In den nächsten Tagen klettern die Temperaturen in weiten Teilen Deutschlands auf über 30 Grad. Das setzt vielen zu – besonders Menschen mit chronischen Erkrankungen wie Diabetes mellitus. Expertinnen und Experten des Deutschen Diabetes-Zentrums (DDZ) machen darauf aufmerksam, dass Menschen mit Diabetes durch Hitze, aber auch durch Umweltbelastungen wie Feinstaub, ein erhöhtes Risiko für gesundheitliche Komplikationen haben und sich schützen sollten.
Hohe Temperaturen sind für Menschen mit Diabetes besonders belastend – aus physiologischen Gründen. „Die körpereigene Temperaturregulation ist bei Menschen mit Diabetes oft beeinträchtigt. Der Körper reagiert bei Hitze normalerweise mit verstärkter Hautdurchblutung und Schweißproduktion. Doch genau diese Mechanismen sind bei Menschen mit Diabetes häufig gestört – insbesondere, wenn bereits Nervenschädigungen (Neuropathien) oder eine eingeschränkte Nierenfunktion vorliegen“, erklärt Dr. Jacqueline Ratter-Rieck, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Klinische Diabetologie am DDZ. Hinzu kommt, dass Menschen mit Diabetes oft durch kardiovaskuläre Begleiterkrankungen vorbelastet sind.
Die Folge: Das Risiko für Überhitzung, Kreislaufversagen oder sogar lebensbedrohliche Hitzeschläge steigt. „Daten zeigen, dass während Hitzewellen die Krankenhauseinweisungen um bis zu 25 Prozent steigen. Besonders achtsam sollten deshalb Menschen mit Diabetes sein, die älter sind, Übergewicht oder einen hohen HbA1c-Wert (Langzeitblutglukose) haben und mit Insulin behandelt werden“, sagt Dr. Thaddäus Tönnies, Leiter der Nachwuchsforschergruppe Diabetes und Umwelt am DDZ. Auch Begleiterkrankungen wie Bluthochdruck, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder chronische Nierenerkrankungen erschweren die Anpassung an hohe Temperaturen.
Insulin muss kühl gelagert werden, sonst nimmt die Wirkung ab
Hitze beeinflusst nicht nur den Kreislauf, sondern auch die Wirkung von Medikamenten. Diuretika (Entwässerungsmittel), Betablocker oder bestimmte Antidepressiva, die viele Menschen mit Diabetes zusätzlich einnehmen, können die Hitzetoleranz weiter herabsetzen und das Risiko für Dehydrierung (Austrocknung) oder Herzinfarkt erhöhen. „Hohe Temperaturen und Wasserverlust senken die Insulinwirkung und verschlechtern so die Blutglukosewerte bei Diabetes, sodass die Diabetestherapie individuell angepasst werden sollte. Ob und wie Medikamente bei starker Hitze angepasst werden sollten, muss mit der behandelnden Ärztin oder dem behandelnden Arzt besprochen werden“, erklärt Prof. Michael Roden, wissenschaftlicher Geschäftsführer und Sprecher des Vorstands des DDZ sowie Direktor der Klinik für Endokrinologie und Diabetologie am Universitätsklinikum Düsseldorf.
„Hinzu kommt, dass Hitze die Aufnahme von Insulin im Körper beschleunigen kann – was zu gefährlichen Unterzuckerungen (Hypoglykämien) führen kann. Gleichzeitig beeinflusst Dehydrierung die Insulinsignalwege und kann zu einer schlechteren Kontrolle der Blutglukose führen“, erklärt Ratter-Rieck.
Mehr als nur Hitze: Klimafolgen auch durch Feinstaub
Neben Hitze macht auch Feinstaubbelastung dem Stoffwechsel zu schaffen. In vielen Studien weltweit wurde gezeigt, dass chronische Luftverschmutzung das Risiko für Typ-2-Diabetes erhöhen kann. Auch die Häufigkeit diabetischer Nervenschäden (Polyneuropathie) nimmt unter Feinstaubexposition zu. Besonders bei Hitze kann die Feinstaubbelastung höher sein. Höhere Ozonwerte, wenig Wind durch sommerliche Hochwetterlagen oder Waldbrände in sehr trockenen Sommern tragen dazu bei.
Prävention ist wichtig: Verhaltenstipps für heiße Tage und Reisen
Um sich bestmöglich zu schützen, können Menschen mit Diabetes folgenden Maßnahmen bei hohen Temperaturen berücksichtigen:
• Tagesrhythmus anpassen und vor Sonne schützen: Aktivitäten auf den frühen Morgen oder späten Abend verlegen. Besonders beim Schwimmen besteht ein hohes Risiko, Unterzuckerung nicht zu bemerken, da Adrenalin ausgeschüttet wird. Das kann typische Unterzuckerungssymptome wie Zittern, Herzklopfen oder Unruhe maskieren. Viele empfinden das Wasser zudem als angenehm kühl, Schweißausbrüche werden so nicht wahrgenommen.
• Ausreichend trinken: Auch ohne Durstgefühl sollte regelmäßig getrunken werden (gilt nicht pauschal bei chronischen Nierenerkrankungen).
• Nicht barfuß laufen: Wurden Nervenschädigungen im Bereich der Füße festgestellt („periphere Polyneuropathie“), besteht die Gefahr von Verletzungen bis hin zu Verbrennungen.
• Blutglukose häufiger messen: Hitze verändert den Stoffwechsel. Vor allem bei körperlicher Aktivität kann es sowohl zu Blutglukoseanstiegen als auch zu Unterzuckerung kommen.
• Insulin bei zwei bis acht Grad kühlen: Medikamente sollten nie in der Sonne aufbewahrt werden. Für Insulin-Pens gibt es spezielle Kühltaschen. Pen und Kühltasche können mit einer ärztlichen Bescheinigung auch im Handgepäck auf Flugreisen mitgenommen werden. Weitere wichtige Informationen zu Reisen mit Diabetes gibt es auf dem Diabetesinformationsportal diabinfo.
• Klimaresilienz stärken: Eine gesunde und ausgewogene Ernährung in Anlehnung an die planetare Gesundheitsdiät, ausreichend Bewegung und ein gut eingestellter Diabetes können dem Körper helfen, mit Hitzestress besser umzugehen.
Prof. Michael Roden
Wissenschaftlicher Geschäftsführer und Sprecher des Vorstands des DDZ sowie Direktor der Klinik für Endokrinologie und Diabetologie am Universitätsklinikum Düsseldorf.
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
überregional
Buntes aus der Wissenschaft, Forschungs- / Wissenstransfer
Deutsch
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