenfiguren, aber auch um Emotionalität“, erklärt sie. „Ein Hauch Romantik ist dabei, doch immer mit Intellekt. Dafür wollte ich Metaphern finden. Für ‚Verstand und Gefühl‘ habe ich zwei Blumen gewählt, die Kamille und den Mohn, die für die beiden charakterlich sehr unterschiedlichen Schwestern stehen. Bei ‚Stolz und Vorurteil‘ ist der Handschuh das Symbol für gesellschaftliche Normen, die die echten Gefühle verdecken, und der Schlüssel symbolisiert, wie die Charaktere sich einander gegenseitig öffnen. Und bei ‚Emma‘ verweisen Spiegel und Perlenkette auf die Themen Selbsttäuschung und Selbsterkenntnis.“

    Leister ist neben ihrem HSBI-Studium bereits als Illustratorin im Geschäft. Über 50.000 Follower hat sie auf ihrem Instagram-Profil, das ihr auch als Business-Plattform dient. „Mit ihrem warmen und gefühlvollen lllustrationsstil ist Julia Leister hier ganz bei sich geblieben“, sagt ihr Professor. „Damit hat sie offensichtlich einen Nerv getroffen.“ Alexandra Stender von Suhrkamp unterstreicht das: „Sie hat sehr zarte, stimmungsvolle Arbeiten geliefert, die den Ton von Jane Austen hervorragend treffen.“

    Maria Wiese: „Klassisch, aber nicht altbacken!“
    Maria Wiese hat einen ganz anderen Ansatz gewählt und überzeugte mit ihrem Gesamtkonzept. „Ich habe jeweils Blumenmuster entworfen, die sich über das komplette Buch erstrecken“, erzählt sie. „Ich wollte etwas Klassisches kreieren, das aber nicht altbacken aussieht. Diese Ornamente stehen nicht zuletzt für die aufbrechenden Gesellschaftsnormen des kurzen Regency-Zeitalters zwischen 1810 und 1820 in Großbritannien. Die typischen Muster der Epoche haben mich inspiriert, doch letztlich habe ich etwas Eigenes daraus gemacht.“

    Suhrkamp-Mitarbeiterin Ellen Möckel ist beeindruckt davon, wie konsequent sich Wiese an das Briefing gehalten hat. „Die Genauigkeit in der Umsetzung war schon in den ersten Entwürfen sichtbar“, sagt sie. „Ein äußerst professioneller Aufschlag!“ Das Konzept eignete sich außerdem hervorragend für eine Veredelung: „Die englische Ausgabe ist deshalb nun komplett geprägt und erscheint sehr hochwertig.“

    Dirk Fütterer sieht sich durch all das bestätigt in seinem Ansatz des Praxisbezuges und auch des Seminarthemas der Covergestaltung. „Text-Bild-Kombination – das klingt so einfach, ist aber tatsächlich hoch komplex“, sagt der Professor. „Man hat ja nur ein Bild frei, und das muss seinen Reiz in Kombination mit dem Titel innerhalb von Millisekunden entfalten. Das richtig hinzukriegen, ist aus meiner Sicht eine der Schlüsselkompetenzen, die man im Laufe des Studiums entwickeln muss. Denn die KI-Tools können es ohne unser Zutun noch nicht. Die Studierenden brauchen Erfahrung – und so ein Praxistest ist da unglaublich aufschlussreich.“


    Weitere Informationen:

    https://www.hsbi.de/presse/pressemitteilungen/praxisnaehe-at-its-best-zwei-hsbi-... Pressemitteilung auf www.hsbi.de


    Bilder

    HSBI-Studentinnen Julia Leister (links) und Maria Wiese (rechts) mit ihren Umschlaggestaltungen für Jane Austens drei berühmteste Romane, die kürzlich neu auf den Markt gekommen sind.
    HSBI-Studentinnen Julia Leister (links) und Maria Wiese (rechts) mit ihren Umschlaggestaltungen für ...

    Copyright: Julia Leister/Maria Wiese

    Julia Leister nutzte Metaphern bei ihrer Gestaltung: Bei „Verstand und Gefühl" beispielsweise für Illustrationen von Kamille und Mohn, die für die beiden charakterlich sehr unterschiedlichen Schwestern im Roman stehen.
    Julia Leister nutzte Metaphern bei ihrer Gestaltung: Bei „Verstand und Gefühl" beispielsweise für Il ...

    Copyright: Julia Leister


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Kulturwissenschaften, Kunst / Design, Medien- und Kommunikationswissenschaften
    überregional
    Studium und Lehre, Wettbewerbe / Auszeichnungen
    Deutsch


     

    HSBI-Studentinnen Julia Leister (links) und Maria Wiese (rechts) mit ihren Umschlaggestaltungen für Jane Austens drei berühmteste Romane, die kürzlich neu auf den Markt gekommen sind.


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    Julia Leister nutzte Metaphern bei ihrer Gestaltung: Bei „Verstand und Gefühl" beispielsweise für Illustrationen von Kamille und Mohn, die für die beiden charakterlich sehr unterschiedlichen Schwestern im Roman stehen.


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