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01.08.2025 12:59

VolkswagenStiftung fördert mikrobiologisches Pioniervorhaben der Friedrich-Schiller-Universität Jena

Dr. rer. nat. Marco Körner Abteilung Hochschulkommunikation/Bereich Presse und Information
Friedrich-Schiller-Universität Jena

    In der Biologie sind drei Domänen des zellbasierten Lebens bekannt: Eukaryoten – zu denen auch der Mensch zählt –, Bakterien und Archaeen. Ein Forschungsteam des Exzellenzclusters „Balance of the Microverse“ der Universität Jena begibt sich nun auf die Suche nach einer möglichen Übergangsform zwischen Eukaryoten und Prokaryoten, die potenziell eine vierte Domäne des Lebens bildet. Die VolkswagenStiftung unterstützt dieses Pioniervorhaben, das im Erfolgsfall einen wissenschaftlichen Paradigmenwechsel herbeiführen könnte, ab dem heutigen 1. August 2025 in den kommenden fünf Jahren mit rund 1,4 Millionen Euro.

    „Forschung ist natürlich immer die Suche nach dem Unbekannten, aber es gibt verschiedene Arten des Unbekannten“, erklärt Christian Jogler, Professor für Mikrobielle Interaktionen an der Universität Jena, und führt aus: „Einerseits gibt es das bekannte Unbekannte, von dem wir wissen, dass es existiert, das aber noch nicht verstanden ist – wie etwa die Dunkle Materie in der Astrophysik. Noch schwerer zu fassen ist dagegen das unbekannte Unbekannte, von dem wir nicht einmal wissen, dass es existiert. Entdeckt man so ein unbekanntes Unbekanntes, führt das zu wirklich bedeutenden Paradigmenwechseln in der Wissenschaft wie beispielsweise die Entdeckung, dass nicht die Erde, sondern die Sonne im Mittelpunkt unseres Planetensystems ist.“

    Als mikrobiologisches Beispiel nennt Jogler räuberische Prokaryoten, also zellkernlose Mikroben, die andere Bakterien zur Nahrungsaufnahme jagen. Dieses Jagdverhalten sollte laut dem früheren Stand der Wissenschaft nur Eukaryoten, also Zellen mit Zellkern, vorbehalten sein. Da das als Faktum galt, wurde entsprechend auch nicht nach räuberischen Prokaryoten gesucht. Trotzdem gelang es dem Team um Prof. Jogler 2024, ein solches Bakterium vor der Küste von Helgoland zu finden, zu isolieren und zu beschreiben.

    Ein mikrobieller Archaeopteryx?

    Aber wie sucht man gezielt nach etwas, von dem man nichts weiß? „Hier helfen Gedankenexperimente: Wir vermuten, dass es eine Übergangsform zwischen den Prokaryoten und den komplexeren Eukaryoten gegeben haben muss, quasi einen mikrobiellen Archaeopteryx“, erläutert der Mikrobiologe. Ähnlich wie der Archaeopteryx Merkmale von Dinosauriern und heutigen Vögeln aufwies, sollten die vermuteten Mikroben Merkmale von Prokaryoten und Eukaryoten aufweisen. „Der Vergleich mit dem Archaeopteryx zeigt aber auch das Risiko dieser Suche“, ergänzt Jogler. „Er ist schließlich ausgestorben. Es kann also sein, dass wir auf unserer Suche nichts finden, weil es diese Art nicht mehr gibt – oder weil sie so nie existiert hat.“ Genau diese Unwägbarkeit, kombiniert mit möglichen bedeutenden Entdeckungen, ist ein entscheidendes Kriterium für die fünfjährige Förderung im Programm „Pioniervorhaben – Explorationen des unbekannten Unbekannten“ durch die VolkswagenStiftung.

    Neben der Suche nach dem Bindeglied zwischen Prokaryoten und Eukaryoten möchte das Projektteam auch dem Ursprung des zellulären Lebens selbst so nahe wie möglich kommen. Dazu postulieren die Forschenden mit der 4D-Hypothese die Existenz einer vierten Domäne des Lebens, die sie als „Planctomycia“ bezeichnen.

    Neue Technologien für die Mikrobiologie

    Um diese ambitionierten Ziele zu erreichen, entwickelt die Arbeitsgruppe um Christian Jogler eine völlig neue Technik, die sogenannte „Microscale Microbiology“. „Mit dieser Methode können wir einzelne Bakterienzellen direkt beobachten, manipulieren und genetisch charakterisieren, ohne auf langwierige Kultivierungsverfahren angewiesen zu sein“, erklärt Jogler. Die Technologie könnte perspektivisch auch in der medizinischen Diagnostik Anwendung finden und beispielsweise die schnelle Bestimmung der optimalen Antibiotikatherapie bei Infektionskrankheiten ermöglichen.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Prof. Dr. Christian Jogler
    Institut für Mikrobiologie der Friedrich-Schiller-Universität Jena
    Neugasse 24
    07743 Jena
    Tel.: 03641 / 949301
    E-Mail: christian.jogler@uni-jena.de


    Weitere Informationen:

    https://www.volkswagenstiftung.de/de/foerderung/foerderangebot/pioniervorhaben-e...


    Bilder

    Der Mikrobiologe Prof. Dr. Christian Jogler wird von der VolkswagenStiftung für ein Pioniervorhaben zur Suche nach dem mikrobiellen Ursprung des Lebens gefördert.
    Der Mikrobiologe Prof. Dr. Christian Jogler wird von der VolkswagenStiftung für ein Pioniervorhaben ...
    Quelle: (Foto: Jens Meyer/Uni Jena)


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler
    Biologie
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

    Der Mikrobiologe Prof. Dr. Christian Jogler wird von der VolkswagenStiftung für ein Pioniervorhaben zur Suche nach dem mikrobiellen Ursprung des Lebens gefördert.


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