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15.08.2025 20:00

Daten aus 70 Jahren zeigen: Anpassungsmaßnahmen können Hochwasserschäden reduzieren

Juliane Otto Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung

    Menschen passen sich an Überschwemmungen durch private Vorsorgemaßnahmen, Frühwarnsysteme, Notfallpläne und andere Lösungen an. Eine neue Attributionsstudie des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) zeigt, dass solche Anpassungsmaßnahmen – abgesehen von baulichen Hochwasserschutzmaßnahmen – die wirtschaftlichen Schäden durch Überschwemmungen seit 1950 um 63 Prozent und die Zahl der Todesopfer um 52 Prozent verringert haben. Die Studie analysiert sieben Jahrzehnte historischer Hochwasserauswirkungen in Europa und zeigt, wie Anpassung die Folgen im Laufe der Zeit reduziert hat.

    Hochwasserschäden entstehen aus dem Zusammenspiel von Gefahren wie Starkregen oder Sturmfluten, Exposition – also wie viele Menschen und Sachwerte sich in gefährdeten Gebieten befinden – und Verwundbarkeit, also wie stark Menschen und Sachwerte bei Überschwemmungen geschädigt werden. „Hochwasserschutz und andere Anpassungsmaßnahmen haben seit 1950 den wachsenden Hochwasserrisiken durch die Ausweitung in Überschwemmungsgebiete und den Klimawandel auf dem gesamten Kontinent weitgehend entgegengewirkt“, erklärt Dominik Paprotny, PIK-Forscher und Hauptautor der in Science Advances veröffentlichten Attributionsstudie. „Die Verwundbarkeit wurde deutlich verringert, doch in den vergangenen 20 Jahren ist der Fortschritt bei der Anpassung langsamer geworden – ein Hinweis darauf, dass zusätzliche Anstrengungen nötig sind, um künftig eine Zunahme der Hochwasserschäden durch den Klimawandel zu verhindern.“

    Laut der Studie sind die wirtschaftlichen Schäden in Europa durch Überschwemmungen sowie die Zahl der betroffenen Menschen seit 1950 infolge des Klimawandels um rund acht Prozent gestiegen. Das Forschungsteam untersuchte 1.729 Überschwemmungen, die sich zwischen 1950 und 2020 in Europa ereigneten, und verglich sie in Szenarien mit und ohne klimatische und sozioökonomische Veränderungen seit 1950.

    Anhand der historischen Schadensdaten dieser Ereignisse konnten die Forschenden Veränderungen im Schutzniveau durch Maßnahmen wie Deiche, Dämme, Frühwarnsysteme und geänderte Bauvorschriften auf europäischer Ebene im Laufe der Zeit ableiten. Die Zunahme an Hochwasserschäden geht laut Studie vor allem darauf zurück, dass sich Menschen seit 1950 der Gefahr zunehmend aussetzen, indem sie in gefährdete Gebiete ziehen. Verbesserte Schutzmaßnahmen und eine geringere Verwundbarkeit haben diesen Trend jedoch teilweise ausgeglichen.

    +++ Hochwasserschäden im Verhältnis zum BIP um ein Drittel gesunken +++

    Die Studie identifiziert die Faktoren hinter den langfristigen Trends bei Hochwasserschäden in Europa und zeigt deutliche regionale Unterschiede: Die Schutzmaßnahmen gegen Überschwemmungen haben sich in Westeuropa und Südeuropa stärker verbessert als in den östlichen und nördlichen Teilen des Kontinents. Außerdem zeigt die Studie, dass die Verwundbarkeit europaweit abgenommen hat – mit wenigen Ausnahmen, insbesondere für die betroffene Bevölkerung in Teilen Osteuropas.

    Die absoluten wirtschaftlichen Schäden haben sich fast verdoppelt, von 37 Milliarden Euro zwischen 1950 und 1960 auf 71 Milliarden Euro im vergangenen Jahrzehnt. Bezogen auf das Bruttoinlandsprodukt (BIP) des untersuchten Gebiets ist die wirtschaftliche Belastung jedoch prozentual deutlich gesunken und beträgt heute nur noch etwa ein Drittel des Werts in den 1950er-Jahren. Das liegt daran, dass die Wirtschaft seit den 1950er-Jahren stärker gewachsen ist als die Schäden.

    +++ Anpassung hat ihre Grenzen +++

    „Wir können Schäden durch Anpassung verringern, aber Anpassung hat ihre Grenzen“, sagt Katja Frieler, Leiterin des Klimafolgen-Modellvergleichsprojekt ISIMIP am PIK und Mitautorin der Studie. „Mit zunehmender Erwärmung nähern wir uns diesen Grenzen.“ In den letzten vier Jahren kam es zu mehreren besonders schweren Überschwemmungen, wie beispielsweise der Ahrtal-Flut in Deutschland im Jahr 2021.

    „Entscheidend ist, den Fortschritt bei der Anpassung und die Folgen des Klimawandels kontinuierlich zu beobachten. Nur wenn die globalen Treibhausgasemissionen rasch gesenkt werden, lassen sich die Folgen des Klimawandels in beherrschbaren Grenzen halten“, so Frieler abschließend.

    Artikel: Dominik Paprotny, Aloïs Tilloy, Simon Treu, Anna Buch, Michalis I. Vousdoukas, Luc Feyen, Heidi Kreibich, Bruno Merz, Katja Frieler, Matthias Mengel (2025): Attribution of European flood impacts since 1950. Science Advances. [DOI: 10.1126/sciadv.adt7068]

    Weblink zum Artikel, sobald dieser veröffentlicht ist: http://www.science.org/doi/10.1126/sciadv.adt7068


    Originalpublikation:

    Dominik Paprotny, Aloïs Tilloy, Simon Treu, Anna Buch, Michalis I. Vousdoukas, Luc Feyen, Heidi Kreibich, Bruno Merz, Katja Frieler, Matthias Mengel (2025): Attribution of European flood impacts since 1950. Science Advances. [DOI: 10.1126/sciadv.adt7068]


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Lehrer/Schüler, Studierende, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler, jedermann
    Meer / Klima, Umwelt / Ökologie, Wirtschaft
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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