Forschende der Universität Basel haben ein Quanten-Bit gleichzeitig schneller und robuster gemacht. Dies könnte in Zukunft bei der Entwicklung von Quantencomputern helfen.
Auf Quantencomputern ruhen grosse Hoffnungen: Sie sollen bestimmte Rechnungen viel schneller ausführen als heutige Supercomputer und so wissenschaftliche und praktische Probleme lösen, an denen sich normale Computer die Zähne ausbeissen. Der zentrale Baustein von Quantencomputern ist das Quanten-Bit, kurz Qubit, das auf verschiedene Weisen hergestellt werden kann, etwa mit den Energieniveaus von Atomen oder Spins von Elektronen.
Das Qubit-Dilemma
Bei der Herstellung solcher Qubits stehen Forschende allerdings vor einem Dilemma: Einerseits muss ein Qubit möglichst gut von seiner Umgebung abgeschirmt werden, da seine Quanten-Überlagerungen sonst in kurzer Zeit zerfallen und die Quantenrechnung gestört wird. Andererseits will man aber Qubits - wie beim Takten klassischer Bits - möglichst schnell antreiben, was eine starke Wechselwirkung mit der Umgebung voraussetzt.
Normalerweise sind diese beiden Bedingungen nicht gleichzeitig erfüllbar, da eine höhere Antriebsgeschwindigkeit automatisch eine kürzere Kohärenzzeit, also einen schnelleren Zerfall der Überlagerungen, nach sich zieht. Einem Team um Prof. Dr. Dominik Zumbühl von der Universität Basel ist es nun gelungen, ein Spin-Qubit so einzustellen, dass gleichzeitig seine Geschwindigkeit und auch die Kohärenzzeit deutlich gesteigert werden konnten. Diese Ergebnisse, die soeben im Fachjournal «Nature Communications» veröffentlicht wurden, könnten in Zukunft auch andere Qubits schneller und robuster machen.
Smart Gas geben
«Anfangs haben wir uns gefragt, was passiert, wenn wir bei unserem Qubit einfach mal ‚Gas geben‘ – aber nicht einfach irgendwie, sondern auf smarte Weise», sagt Dr. Miguel J. Carballido, Erstautor der Studie. Er und seine Kollegen hatten über mehrere Jahre ein winziges Gerät konstruiert, das aus einem nur zwanzig Nanometer dicken Draht aus dem Halbleitermaterial Germanium besteht und mit einer dünnen Schicht Silizium ummantelt ist. Danach entfernten sie ein einzelnes Elektron aus einem niedrigen oder höheren Energieniveau des Drahtes, wodurch ein «Loch» entsteht. «Dieses Loch benimmt sich ähnlich wie eine Luftblase», sagt Carballido.
Für ein solches System hatten theoretische Physiker um Prof. Dr. Daniel Loss an der Universität Basel vor einigen Jahren einen Mechanismus vorhergesagt, der das Unmögliche möglich machen sollte: ein schnellerer Antrieb bei gleichzeitig längerer Kohärenzzeit. «Dazu nutzen wir eine bestimmte Form der Spin-Bahn-Kopplung aus», erklärt Carballido. Bei der Spin-Bahn-Kopplung erzeugt ein elektrisch geladenes Teilchen – ein Elektron oder ein Loch -, das sich bewegt, ein Magnetfeld. Dieses Magnetfeld wiederum «koppelt» an den Spin des Teilchens, beeinflusst also seine Energie durch eine magnetische Wechselwirkung. Dieser Effekt ist für Löcher in einem Festkörper sehr stark und zudem elektrisch steuerbar.
Die Mischung macht’s
Mithilfe einer elektrischen Spannung, die sie an den Nanodraht anlegen, können die Basler Forschenden daher beeinflussen, ob das Loch hauptsächlich aus einem niedrigen oder höheren Energieniveau stammt, oder aus einer Mischung der beiden Niveaus. Diese Mischung hat einen entscheidenden Einfluss darauf, wie das «Gaspedal» für den Antrieb des Qubits reagiert: Bei einer bestimmten Mischung kommt es zu einem sogenannten Plateau, bei dem ein weiteres Drücken aufs Gaspedal den Antrieb nicht mehr beschleunigt, sondern abbremst.
Dieses Plateau hat aber auch zur Folge, dass Fluktuationen, beispielsweise von elektrischen Feldern in der Umgebung, das Qubit viel weniger beeinflussen als bei einer herkömmlichen Spin-Bahn-Kopplung. Dadurch werden die Quantenzustände weniger gestört, und die Kohärenzzeit verlängert sich. «So konnten wir die Kohärenzzeit unseres Qubits um das Vierfache verlängern und den Antrieb gleichzeitig dreimal schneller machen», sagt Carballido.
Zudem betont er noch eine weitere Besonderheit: Anstelle der extrem niedrigen Temperaturen von weniger als 100 Milli-Kelvin, die normalerweise für ein Qubit nötig sind, genügen ihm recht warme 1,5 Kelvin. «Das ist weniger energieaufwendig und kommt ohne das rare Helium-3 aus», sagt er.
Bislang funktioniert der Plateau-Trick nur in den Basler Nano-Drähten, in denen sich Löcher lediglich in einer Raumdimension bewegen können. Zumbühl und seine Mitarbeitenden hoffen jedoch, dass sich die Methode bald auch auf zweidimensionale Halbleiter und auch auf andere Arten von Qubits anwenden lässt. Das könnte dann ein wichtiger Beitrag auf dem Weg zu leistungsfähigeren Quantencomputern sein.
Diese Forschungsarbeit ist das Ergebnis einer Zusammenarbeit zwischen der Universität Basel, dem NCCR SPIN, der Universität Oxford und der TU Eindhoven.
Prof. Dr. Dominik Zumbühl, Universität Basel, Departement Physik, Tel. +41 61 207 36 93, E-Mail: dominik.zumbuhl@unibas.ch
Miguel J. Carballido et al.
Compromise-Free Scaling of Qubit Speed and Coherence
Nature Communications (2025), doi: 10.1038/s41467-025-62614-z
https://doi.org/10.1038/s41467-025-62614-z
Mithilfe elektrischer Felder treiben die Basler Forschenden Qubits aus Löchern in einem Nano-Draht a ...
Quelle: Miguel J. Carballido
Copyright: CC BY-NC-ND 4.0
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler, jedermann
Physik / Astronomie
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
Mithilfe elektrischer Felder treiben die Basler Forschenden Qubits aus Löchern in einem Nano-Draht a ...
Quelle: Miguel J. Carballido
Copyright: CC BY-NC-ND 4.0
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