idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
14.08.2025 15:42

Summer-School an der HSBI: Lüfter, Mixer, Regenschirm – 14 Studierende entwickeln nachhaltige Alltagsprodukte

Dr. Lars Kruse Ressort Hochschulkommunikation
Hochschule Bielefeld

    Wie lassen sich Dinge des täglichen Gebrauchs so gestalten, dass sie den Anforderungen einer Kreislaufwirtschaft gerecht werden? Wie lassen sich Geschäftsmodelle für Produkte mit zirkulären Lösungsansätzen entwickeln? Mit solchen Fragen beschäftigten sich 14 Studierende der Hochschule Bielefeld, der TH OWL und der Uni Bielefeld bei der ersten Summer-School, die unter dem Titel „Alles auf Anfang?“ jüngst an der HSBI stattfand. Entstanden sind ebenso kreative wie raffinierte nachhaltige Produktkonzepte.

    Bielefeld (hsbi). „Wir versuchen, das Ganze geschlossen und eben nicht linear zu halten. Das heißt, erstmal müssen wir das Ding neu gestalten“, sagt Fabian Umhang. Bei dem „Ding“ handelt es sich um einen Standlüfter, eher ein Billigprodukt, im Internet schon ab 13 Euro zu haben. Umhang studiert Regenerative Energien im Bachelor an der Hochschule Bielefeld (HSBI), Nachhaltigkeit ist ihm wichtig. Deswegen nahm er in den Semesterferien gern an der Summer-School zum Thema Kreislaufwirtschaft teil. Die einwöchige Workshopreihe fand in diesem Jahr erstmals an der HSBI statt. 14 Studierende machten mit, darunter auch welche von der TH OWL und der Universität Bielefeld.

    Fabian Umhang hat sich gemeinsam mit vier weiteren Studierende intensiv mit dem Lüfter beschäftigt. Die Gruppe hat ihn zerlegt, gereinigt, sein Material und seine Verbindungen untersucht, den Motor gecheckt, die Ventilatoren unter die Lupe genommen. Ergebnis: Das Gerät ist anfällig für Defekte. Es gibt keine einheitliche Verschraubung, im Innern zeigt sich „Kabelsalat“. Außenhülle, Motorhülse und Rotoren bestehen aus verschiedenen Kunststoffen. Also, ab auf die Deponie, wenn das Gerät nicht mehr funktioniert? Mitnichten. Die Gruppe zeigte sich überzeugt: Würde man bei einer Neugestaltung des Lüfters von Anbeginn gewisse Prinzipien beachten, ließe sich sein Lebenszyklus erheblich verlängern.

    Anstatt wegzuschmeißen, reparieren Kunden selbst oder sie lassen reparieren

    Die Prinzipien heißen in dem Fall „repair, reduce und recycle“, erläutert Ronja-Sophie Jedlicka, eine von Umlaufs Kolleginnen in der Arbeitsgruppe: „Man spricht von R-Prinzipien. Repair ist eindeutig – das Produkt lässt sich reparieren. Recycle heißt, dass man die verwendeten Materialien dem Kreislauf wieder hinzufügen kann und sie halt nicht „entsorgen“ muss. Reduce erschließt sich aus der Reparierbarkeit – unsere Kunden sollen die Möglichkeit haben, das Produkt im Falle eines Defektes selbst zu reparieren bzw. reparieren zu lassen, anstatt es wegzuschmeißen und ein neues zu kaufen. Das reduziert langfristig den Einsatz neuer Kunststoffe.“

    Damit der Kunde einen Schaden an dem Gerät selber beheben kann, bedarf es nur weniger Veränderungen. Dazu zählt die Verwendung von Torx-Schrauben, die nicht so schnell abnutzen, ebenso wie der Einbau besserer Kabel und moderner Klemmen. „Wir denken dabei vor allem an Green Range WAGO-Klemmen“, sagt Nils Jasper, ebenfalls Mitglied in der Lüfter-Gruppe. „Und wir haben uns überlegt, den Rotor aus Aluminium statt aus Plastikfertigen zu lassen.“ Das sei zwar teurer, aber im Endeffekt eindeutig langlebiger.

    „Wir empfehlen außerdem die Verwendung eines standardisierten Motors, was den Austausch von defekten Einzelteilen am Antrieb ermöglichen würde“, ergänzt Abdessalam Iziki, ebenfalls in der AG Lüfter am Start. Das Vorhalten von Ersatzteilen und ein eigener Reparaturservice sollen das Geschäftsmodell abrunden. „Wir wollen einen Reparaturservice für jene anbieten, die nicht selbst reparieren möchten oder können. Außerdem versprechen wir, dass das Produkt recyclebar ist, was für Kunden, die auf Nachhaltigkeit setzen, sehr wichtig ist, so dass sie es mit gutem Gewissen kaufen können“, sagt Farah Ajak, die Fünfte im Bunde.

    Auch mal „um die Ecke denken“ –Schüler:innenlabor experiMINT wird zum Makerspace

    Die Entwicklung und Präsentation der Ergebnisse der verschiedenen Arbeitsgruppen der Summer-School zur Kreislaufwirtschaft fanden im experiMINT statt, eine Art Makerspace im HSBI-Hauptgebäude, in dem im Alltag Schüler:innen an technische Themen herangeführt werden. Prof. Dr. Eva Schwenzfeier-Hellkamp, Leiterin des Instituts für Technische Energie-Systeme an der HSBI, hatte die „School“ initiiert, Elise Diestelhorst und Leon Diel aus ihrem Team die Organisation übernommen. „Besonders im Bereich der Zirkularität sollte man kreativ sein und um die ein oder andere Ecke denken“, sagt der 25-Jährige. Ziel des fünftägigen Blockseminars sei es vor allem, die Studierenden für das Thema „Zirkuläre Wertschöpfung“ zu sensibilisieren. „Ganz gleich, ob unsere Teilnehmer:innen aus der Betriebswirtschaftslehre, der Psychologie, der Lebensmitteltechnologie oder aus dem Ingenieurwesen kommen – wir wollen mit der Summer-School erreichen, dass die Studierenden sowohl für ihre jeweilige Disziplin als auch für ihre berufliche Zukunft möglichst viel mitnehmen“, sagt Diel.

    ZF, Miele, POS Tuning: Austausch mit Unternehmen aus der Region

    Der Stundenplan der Summer-School war entsprechend dicht getaktet. Neben theoretischen Aspekten – dazu zählte die Vermittlung eines Designkonzeptes, das auf den R-Prinzipien basiert – gab es Input von außen: Bereits am zweiten Tag machten sich die Studierenden auf zum Bielefelder Standort des Automobilzulieferers ZF Friedrichshafen AG. Werkleiter Jörg Witthöft zeigte seinen Gästen jenen Betrieb, in dem seit 1963 Antriebsstrang-Module für Nutzfahrzeuge wiederaufbereitet werden. Im vergangenen Jahr wurde der Konzern dafür erneut mit dem Deutschen Nachhaltigkeitspreis ausgezeichnet als gelungenes Beispiel für eine „nachhaltige Kreislaufwirtschaft.“ Tags darauf hatte die Summer-School eine Laboringenieurin des Rubber & Plastics Labors von Miele zu Gast. Und am vorletzten „Schultag“ erörterten die Studierenden mit dem Nachhaltigkeitsmanager des Bad Salzuflener Unternehmens POS Tuning GmbH das Thema Circular Economy.

    Die neu gewonnen Erkenntnisse flossen ein in die Ergebnisse der Studierenden. Das Standlüfter-Team erfuhr so, dass die Verwendung von Rezyklaten sehr wohl nachhaltig ist. Ihre Verwendung in dem Gehäuse eines Lüfters kann zwar den Nebeneffekt haben, dass es zu „müffeln“ beginnt. Das lässt sich aber vermeiden durch die Integration eines mit einem Duftstoff gefüllten Behältnisses, der durch den Lüfter zirkuliert wird.

    Eine zweite Arbeitsgruppe „sezierte“ einen elektrischen Handmixer. Anschließend entschied sich das Team für ein ganz neues Design. Hierbei ließ es sich von dem R-Prinzip „rethink“ leiten, was zu einer raffinierten technischen Lösung führte: Die AG entwickelte einen Motorblock, der modular einsetzbar ist – als Mixer, aber auch als Lüfter oder als Sauger. „Für die jeweilige Funktion könnten wir ein entsprechendes Modul als Aufsatz anbieten“, sagt Nils Feuerborn, einer der Studierenden aus der Gruppe. Positiver Effekt einer solchen „Nutzungsintensivierung“: Der Ressourcenverbrauch würde gesenkt und der Verbraucher hätte weniger Elektro-Kleingeräte im Haushalt.

    Ein bisschen Bambus und „repurpose“ – so kann ein billiger Regenschirm nachhaltig werden

    Die dritte Arbeitsgruppe identifizierte die „Schwachstellen“ eines Regenschirms. Diese finden sich häufig bei einem zu dünnen Aufspanngestänge sowie bei dem Schirmmaterial, das oftmals aus Plastik besteht und leicht reißt. Wohin also mit dem Plastik und wie lässt sich ein Regenschirm langlebiger designen? Das Team ließ sich dabei vom R-Prinzip „repurpose“ inspirieren, was auf ein Umfunktionieren eines alten Produktes oder seiner Einzelteile hinausläuft. „Den Griff und den Stab würden wir beibehalten, weil beides stabil ist“, sagt Elias Join Lux. Für die defekten Plastikbezüge empfiehlt das Team eine Weiterverarbeitung zu Regencapes oder zu Plastiktüten – beides im Patchworkstyle. Und das dünne Schirmgestänge? Hier sollte Bambus als stabiler, nachwachsender Rohstoff zur Anwendung kommen.

    Alle Präsentationen überzeugten die Anwesenden. „Es war eine Wonne, euch zuzuhören und zuzuschauen“, sagte Prof. Dr. Eva Schwenzfeier-Hellkamp zum Abschluss der Summer-School. „Tragt das in eure Studiengänge und arbeitet weiter interdisziplinär zusammen.“


    Weitere Informationen:

    https://www.hsbi.de/presse/pressemitteilungen/summer-school-an-der-hsbi-luefter-... Pressemitteilung auf www.hsbi.de


    Bilder

    Die einwöchige Workshopreihe fand in diesem Jahr erstmals an der HSBI statt.
    Die einwöchige Workshopreihe fand in diesem Jahr erstmals an der HSBI statt.

    Copyright: P. Pollmeier/HSBI

    HBSI-Student Nils Jasper zeigte die Schwachstellen eines Standlüfters auf – und was sich an dem Gerät verbessern ließ.
    HBSI-Student Nils Jasper zeigte die Schwachstellen eines Standlüfters auf – und was sich an dem Gerä ...

    Copyright: P. Pollmeier/HSBI


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Umwelt / Ökologie
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Studium und Lehre
    Deutsch


     

    Die einwöchige Workshopreihe fand in diesem Jahr erstmals an der HSBI statt.


    Zum Download

    x

    HBSI-Student Nils Jasper zeigte die Schwachstellen eines Standlüfters auf – und was sich an dem Gerät verbessern ließ.


    Zum Download

    x

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).