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11.08.2025 12:23

Vertrag von Kunming-Montreal bringt Schutz der biologischen Vielfalt in den Meeren voran

Ute Kehse Presse & Kommunikation
Carl von Ossietzky-Universität Oldenburg

    Eine neue Studie stellt fest, dass die 2022 im „Globalen Biodiversitätsrahmen von Kunming-Montreal“ verabschiedeten Biodiversitätsziele wissenschaftsbasiert sind und eine Verbesserung gegenüber den zuvor geltenden Aichi-Zielen darstellen. Die neuen Vorgaben seien gut geeignet, um die marine biologische Vielfalt in ihrer ganzen Bandbreite zu schützen, berichtet ein internationales Team im Fachblatt „Frontiers in Ecology and the Environment“.

    Um die biologische Vielfalt zu schützen, unterzeichneten zahlreiche Länder 2022 ein Naturschutzabkommen, den „Globalen Biodiversitätsrahmen von Kunming-Montreal“. Unter anderem stellt der Vertrag verschiedene Ziele auf, die von den Staaten in nationales Recht umgesetzt werden müssen. So sollen etwa 30 Prozent der globalen Landes- und Meeresfläche bis 2030 unter Schutz stehen. Was die biologische Vielfalt in den Meeren betrifft, stellen diese Ziele aus wissenschaftlicher Sicht eine Verbesserung gegenüber den 2010 verabschiedeten Aichi-Zielen dar, heißt es in einer soeben veröffentlichten Studie. Die neuen Vorgaben seien gut geeignet, um die marine biologische Vielfalt in ihrer ganzen Bandbreite zu schützen, berichtet ein internationales Team um Dr. Jan-Claas Dajka vom Helmholtz-Institut für Funktionelle Marine Biodiversität an der Universität Oldenburg (HIFMB) und Anne Eilrich von der Universität Kiel im Fachblatt „Frontiers in Ecology and the Environment“.

    Beim Naturschutz besteht eine große Herausforderung darin, dass sich kein zentrales Ziel wie das 1,5-Grad-Ziel beim Klimaschutz definieren lässt, um die Biodiversität in ihrer gesamten Bandbreite zu schützen. „Die biologische Vielfalt spielt sich auf verschiedenen Ebenen ab, von Genen über Arten bis hin zu Ökosystemen“, sagt Hauptautor Dajka. Die von den Vertragsstaaten der UN-Biodiversitätskonvention 2010 verabschiedeten Aichi-Ziele scheiterten nach Meinung von Experten unter anderem daran, dass die darin festgehaltenen Vorsätze größtenteils nicht messbar waren. Mit dem Nachfolgeabkommen von Kunming-Montreal einigte sich die Staatengemeinschaft 2022 auf einen neuen strategischen Plan.
    Aus Sicht des internationalen Teams um Dajka und Eilrich ist es mit dem Kunming-Montreal-Vertrag gelungen, robuste, wissenschaftsbasierte Ziele zu etablieren, die in ihrer Gesamtheit die komplexen Ebenen der Biodiversität gut einfangen. „Unsere Analyse zeigt, dass die globale Politik deutlich nachgebessert hat und sich beim Schutz der biologischen Vielfalt stark an der Wissenschaft orientiert“, erklärt Dajka. Die Ziele geben dem Team zufolge einen guten Rahmen vor, an dem sich die nationale Politik bei der Umsetzung orientieren kann.

    Zu diesem Ergebnis kamen die Forschenden durch eine systematische Literaturanalyse. Sie untersuchten zum einen wissenschaftliche Studien zu mariner Biodiversität aus der Zeit zwischen 2010 und 2020 und zum anderen verschiedene politische Abkommen zum Meeresschutz aus dem gleichen Zeitraum. Ihr Ziel war es herauszufinden, welche Indikatoren Wissenschaft und Politik verwenden, um den Wandel der marinen Biodiversität zu überwachen.

    Der Studie zufolge orientieren sich sowohl Wissenschaft als auch Politik überwiegend an sechs sogenannten „essenziellen Biodiversitätsvariablenklassen“. Zu diesen Variablen gehören zum Beispiel die räumliche Verbreitung einer Spezies, die genetische Variabilität innerhalb einer Art, äußere Merkmale wie der Körperbau oder auch die Struktur eines Ökosystems. Gemeinsam erlauben diese sechs Klassen einen umfassenden Blick auf alle Facetten der Biodiversität, so das Team. „Wenn die Politik sich daran orientiert, kann sie sicherstellen, dass keine Ebene der Biodiversität übersehen wird“, erklärt Dajka.
    Die Autorinnen und Autoren stellten außerdem fest, dass sekundäre Klassen wie etwa die Ökosystemstruktur oder Ökosystemfunktionen sowohl im Abkommen von Kunming-Montreal als auch in anderen globalen Biodiversitätsrahmenwerken an Bedeutung gewonnen haben. Aus Sicht des Teams ist jedoch etwa die geschützte Fläche als Indikator für ein funktionierendes Ökosystem nur bedingt geeignet. „Wenn etwa eine große Fläche eines Korallenriffs unter Schutz steht, ist das zwar eine gute Sache. Lebt jedoch nur eine Korallenart darin, ist das Ökosystem dennoch sehr empfindlich“, erläutert Dajka. Die Forschenden plädieren dafür, dass diese Kenngrößen gegenüber den grundlegenden Indikatoren – etwa der Artenzahl oder der genetischen Vielfalt innerhalb einer Art – nicht zu viel Gewicht erhalten sollten. Diese seien nach wie vor entscheidend, um echte Fortschritte verfolgen und Schutzmaßnahmen einleiten zu können und bilden die Basis der Ökosysteme ab.

    Die Forschenden sehen ihre Studie auch als Argumentationshilfe für die politischen Institutionen, die das Abkommen auf nationaler Ebene umsetzen. Die Skepsis gegenüber den Zielen des Abkommens, die aus verschiedenen Richtungen geäußert werde, sei teilweise unberechtigt, sagt Dajka: „Die Ziele sind gut. Unsere Empfehlung an die Regierungen lautet, den Fokus nun darauf zu richten, die Vorgaben national in geeignete Indikatoren zu übertragen und wissenschaftlich fundierte Maßnahmen umzusetzen.“


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Dr. Jan-Claas Dajka, Helmholtz-Institut für Funktionelle Marine Biodiversität an der Universität Oldenburg, Tel.: 0471/4831-2563, E-Mail: jan-claas.dajka@hifmb.de


    Originalpublikation:

    Jan-Claas Dajka, Anne Eilrich et al: „From Science to Policy: Evolving Marine Biodiversity Targets”, Frontiers in Ecology and the Environment


    Weitere Informationen:

    https://esajournals.onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/fee.70000
    https://hifmb.de/research/conservation-and-management/


    Bilder

    Um die biologische Vielfalt in den Meeren schützen zu können, ist es wichtig, etwa die Artenzahl oder die genetische Vielfalt in einem Ökosystem zu beobachten und zu überwachen – beispielsweise in Korallenriffen.
    Um die biologische Vielfalt in den Meeren schützen zu können, ist es wichtig, etwa die Artenzahl ode ...

    Copyright: Foto: Jan-Claas Dajka


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Lehrer/Schüler, Studierende, Wissenschaftler, jedermann
    Biologie, Meer / Klima, Politik, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Um die biologische Vielfalt in den Meeren schützen zu können, ist es wichtig, etwa die Artenzahl oder die genetische Vielfalt in einem Ökosystem zu beobachten und zu überwachen – beispielsweise in Korallenriffen.


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