Ein internationales Forschungsteam hat ein neues Protein identifiziert, das Enzyme gezielt in Peroxisomen einschleust. Seine Arbeitsweise ist außergewöhnlich: Es agiert wie bei einem Staffel-Lauf.
Peroxisomen kann man sich als winzige, mit Enzymen gefüllte Bläschen vorstellen, die in allen Zellen vorkommen, besonders reichlich in der Leber. Sie sind an verschiedenen wichtigen Stoffwechselreaktionen beteiligt, etwa am Abbau von Fettsäuren und Aufbau von Biomembranen wie der Myelinschicht von Nervenfasern. Sie helfen auch bei der Entgiftung von Zellen, indem sie schädliches Wasserstoffperoxid zersetzen.
Wenn Peroxisomen nicht richtig funktionieren oder sogar fehlen, kann das schwere Folgen haben – zum Beispiel Erkrankungen des Zellweger-Spektrums. Bei diesen seltenen Erbkrankheiten sind unter anderem die Funktionen der Leber, Nieren, des Gehirns und anderer Organe gestört. Von der schweren Form Betroffene werden in der Regel nur wenige Monate alt.
Was die Funktionsweise der Peroxisomen angeht, steht die Wissenschaft noch vor einigen Fragen. An deren Lösung arbeitet auch das Team von Professorin Bettina Warscheid, Leiterin des Lehrstuhls für Biochemie II an der Julius-Maximilians-Universität (JMU) Würzburg. Ihre Gruppe hat jetzt mit Partnern in den USA und Portugal neue Erkenntnisse erarbeitet und im Journal Nature Cell Biology veröffentlicht.
Protein agiert wie bei einem Staffel-Lauf
Im Kern geht es dabei um die Art und Weise, wie Peroxisomen bestimmte Enzyme importieren – ohne diese Enzyme könnten sie keine Fettsäuren abbauen. Für den Import sind spezielle Proteine zuständig, die Peroxine genannt werden, kurz PEX.
„Wir haben mit PEX39 ein neues Peroxin identifiziert, das am Enzym-Import mitwirkt, und zwar nach einem bisher unbekannten Prinzip“, sagt Daniel Wendscheck, Erstautor der Publikation und Doktorand im Team von Bettina Warscheid. Diese Entdeckung ist außergewöhnlich, denn in den letzten 20 Jahren wurde kein einziges neues menschliches Peroxin beschrieben.
Die Arbeitsweise von PEX39 lässt sich mit der einer Leichtathletik-Laufstaffel vergleichen: Es greift sich die zu transportierenden Enzyme, bringt sie wie einen Staffelstab zu den Peroxisomen und reicht sie an deren Membran an die nächsten Mitglieder der Importkette weiter.
Erster Hinweis aus Hefezellen
Neu entdeckt im eigentlichen Sinn wurde das Protein PEX39 nicht: Dass es existieren muss, ist seit der Aufklärung des menschlichen Genoms bekannt. Nur konnte bislang niemand sagen, wo es im Körper auftritt und welche Rolle es spielt.
Das Team von Bettina Warscheid kam diesem Protein, das im Körper nur in äußerst geringen Mengen vorkommt, durch massenspektrometrische Analysen von Proteinkomplexen in Hefe auf die Schliche.
„Wir fanden dabei einen ersten Hinweis, dass es in Peroxisomen eine Rolle spielen könnte“, sagt Daniel Wendscheck. Der Beweis gelang schließlich mit einer eigens erzeugten Hefe-Mutante, die kein PEX39 besitzt: Sie wuchs mit Ölsäure als Nahrungsbasis nur sehr schlecht – und Ölsäure wird in Hefezellen ausschließlich in Peroxisomen verstoffwechselt. Viele Proteine der Hefe sind mit denen des Menschen nahezu identisch; Studien an menschlichen Zellen bestätigten dann die Bedeutung von PEX39 für den Import peroxisomaler Enzyme.
Kooperation mit Forschenden aus USA und Portugal
An dieser Forschungsarbeit waren neben Bettina Warscheids Team maßgeblich beteiligt: die Forscher Professor Ralph J. DeBerardinis und Dr. Walter W. Chen vom Eugene McDermott Center for Human Growth and Development (USA) sowie Professor Jorge Azevedo und Dr. Tony Rodrigues von der Universität Porto (Portugal).
Wie die nächsten Forschungsschritte aussehen
Die Gruppe von Bettina Warscheid wird PEX39 weiter erforschen. Die Ergebnisse könnten helfen, dass die Wissenschaft bislang nur unzureichend verstandene Krankheitsbilder besser erklären kann.
Zuerst aber wird es am Würzburger Lehrstuhl darum gehen, das neu entdeckte Funktionsprinzip von PEX39 auf Strukturebene detailliert aufzuklären. „Obwohl Peroxisomen bereits vor 70 Jahren entdeckt wurden, geben sie uns noch viele Rätsel auf“, sagt die JMU-Professorin. „Unser Ziel ist, diese mit neusten Methoden der hochauflösenden Massenspektrometrie und Strukturanalyse zu lösen.“
Prof. Dr. Bettina Warscheid, Lehrstuhl für Biochemie II, Universität Würzburg, bettina.warscheid@uni-wuerzburg.de, Webseite:
www.biozentrum.uni-wuerzburg.de/biochem2/
PEX39 facilitates the peroxisomal import of PTS2-containing proteins, Nature Cell Biology, 30. Juli 2025, DOI 10.1038/s41556-025-01711-z
Wie bei einem Staffel-Lauf: Das Protein PEX39 (lila) trägt Enzyme (gelb) wie einen Staffelstab zu de ...
Quelle: Daniel Wendscheck
Copyright: Universität Würzburg
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Studierende, Wissenschaftler
Biologie, Chemie, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
Wie bei einem Staffel-Lauf: Das Protein PEX39 (lila) trägt Enzyme (gelb) wie einen Staffelstab zu de ...
Quelle: Daniel Wendscheck
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