Angesichts der bei der COP29 in Baku beschlossenen Klimafinanzierungsziele haben Klimaökonomen des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) untersucht, welches Potenzial in gemeinsam erhobenen Abgaben kleinerer Staatenbündnisse auf fossile Brennstoffe steckt. Ihre Analyse zeigt: Abgabenmodelle dieser Art könnten jährlich 66 Milliarden US-Dollar für den Klimaschutz in Ländern des globalen Südens mobilisieren. Durch zusätzliche Maßnahmen wie die Bepreisung von Treibhausgas-Emissionen aus dem internationalen Luft- und Seeverkehr ließe sich nicht nur die Zahl der teilnehmenden Länder erhöhen, sondern auch die potenziellen Einnahmen könnten auf 200 Milliarden US-Dollar pro Jahr anwachsen.
Bei der Weltklimakonferenz COP29 in Baku 2024 haben die Regierungen ein neues Ziel für die internationale Klimafinanzierung beschlossen: 300 Milliarden US-Dollar jährlich bis 2035, mit der Absicht, insgesamt 1,3 Billionen US-Dollar aus öffentlichen und privaten Quellen zu mobilisieren. Ein konkreter Mechanismus zur Erhebung dieser Beiträge wurde dabei jedoch nicht festgelegt. Die neue Analyse des PIK untersucht jetzt Szenarien, in denen Staaten aus Eigeninteresse kooperieren, um Abgaben auf fossile Brennstoffe zu erheben und die so gewonnenen Einnahmen gezielt an Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen weiterzugeben. Dadurch ließen sich in diesen Ländern Maßnahmen finanzieren, die die Nutzung fossiler Brennstoffe reduzieren.
Besonders wirksam ist laut den Autoren ein kooperativer Ansatz: Wenn etwa die EU die Höhe der Abgaben davon abhängig macht, welche anderen Länder sich beteiligen, entstehen auch für große Importeure wie China gezielte Anreize, Teil solcher Koalitionen zu werden. Im Falle einer Zusammenarbeit zwischen der EU und China würde sich das gemeinsam aufgebrachte Klimafinanzierungsvolumen im Vergleich zu einem Alleingang vervierfachen. Auch wirtschaftlich würde sich die Zusammenarbeit rechnen: Wird der Erlös aus den Abgaben auf Öl und Gas in die Energiewende in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen investiert, sinkt die globale Nachfrage – und damit auch der Weltmarktpreis für fossile Brennstoffe. Diese preisdämpfende Wirkung könnte mögliche Mehrkosten für Verbraucherinnen und Verbraucher vollständig ausgleichen.
„Regierungen stehen weltweit unter wachsendem finanziellem Druck und fragen sich, woher das Geld für internationalen Klimaschutz kommen soll. Kleinere Bündnisse von Staaten, die bei verschiedenen Abgabenmodellen zusammenarbeiten, könnten einen entscheidenden Beitrag leisten – ohne dass Verbraucherinnen und Verbrauchern dadurch zusätzliche Kosten entstehen“, erklärt PIK-Direktor Ottmar Edenhofer, Autor des Reports.
+++Milliarden für Entwicklungsländer+++
Für Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen ergeben sich daraus konkrete Vorteile: In einem Szenario gemeinsamer Abgaben von EU und China könnten sie jährlich 66 Milliarden US-Dollar zur Reduktion fossiler Energien erhalten – davon 33 Milliarden US-Dollar als Nettogewinn. Hinzu kommen geschätzte 78 Milliarden US-Dollar an vermiedenen Klimaschäden und 19 Milliarden US-Dollar Einsparungen durch sinkende Energiepreise. Neben den finanziellen Vorteilen würde ein solches Bündnis zu einer jährlichen Reduktion von über einer Milliarde Tonnen CO₂ führen – mehr als die gesamten Emissionen Deutschlands.
Die vorgeschlagene Koalition von Importländern fossiler Brennstoffe könnte an die kürzlich erneuerte Zusammenarbeit zwischen der EU und China im Klimaschutz anknüpfen. Besonders großes Potenzial liegt laut der Studie in einer internationalen Bepreisung von Emissionen aus dem Luft- und Schiffsverkehr: Damit könnten über 200 Milliarden US-Dollar jährlich eingenommen werden und die Emissionen um rund 1,5 Milliarden Tonnen CO₂ pro Jahr senken – das entspricht etwa der Hälfte der Emissionen Europas.
+++Ein Modell für globale öffentliche Güter+++
Internationale Vorreiter gibt es bereits: Eine Gruppe von Staaten, darunter Antigua und Barbuda, Barbados, Benin, Frankreich, Kenia, Sierra Leone, Somalia und Spanien, kündigte kürzlich an, gemeinsam Abgaben auf Privatjets und Premiumflüge zu erheben, um Mittel für Klimaschutz und nachhaltige Entwicklung zu generieren. Barbados, Frankreich und Kenia leiten zudem eine internationale Taskforce für globale Solidaritätsabgaben, die neue Wege zur Finanzierung globaler öffentlicher Güter erforschen soll.
„Unsere Analyse zeigt deutlich: Koalitionen zur Finanzierung globaler öffentlicher Güter sind ein Gewinn für alle Beteiligten. Wenn die Einnahmen gezielt für internationale Klimafinanzierung verwendet werden, lassen sich die Vorteile weltweit gerecht verteilen“, sagt PIK-Forscher Matthias Kalkuhl.
Die Studie ist ein Beitrag zum Projekt „Entwicklungshilfe im beiderseitigen Interesse von Gebern und Empfängern“, das von der Gates-Stiftung finanziert und vom Kiel Institut für Weltwirtschaft koordiniert wird.
Artikel: Edenhofer, O., Kalkuhl, M., Stern, L., (2025): How to scale up effective international climate finance by the EU? – Kiel Working Paper, 2296.
Weblink zum Report, sobald dieser veröffentlicht ist: https://www.ifw-kiel.de/de/publikationen/how-to-scale-up-effective-international...
Der Report ist auf Nachfrage erhältlich.
Artikel: Edenhofer, O., Kalkuhl, M., Stern, L., (2025): How to scale up effective international climate finance by the EU? – Kiel Working Paper, 2296.
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